Rechtssystem Europa

Leitfaden zu Menschenrechten für Internetnutzer feiert 1. Geburtstag

Vor knapp einem Jahr, am 16. April 2014, haben die 47 Mitgliedsstaaten des Europarates gemeinsam den „Leitfaden zu Menschenrechten für Internetnutzer“ verabschiedet. Darin sollte den Bürgern in sehr einfacher Form veranschaulicht werden, welche Rechte sie im Internet aus Sicht der Menschenrechte haben. Es ging also nicht darum, für die Bürger neue Rechte zu schaffen, vielmehr soll der Leitfaden eine Art Auslegungshandbuch für die Anwendung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bereits verbindlich festgelegten Normen auf dem Gebiet des Mediums Internet und seiner Nutzung sein.

Im Vergleich zur EMRK, die im November ihr 65-jähriges Bestehen feiert, befindet sich der Leitfaden noch in den Kinderschuhen. Von daher mag es nicht verwundern, dass man bisher wohl vergeblich nach Spuren sucht, die der Leitfaden in der digitalen Welt bereits hinterlassen haben könnte. Trotzdem muss man schon jetzt befürchten, dass diese eigentlich gute Idee des Europarates nie eine echte Chance bekommen wird sich zu bewähren. Dabei sind insbesondere drei wesentliche Faktoren zu bemängeln, die schon jetzt eine ernsthafte Anwendung des Leitfadens erschweren:

1. Der Leitfaden ist weitestgehend unbekannt

Nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch gegebenenfalls einfordern. Erschreckender Weise gibt es aber kaum Internetnutzer, die überhaupt von der Existenz des Leitfadens wissen und nur ein verschwindend geringer Bruchteil kennt wenigstens Teile des Inhalts. In der Praxis bedeutet dies, dass mögliche Verletzungen der im Leitfaden benannten Rechte schon allein deshalb nicht verfolgt werden, weil der einzelne Betroffene gar nicht ausreichend über seine Rechte und den im Leitfaden verankerten Rechtsbehelfen gegen die jeweilige Verletzung informiert ist.

2. Mitgliedsstaaten des Europarates missachten den Leitfaden

Es ist auch wenig hilfreich, wenn die Mitgliedsstaaten des Europarates den von ihnen erlassenen Leitfaden und die darin enthaltenen Ansprüche der Internetnutzer sprichwörtlich mit Füßen treten. So ließ die türkische Regierung (die Türkei ist seit 1949 Mitglied des Europarates) im Januar dieses Jahres verschiedene Internetseiten sperren, was ein offensichtlicher Verstoß gegen den im Leitfaden festgehaltenen Grundsatz der Meinungs- und Informationsfreiheit darstellt. Auch in Russland werden die Rechte der Bürger aus dem Leitfaden in rechtswidriger Weise beschnitten, wenn die dortige Regierung den Zugang zu den Internetseiten bekannter Regimekritiker einfach sperren lässt. Trotzdem hatten derartige Handlungen für die jeweiligen Staaten in der Vergangenheit keine negativen Konsequenzen oder gar Sanktionen zur Folge.

3. Mangelnder Anwendungswille innerhalb der Rechtsprechung

In letzter Konsequenz wird der Leitfaden aber auch nur unzureichend in der europäischen Rechtsprechung angewandt. Nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Leitfadens hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 13. Mai 2014 die Möglichkeit, ein deutliches Zeichen für die Rechte der Internetnutzer zu setzen und entschied sich dagegen. In seiner Entscheidung gegen den Suchmaschinenanbieter „Google“ stellte der Gerichtshof fest, dass das Persönlichkeitsrecht eines Menschen gegenüber dem Recht der Internetnutzer auf Meinungs- und Informationsfreiheit überwiege. Das „Recht auf Vergessen“ im Internet war geboren.

Damit die Idee von der Anwendung der Menschenrechte auch für Internetnutzer langfristig ein Erfolg werden kann, muss der Europarat zwei wesentliche Dinge zukünftig in den Griff bekommen: Die Information der Bürger über ihre Rechte muss konsequenter umgesetzt werden und die Mitgliedsstaaten müssen ihrerseits stärker zur Einhaltung der verabschiedeten Regelungen angehalten werden. Die Anpassung der Rechtsprechung wird dagegen eher eine Frage der Zeit sein. Spätestens wenn es eine Generation von Richtern am EGMR gibt, die schon mit dem Internet groß geworden ist und die digitale Welt nicht als unverständliches Teufelszeug ansieht, werden die Rechte der Internetnutzer auch dort ernst genommen werden.

Games Recht

Gravity Europe SAS muss gesperrte Accounts freigeben

Noch vor dem Zusammenschluss der Dr. Behrmann & Härtel Rechtsanwalts GmbH mit der Kanzlei Kaesler & Kollegen durften wir im Namen eines Mandanten gegen die von Gravity Europe verhängten Sperren gegen zwei Accounts des MMORPG „Ragnarök Online“ vorgehen. Nachdem außergerichtlich jegliche Freigabe vom CEO/COO Stéphane Bonazza persönlich verweigert wurde, obwohl Gravity Europe keinerlei Beweise für den gegenüber unserem Mandanten behaupteten Verstoß vorlegen konnte, musste die Angelegenheit gerichtlich geklärt werden.

Trotz einer französischen Übersetzung der Klageschrift hat man seitens Gravity Europe die Klage offensichtlich nicht ernst genommen und keinerlei Maßnahmen ergriffen sich gegen die Klage zu verteidigen, mit fatalen Folgen. Das Amtsgericht Lichtenberg hat daraufhin unserem Klageanspruch in vollem Umfang entsprochen und Gravity Europe zur Freigabe der gesperrten Accounts sowie zur Zahlung sowohl der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als auch der Kosten des Premium-Services für den Zeitraum der Sperre verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts ist Gravity Europe aufgrund des mit unserem Mandanten abgeschlossenen Vertrages zur Gewährung eines Zugangs zum Spiel verpflichtet. Zwar kann Gravity Europe von dieser Pflicht unter bestimmten Umständen befreit sein, derartige Umstände wurden aber nicht vorgetragen (das Urteil kann hier eingesehen werden). Gravity wäre insoweit auch verpflichtet gewesen, derartige Umstände gerichtsfest zu beweisen, was ihnen außergerichtlich nicht möglich gewesen ist.

Ebenso muss Gravity Europe auch die Prozesskosten des Gerichtsverfahrens tragen, inklusive der Kosten für die französische Übersetzung der Klageschrift. Es stellt sich hier allerdings die Frage, warum man eine französische Übersetzung verlangt, um sich anschließend nicht gegen die Klage zu verteidigen. Gegen das Urteil kann Gravity Europe mittlerweile auch nicht mehr vorgehen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist ist dieses bereits endgültig rechtskräftig geworden.

Am ärgerlichsten dürfte dabei für Gravity Europe sein, dass sie durch ihre Verweigerungshaltung unserem Mandanten insbesondere eine direkte Vollstreckung des Urteils gemäß der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 möglich gemacht haben. Die EG-Verordnung gilt nämlich ausschließlich für unbestrittene Forderungen. Wäre es im Gerichtsverfahren zu einer sogenannten streitigen Entscheidung gekommen, weil sich Gravity Europe gegen die Klage verteidigt hätte, hätte es für eine spätere Vollstreckung einer entsprechenden Entscheidung durch ein französisches Gericht bedurft.

Sollte Gravity daher nicht zeitnah der gerichtlichen Entscheidung nachkommen, wird man sich in Paris schon einmal auf einen Besuch vom Gerichtsvollzieher freuen können.

Schadensersatz

Rechtsmissbräuchliche Schadensersatzforderungen der Moto-Company Michael Wittig (vormals Moto-GbR) bei eBay-Auktionen

Immer wieder kommt es vor, dass einem Anbieter beim Erstellen von Auktionen auf der Online-Plattform eBay Fehler unterlaufen, z.B. weil für eine hochwertige Sache kein Mindestpreis angegeben oder aber versehentlich ein Einzelstück mehrfach zur Versteigerung angeboten wird. Wird der Fehler rechtzeitig bemerkt, kann die Auktion in der Regel ohne weitere Schwierigkeiten wieder abgebrochen werden. Anders sieht es jedoch aus, wenn bereits Gebote auf die Auktion abgegeben worden sind. Dann kommt regelmäßig ein rechtswirksamer Kaufvertrag zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden bei Auktionsende zustande. Dabei ist es unerheblich, ob das Auktionsende durch den vorgegebenen Zeitablauf oder aber durch einen Abbruch seitens des Anbieters herbeigeführt wird. Kann dann der Anbieter die versteigerte Sache nicht an den Höchstbietenden übergeben bzw. weigert er sich dies zu tun, macht er sich damit regelmäßig schadensersatzpflichtig und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem Höchstgebot und dem tatsächlichen Wert der Sache (Mit anderen Worten, je größer das Schnäppchen für den Bieter desto höher sein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Anbieter).

Diesen Umstand wollte sich die 2012 gegründete Moto-Company Michael Wittig (vormals Moto-GbR) zu Nutze machen und bot regelmäßig auf diesbezüglich aussichtsreiche Auktionen. Bis Mitte 2014 wurden aus diesem Grund bereits ca. 50 Gerichtsprozesse wegen vermeintlicher Schadensersatzansprüche begonnen. Dieser Geschäftspraxis hat aber mittlerweile eine Vielzahl von Gerichten einen Riegel vorgeschoben. Nach Ansicht der Gerichte verstößt ein Bieter, der ganz gezielt nach fehlerhaften Angeboten sucht, weil es ihm nicht auf die angebotene Sache, sondern einzig auf einen möglichen Schadensersatzanspruch ankommt, mit diesem Verhalten gegen den zivilrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB. Wird dann der Schadensersatzanspruch später wie von vornherein beabsichtigt geltend gemacht, handelt derjenige rechtsmissbräuchlich. Der Anspruch ist daher wegen einer unzulässigen Rechtsausübung zurückzuweisen. So hat es zuletzt auch das Amtsgericht Charlottenburg in einer von uns vertretenen Angelegenheit (das Urteil kann hier nachgelesen werden) entschieden.

Diese Rechtsprechung entbindet einen Anbieter bei eBay oder ähnlichen Auktionsplattformen aber nicht von seiner Pflicht bei der Erstellung der Auktion mit höchster Sorgfalt vorzugehen. Es schiebt lediglich der Geschäftspraxis Einzelner, gezielt Schadensersatzansprüche zur eigenen Bereicherung zu generieren, zumindest einen kleinen Riegel vor, vorausgesetzt dem Bieter kann ein solches Verhalten vom Anbieter auch nachgewiesen werden. Trotzdem gibt es erneut Berichte von derartigen Geschäftspraktiken, u.a. durch einen gewissen Herrn Martin Schemmel, der wiederum interessanterweise vom selben Rechtsanwalt vertreten wird, wie die Moto-Company Michael Wittig (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt).

Sollten auch Sie Opfer solcher rechtsmissbräuchlicher Geschäftspraktiken geworden sein, helfen wir Ihnen gerne bei der Abwehr solcher unberechtigter Schadensersatzforderungen. Wenden Sie sich einfach für eine individuelle Beratung in Ihrer Sache an uns.

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Niederlage für Abmahnanwälte Jahn & Rug

In einer Vielzahl von Fällen hat die Rechtsanwaltskanzlei Jahn & Rug die Inhaber bzw. einmal den Admin-C, wegen der Speicherung der IP-Adresse ohne das Einverständnis ihres Mandanten abgemahnt. Dabei wurden regelmäßig Streitwerte zwischen 10.000 und 20.000 Euro von den Abmahnanwälten behauptet. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hat nun in einem Urteil die vermeintlichen Unterlassungsansprüche wegen der bloßen Speicherung der IP-Adressen genauer unter die Lupe genommen und als unbegründet abgewiesen (hier  können Sie das Urteil nachlesen). Es beruft sich dabei insbesondere auf die Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 31. Januar 2013 (Az.: 57 S 87/08), wonach die IP-Adresse für sich betrachtet gerade kein personenbezogenes Datum im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist, deren Speicherung einen Unterlassungsanspruch des Betroffenen begründen könnte.

Das Gericht deutet aber an, dass bei der Erhebung weiterer Daten auf der Internetseite, z.B. im Rahmen einer Registrierung oder bei Verwendung von Software für die Datenverkehrsanalyse (z.B. Google Analytics) die Sache durchaus anders gesehen werden kann.

Enttäuschender Weise ließ das Gericht den Umstand der Rechtsmissbräuchlichkeit in seiner Entscheidung gänzlich unbeachtet. Tatsächlich wurde jedoch eine Vielzahl von Internetseiten abgemahnt, die vom angeblichen Verletzten, einer Privatperson, binnen weniger Minuten wahllos aufgerufen worden sind. Einzelne dieser Seiten richten sich dabei nicht einmal an Privatpersonen bzw. lediglich an Privatperson im direkten Einzugsgebiet (600 km entfernt vom Wohnort des angeblich Verletzten). Eine solche Entscheidung hilft den Betroffenen zwar im aktuellen Fall, sie bietet der Abmahnindustrie aber keinen Einhalt, sondern ermutigt diese möglicherweise dazu ihre Vorgehensweise, an die Entscheidung angepasst, gezielt fortzusetzen. Daher sollten Betreiber von Internetseiten im Zweifelsfall sich vorher bzgl. der Rechtssicherheit ihrer Internetseiten kompetent beraten lassen.

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Pflicht zur Unterbindung von Proxy-Servern und VPNs

© mindscanner - Fotolia.comDas LG Hamburg hat in einem Ordnungsmittelverfahren seine Unkenntnisse bzgl. des heutigen Stands der Technik im Internet erneut offengelegt.

Nachdem das LG Hamburg einem Unternehmen das Anbieten seiner Software in Deutschland im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt hatte, richtete dieses eine Sperre für IP-Adressen aus Deutschland ein und nahm keine Zahlungen mehr an, die aus Deutschland erfolgten. Auf diese Weise wollte es sicherstellen, dass es insoweit zwar dem gerichtlichen Verbot für Deutschland entsprach, das Angebot aber außerhalb Deutschlands weiterhin legal betrieben werden konnte. In dem oben erwähnten Ordnungsmittelverfahren stellte das Gericht nun fest, dass die getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend für eine Einhaltung des Verbots wären, weil insbesondere durch die Nutzung ausländischer Proxy-Server oder VPNs die eingerichtete Sperre zweifelsohne umgangen werden könnte.

Ohne überhaupt auf die möglichen Unterschiede zwischen transparenten und versteckten Proxy- bzw. VPN-Verbindungen einzugehen, geht das Gericht in seiner Entscheidung davon aus, dass es heutzutage ohne weiteres möglich sein soll, ausländische Proxy-Server und VPNs zu ermitteln und diese ebenso wie die deutschen IP-Adressen zu sperren. Wenn das die Chinesen wüssten…die würden sich für die Technologie sicher interessieren.

Darüber hinaus würden nach Ansicht des Gerichts Proxy-Server und VPNs, wie sie heutzutage von jeder deutschen Universität bzw. großen Unternehmen mit einem eigenen internen Netzwerk genutzt werden, nur der Umgehung von IP-Sperren dienen. Quasi ein Generalverdacht gegen jeden angehenden Akademiker.

Abschließend nimmt das Gericht auch noch Bezug auf die Kunden des Unternehmens. Diese verfügten als Online-Spieler über überdurchschnittliche Kenntnisse im Bereich der Internetnutzung, so dass es ihnen unproblematisch möglich wäre die genannten technischen Umgehung für sich zu nutzen. Weswegen die Kunden dann aber mit diesem Wissen nicht verstärkt die Proxy-Server und VPNs nutzen sollten, die gerade nicht zu ermitteln sind, bleibt ein Geheimnis des Gerichts. Man fragt sich an dieser Stelle auch, warum das Gericht nicht einen dieser Experten als Sachverständigen zu der Sache gehört hat, wo es dem Gericht doch in der Sache anscheinend am technischen Sachverstand gemangelt hat.

Gegen die Entscheidung wurden bereits Rechtsmittel eingelegt. Es bleibt nur zu hoffen, dass die nächsten Instanz zumindest soviel Sachverstand aufbringt, wie es seinerzeit das VG Düsseldorf schon hatte, als es eine solche Umgehung als in der Praxis hinnehmbar eingestuft hat (VG Düsseldorf, Beschl. v. 22. Juli 2010, Az.: 27 L 1469/09).

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Abmahnung wegen Grauimporten

© Axel Bueckert - Fotolia.comDie SCHULTERIESENKAMPFF Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mahnt derzeit im Namen der Ubisoft GmbH sowie der Namco Bandai Games Germany GmbH Online-Händler wegen Grauimporten von Computerspielen ab. Grauimporte, auch Parallelimporte genannt, sind Importe von Waren aus dem Ausland durch Händler, die dafür nicht ausdrücklich vom Hersteller autorisiert worden sind. Grund für die Abmahnungen ist eine fehlende Alterskennzeichnung der freiwilligen Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware (USK) auf den Verpackungen der jeweiligen Spiele.

Grundsätzlich besteht seit dem 1. April 2010 in Deutschland für Computer- und auch Konsolenspiele eine gewisse Kennzeichnungspflicht bzgl. der Altersfreigabe des jeweiligen Spiels. Nicht gekennzeichneter Spiele werden gemäß § 12 Abs. 3 JuSchG wie Spiele mit der Kennzeichnung „Keine Jugendfreigabe“ (nur an Personen über 18 Jahren) behandelt, für die es sehr strenge Einschränkungen gibt, u.a. dürfen diese nicht im Online-Handel vertrieben werden (Ausnahme: der Online-Händler nutzt technische oder sonstige Vorkehrungen, die sicherstellen, dass kein Versand an Kinder oder Jugendliche erfolgt).

Darüber hinaus ist das deutsche Recht an dieser Stelle auch besonders streng und lässt andere als die deutsche Alterskennzeichnung der USK (z.B. PEGI für Europa oder ESRB für die USA) nicht gelten. Somit sind importierte Spiele, auf denen die entsprechende Kennzeichnung der USK fehlt, als nicht gekennzeichnet zu betrachten und dürfen daher nicht im Online-Handel vertrieben werden. Das gilt sogar dann, wenn das Spiel für den deutschen Markt eigentlich ohne Altersbeschränkung freigegeben worden ist. Die Kennzeichnung selbst muss sowohl auf dem Datenträger als auch auf der Verpackung des Spiels aufgebracht sein.

Ungeklärt ist noch, ob die Online-Händler, wenn der Datenträger selbst mit der USK-Kennzeichnung versehen ist, die Verpackung nachträglich selber entsprechend kennzeichnen dürfen. Dieses Vorgehen ist in den Abmahnungen ebenfalls in mehreren Fällen moniert worden. Tatsächlich könnte man aber § 28 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG genau dahingehend auslegen, dass es dem Händler erlaubt ist, einen entsprechenden Hinweis auf der Verpackung anzubringen, wenn der Datenträger selbst von der USK eingestuft worden ist (der Händler darf selbstverständlich nicht eine Kennzeichnung entgegen der USK-Vorgabe auf dem Datenträger oder gar ein Kennzeichnung nach seiner persönlichen Einschätzung vornehmen, wenn der Datenträger nicht überhaupt nicht von der USK geprüft wurde). Schwierig könnte dann allenfalls noch sein, dass die Kennzeichnung permanent erfolgen muss, d.h. nicht von der Verpackung ablösbar sein darf. Dies ist aber insbesondere bei Aufklebern, die lediglich auf einer das Verpackung umhüllenden Plastikfolie angebracht , definitiv der Fall und daher in jedem Fall nicht ausreichend.

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Streaming ist legal

Fotolia_68587213_Subscription_Monthly_M-smallNachdem bereits das Bundesjustizministerium sowie vereinzelte deutsche Gerichte im Rahmen der Abmahnungen rund um das Erotik-Portal „Redtube“ das Streaming im Internet für urheberrechtlich unbedenklich hielten, hat nun auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Rechtsprechung (Urt. v. 5. Juni 2014, Az.: C-360/13) sich diesbezüglich ebenso eindeutig positioniert.

In seiner Entscheidung stellt das Gericht fest, dass der entsprechende Art. 5 der EU-Richtlinien 2001/29, welcher sich inhaltlich in der deutschen Gesetzgebung in § 44 a UrhG wiederfindet, „dahin auszulegen ist, dass die von einem Endnutzer bei der Betrachtung einer Internetseite erstellten Bildschirm- und Cachekopien… ohne die Zustimmung der Urheberrechtsinhaber erstellt werden können“.

Der EuGH führt darüber hinaus auch aus, dass die Voraussetzungen des Art. 5 zwar streng auszulegen sind, ihrem Zweck nach aber die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien ermöglichen und gewährleisten müssen. Das wiederum ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass damit auch das Streaming, welches beim Erlass der Richtlinie im Jahr 2001 noch nicht existierte, gemeint ist. Das Urteil ist insoweit ein weiterer Beleg dafür, dass der EuGH das Interesse der Nutzer am reinen „Konsum“ eines Werkes über das Interesse der Urheber bzgl. des Schutzes vor Vervielfältigungen stellt.

Im Ergebnis ist damit zu hoffen, dass diese Entscheidung auch dazu führt, dass Abmahnungen in diesem Bereich endlich ein Ende finden und sich die Webnutzer zumindest in Europa weitgehend angstfrei im Netz bewegen können. Aber auch in bereits laufende Abmahnverfahren kann diese Entscheidung die Chancen der Betroffenen gegenüber der Abmahnindustrie wesentlich verbessern. Im Zweifelsfall können Sie sich gerne an uns wenden.

European Union flags over sky background

EU-Verbraucherrichtlinie 83/2011

European Union flags over sky backgroundHinter diesem kryptischen Namen verbergen sich sehr gewaltige Umwälzungen des Verbraucherschutzrechtes im Rahmen des Online-Handels. Diese treten bereits am 13. Juni 2014 deutschlandweit in Kraft. Online-Shops sollten diese Änderung der Rechtslage sehr ernst nehmen. Zum einen weil auch ihnen neue Möglichkeiten z.B. bei den Rücksendekosten von Waren eröffnet werden, zum anderen weil der neuen Rechtsordnung widersprechende Vereinbarungen, insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), einen Wettbewerbsverstoß darstellen würden, den Mitbewerber auf Kosten des verletzenden Online-Händlers abmahnen können. Es ist an dieser Stelle leider auch nicht auszuschließen, dass einzelne Anbieter diese Gesetzesänderung sogar gezielt für eine neuerliche Abmahnwelle nutzen werden. Im Einzelnen sind dabei folgende Änderungen zu beachten:

1. Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular

Die Musterwiderrufsbelehrung wird an die gesetzlichen Neuerungen angepasst. Dabei werden insbesondere eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen sowie die Möglichkeit des ausdrücklichen aber formlosen Widerrufs eingeführt. Gleichzeitig muss der Händler aber ein Widerrufsformular für seine Kunden bereit halten. Auch dafür wird vom Gesetzgeber ein entsprechendes Muster bereitgestellt.

Eine besondere Neuerung gibt sich hier zusätzlich für die Lieferung digitaler Inhalte (z.B. Download oder Streaming von Software, Ebooks, Videos oder Musik sowie das Anbieten von Apps oder Onlinespielen). Hierbei kann zukünftig mit dem Verbraucher ein Erlöschen des Widerrufsrechts ab Beginn der „Lieferung“ bzw. des Downloads vereinbart werden. Allerdings ist auf die genaue Formulierung sowie Platzierung der Vereinbarung zu achten.

2. Rücksendekosten und Zurückbehaltungsrecht

Anders als bisher, können im Online-Handel zukünftig die Rücksendekosten im Falle des Widerrufs vollständig auf den Kunden übertragen werden, wenn er den Kunden innerhalb der Widerrufsbelehrung darüber informiert. Hinzu kommt, dass der Händler die Rückzahlung des Kaufpreises solange verweigern kann bis er die Ware zurückerhalten oder der Verbraucher deren Absendung nachgewiesen hat.

3. Rückgaberecht wird gestrichen

Die bisher in § 356 BGB eingeräumte Möglichkeit des Händlers gegenüber Verbrauchern anstelle des Widerrufsrechts ein bloßes Rückgaberecht einzuräumen, wird ersatzlos gestrichen. Ein Rückgaberecht kann aber zusätzlich zum Widerrufsrecht und deutlich von diesem abgegrenzt zusätzlich vereinbart werden.

4. Neue Informationspflichten

Im Online-Handel müssen zukünftig weitere Informationen, teilweise auch im Impressum, bereitgestellt werden. Dazu zählen insbesondere

a) eine Telefonnummer, wobei es sich dabei nicht mehr um eine kostenpflichtige Hotline handeln darf,
b) eine Angabe über den genauen Liefertermin, wobei Ca.-Angaben in begrenztem Maße zulässig sind,
c) eine Belehrung über das Bestehen des gesetzlichen Mängelhaftungsrechts, welche bisher erst mit der Lieferung der Ware erfolgen musste,
d) gegebenenfalls Informationen über die genauen Bedingungen einer vom Händler gewährten Garantie und
e) Angaben über mögliche Lieferbeschränkungen sowie die akzeptierten Zahlungsmittel.

5. Zahlungsmittel

Zuschläge für bestimmte Zahlungsmittel dürfen nur noch dann erhoben werden, wenn daneben eine gängige und zumutbare unentgeltliche Alternative angeboten wird und müssen den tatsächlichen Mehrkosten des Händlers für die gewählte Zahlungsmethode entsprechen.

6. Vertragsbestätigung

Der Online-Händler muss den Vertrag gegenüber dem Verbraucher spätestens mit Lieferung der Ware schriftlich bestätigen. Dazu zählt aber neben einer schriftlichen Bestätigung auf Papier auch eine digitale, speicher- und druckbare Datei, sofern der Verbraucher dem zugestimmt hat.

Sollten auch Sie Ihren Online-Shop an die neuen Regelungen anpassen müssen, zögern sie nicht sich einen fachkompetenten Rechtsbeistand für die Angelegenheit zu suchen. Fehler an dieser Stelle können, wie Eingangs schon erwähnt, teure Abmahnungen nach sich ziehen.

 

Vorübergehende Speicherung zum Zwecke der Betrachtung von digitalen Inhalten – § 44a UrhG!

Die jüngste Abmahnwelle der Kanzlei U+C sorgt für ein immer stärkeres mediales Echo. Auch unser Artikel zu diesem Thema sowie unsere Ausführungen zu den in diesem Zusammenhang relevanten Gesetzesnormen des Urheberrechts haben Herrn Erik Schwarz dazu bewogen, einen Kommentar zu schreiben, den wir an dieser Stelle gerne veröffentlichen:

Zur Anzeige und Betrachtung eines digital angelegten Inhaltes (Text, Bild, Film u.s.w) bedarf es aus technischen Gründen notwendig einer zumindest temporären Speicherung der zugehörigen digitalen Daten. Unabhängig vom Wortlaut des Gesetzes muss heute die Auslegungsregel zwingend gelten, dass eine temporär angelegte, der Anzeige und Wahrnehmung dienende Speicherung nicht als Vervielfältigung i.S. des UrhG gelten darf. Ansonsten wäre eine ungefährliche, rechtskonforme Nutzung des Internets praktisch ausgeschlossen. Dies ist heute absolut inakzeptabel und kann schlechterdings nicht Ergebnis einer Rechtsauslegung sein.

Zumindest der Beginn des Gesetzestextes (bis „Nr.1“) von § 44a UrhG legt nahe, dass der Gesetzgeber genau dem obigen Umstand Rechnung tragen wollte. Leider zeigt sich auch in diesem Fall wieder der traurige Umstand, dass je jünger Gesetzesvorschriften sind desto handwerklich schlechter sie formuliert sind. Dies gilt leider auch für § 44a UrhG. Die Fallalternative Nr.1 ist nicht einschlägig, weil der Zweck der vorübergehenden Speicherung im Cache eben nicht die Übertragung im Netz ist, sondern die Ermöglichung der Anzeige und damit der Betrachtung. Bei Nr.2 stellt sich die Frage, ob die bloße Betrachtung eines Werkes eine Nutzung i.S. von § 11 UrhG darstellt. Wenn man dies bejaht, regelt die Vorschrift nur das Betrachten von vom Urheber erlaubt veröffentlichten Werken. Gilt Betrachten jedoch nicht als Nutzung, ist § 44a UrhG gar nicht einschlägig.

Es bleibt aber der oben genannte zwingende Rechtsgedanke, dass eine temporär angelegte Speicherung (Cache), die zur Betrachtung eines digitalen Inhaltes notwendig ist, keine Vervielfältigung i. S. des UrhG ist. Bei der Anzeige von Text und (stehenden) Bildern sind nach Abruf einer Internet-Seite die zugehörigen Daten vollständig im Cache gespeichert. Ohne diese Speicherung wäre keine Internetseite zu betrachten. Zur Filmbetrachtung (Streaming) werden oftmals (besonders bei längeren Sequenzen) nur Teile desselben gleichzeitig im Cache gespeichert (Pufferung). Bezogen auf das geschützte Werk ist also hierbei im Vergleich zum Standbild beim Streaming eher ein Weniger gespeichert. Allerdings könnte man noch eine Unterscheidung machen, nämlich zwischen sich automatisch öffnenden Dateien einer Web-Seite und solchen, die sich erst nach einem zusätzlichen willentlichen Akt (Anklicken) öffnen. Dies würde natürlich genauso für Texte und Bilder zutreffen. Eine solche Unterscheidung wäre allerdings auch nicht sachgerecht. Zumal das Öffnungsverhalten auch vom Browser-Typ und dessen Einstellungen abhängt.

Fraglich könnte noch sein, ob § 53 I UrhG ausreicht, eine angemessene Internet-Nutzung zu ermöglichen. Dies muss verneint werden. Auch ein geschäftlich Tätiger muss in der Lage sein, den vollständigen Inhalt jeder Internetseite zumindest betrachten zu können und damit alle angebotenen Dateien temporär zwecks Anzeige derselben zu speichern.

Das Eigentum (im grundgesetzlichen Sinne) des Urhebers kann ausreichend durch die Verfolgung der unrechtmäßigen Veröffentlichung (primär!) und durch die Ahndung von auf Dauer angelegten Speicherungen (Vervielfältigungen, Downloads) unter Berücksichtigung von § 53 I UrhG geschützt werden. Gegen eine geringe Beeinträchtigung der Handlungsmöglichkeiten (Verfolgungsmöglichkeiten) des Urhebers steht das Recht der Allgemeinheit, das Internet überhaupt sinnvoll nutzen zu können.

Dem Gesetzgeber wäre dringend anzuraten, § 44a UrhG neu und unmissverständlich zu formulieren (frommer Wunsch!). Aber auch bis dahin muss für Gerichte gelten, dass Caching (damit erst recht Buffering) keine Vervielfältigung i.S. der UrhG darstellt.

Erik Schwarz

Wir bedanken uns bei Herrn Schwarz für diesen Beitrag.

Thomas Urmann ist der neuer Xaver

Vor genau einer Woche bedrohte das Sturmtief „Xaver“ große Teile Deutschlands. Insbesondere an der Nord- und Ostseeküste sorgten orkanartige Winde für einen enormen Anstieg der Wasserpegel und setzten weite Teile unter Wasser. Die Bilder von enormen Wellen, die Hafenanlage überspülten und zum Teil sogar über Deiche und Dünenkanten schwappten, sind uns allen noch in Erinnerung.

Kaum aber ist „Xaver“ über uns hinweggefegt, droht neues Ungemach aus Hamburg bzw. Regensburg. Von dort schwappte vor wenigen Tagen eine riesige Abmahnwelle über das Land. Betroffen waren dabei ca. 10.000 Besucher des Erotik-Portals Redtube. Die Regensburger Urmann + Collegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (U+C) mahnte diese wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen durch so genanntes Streaming ab. Und das soll erst der Anfang gewesen sein. Aus Hamburg ließ der Geschäftsführer der Kanzlei, Rechtsanwalt Thomas Urmann, verlauten, dass weitere Abmahnungen, auch bzgl. anderer Streaming-Portale, in großer Zahl folgen werden (zu den Fragen der Rechtmäßigkeit des Streamings finden Sie hier genauere Ausführungen).

Dabei scheint es den Kollegen gar nicht zu stören, dass er sich mit seinem Handeln offenbar auf ganz dünnem Eis bewegt. Das beginnt bereits beim eingereichten Auskunftsersuchen beim LG Köln. Der zu diesem Zeitpunkt noch von der abmahnenden „The Archieve AG“ beauftragte Berliner Rechtsanwalt Daniel Sebastian hat darin anscheinend die entscheidenden Richter über die genauen Umstände der Sache getäuscht. So ging das Gericht ausweislich seiner Entscheidung, fälschlicherweise davon aus, dass es sich bei dem gegenständlichen Portal um eine Tauschbörse handelt. Die Richter begründen daher den Auskunftsanspruch mit dem urheberrechtsverletzenden Veröffentlichen des Werkes „Amanda’s secrets“. In den Abmahnungen der Kanzlei U+C, welche der beauftragte Rechtsanwalt Sebastian anscheinend bei der Bearbeitung der Fälle um Hilfe gebeten hatte, wird nunmehr aber eine urheberrechtswidrige Vervielfältigung abgemahnt, wohl wissend das die Nutzung eines Streaming-Angebotes gerade kein Veröffentlichen ist. Dafür hat das LG Köln den Auskunftsanspruch aber genaugenommen gar nicht gewährt.

Noch spannender ist aber fast die Frage, wie „The Archieve AG“ an die ganzen IP-Adressen gekommen ist. Die von der beauftragten Firma ITGuards genutzte Software Gladll 1.1.3 funktioniert bei Tauschbörsen, aber nicht bei Streaming. Soweit aber die Daten auf einem anderen Wege erlangt worden sind, stellt sich die Frage, warum das dann gegenüber dem Gericht verheimlicht worden ist. Redtube hat sich mittlerweile auch dazu geäußert und erklärt, dass sie keine Informationen herausgegeben haben. Inzwischen läuft diesbezüglich sogar schon ein Strafverfahren gegen einen Mitarbeiter von ITGuards.

Und ganz am Ende stellt sich noch die Frage nach der rechtlichen Situation des Streamings im Internet. Hier sind insbesondere 2 Paragrafen des Urheberrechts interessant: § 44a und § 53 UrhG. Der eine erlaubt eine nur vorrübergehende Vervielfältigung, die lediglich Teil des technischen Verfahrens der Nutzung sind, was bei der temporären Speicherung der Datei beim Streaming schon sehr nahe kommt (näheres haben wir hier ausgeführt). Der andere erlaubt die Vervielfältigung zur Nutzung bereit gestellter Werke zum privaten Gebrauch, soweit diese nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt worden sind.

Sollten auch Sie eine Abmahnung der Kanzlei U+C wegen Streamings erhalten haben, zögern sie daher nicht sich einen fachkompetenten Rechtsbeistand für die Angelegenheit zu suchen.