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Irreführung im Wettbewerbsrecht – eine einzige Fehlinformation genügt

Der EuGH hat eine  wichtige Entscheidung zum Thema „Verbraucherinformation“ getroffen, die zahlreiche Unternehmen, die Endkundenverkehr bewältigen müssen, betreffen wird.. Nach der Entscheidung Az. C 388/13 reicht es für den Tatbestand der Irreführung im Geschäftsverkehr bereits aus, wenn gegenüber einem Verbraucher eine einzige unrichtige Information erteilt wurde.

Ein Mehrfachverstoß  sei nach der EU-Richtlinie 2005/29/EG nicht notwendig. Es reiche nach Ansicht des EuGH bereits aus, dass eine objektiv falsche Auskunft erteilt wird, die geeignet ist, einen nachteiligen Einfluss auf eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers auszuüben, auch wenn kein vorsätzliches Verhalten des Unternehmens vorliegt. Diese Umständen können beispielsweise Onlineshops betreffen, die über das Widerrufsrecht informieren oder Onlinedienste, die über Kündigungsmöglichkeiten Auskunft erteilen.

Aus dieser Entscheidung folgt, dass gerade Supportmitarbeiter dringend umfassend geschult sein müssen bzw. Informationen, die diese herausgeben, auch im Detail korrekt vorgeben und von diesen Mitarbeitern auch korrekt weitergeben werden müssen. Es kann ansonsten Abmahnungen von Wettbewerbern drohen.

Möchten Sie Ihre Geschäftsprozesse und/oder Support-Tätigkeiten rechtlich überprüfen lassen? Marian Härtel und sein Team können Ihnen umfassend weiterhelfen und stehen Ihnen selbstverständlich zunächst unverbindlich zur Verfügung.

Beitragsbild: Stephan Schindelin  / pixelio.de

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Wenn Richter anscheinend das erste Semester an der Uni verpennt haben

Nicht umsonst gibt es wohl den Spruch „Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand“, aber hin und wieder kann man nur noch den Kopf schütteln bei manchen Gerichtsentscheidungen, die selbst auf dem ersten Blick vollkommen unlogisch und juristisch komplett nicht zu halten sind.

Man stelle sich folgendes Szenario vor:

Ein Entwickler programmiert eine Erweiterung für eine Software. Um diese Erweiterung auf Kompatibilität zu testen, hat dieser Entwickler in der Vergangenheit natürlich auch eine Lizenz für die Software im Einzelhandel erworben. Der Entwickler der Software mag nun jedoch die Erweiterung nicht und ist der Meinung, dass seine Software durch die Addon-Entwicklung gewerblich genutzt wurde, was der Hersteller der Erweiterung angeblich nicht durfte.

Er nimmt daher den Entwickler der Erweiterung (die im Übrigen in keiner Weise die Originalsoftware veränderte) wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen in Anspruch. Schon dieses Rechtsproblem ist an sich schwierig zu beantworten, denn beim Kauf im Ladengeschäft gibt es keinerlei Hinweis, dass die Software nicht gewerblich genutzt werden dürfe und andere mögliche Urheberrechtsverletzungen, wie Dekompilierung etc. liegen nicht vor.

Nun ist der Entwickler der Software immer noch nicht zufrieden und nimmt den Entwickler des Addons auch noch aus Vertrag in Anspruch. Ein Glück, dass dieser dabei auf das Landgericht Zwickau trifft, dem Logik fremd zu sein scheint.

Das Landgericht Zwickau entscheidet nun gegen den Entwickler des Addons mit folgender Begründung:

Die AGB, die der Entwickler der Originalsoftware verwendet, seien nicht ordnungsgemäß eingebunden, da diese beim Kauf im Ladengeschäft nicht vorgelegen haben und nachträglich, bei Registrierung des Produktes, nicht mehr hätten vereinbart werden können.

Da das Landgericht Zwickau nun aber anscheinend mit der Konsequenz aus dieser korrekten Interpretation der Rechtslage derart unzufrieden war, dachte es sich wohl, doch einmal eine Argumentation zu entwickeln, die gleich in mehrfacher Art und Weise unlogisch und rechtlich unhaltbar ist

Im Prinzip sämtliche Regelungen, die der Entwickler der Originalsoftware in seinen AGB habe, wie beispielsweise die Nutzung nur zu privaten Zwecken oder das Verbot der Herstellung und Nutzung von Erweiterungen, würden sich bereits allein aus dem Kaufvertrag der Software im Ladengeschäft ergeben.

Und das wohlgemerkt, obwohl, nach eigener Aussage des Gerichtes, keinerlei wirksame „Verschriftlichung“ eines Vertrages gibt. Alleine dieser Umstand ist schon höchstbedenklich und unter Gesichtspunkten wie Empfängerhorizont und Willen der Vertragsparteien nur schwer zu halten. Aber das Landgericht Zwickau hört damit nicht auf. Aus dieser „erfundenen“ Tatsache, die wohlgemerkt nie irgendeine Partei vorgetragen hat, wird auch noch eine völlig absurde Rechtsfolge gezogen

Das Landgericht Zwickau ist nämlich nun der Meinung, das sich aus seiner Annahme ergeben würde, dass ein wirksamer Vertrag geschlossen wurde, der Entwickler der Erweiterung dagegen verstoßen habe und dieser daher jetzt seine Software nicht mehr herstellen dürfe.

Um das noch einmal zu rekapitulieren. Das Landgericht Zwickau meint, dass ein Vertrag zwischen zwei Personen geschlossen wurde, obwohl deren Willenserklärungen absolut unterschiedlich sind. Die eine Partei will eine möglicherweise gewerbliche Handlung, die andere eine nur private Handlung. Die eine Partei möchte seine Addons an der Software testen, die andere Partei möchte es nicht.

Obwohl nun also zwei nicht übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen, ist das Landgericht Zwickau der Meinung, dass nicht etwa ein sogenannter Dissens (sei er nun offen ,versteckt oder eine weitere Variante) vorliegt und somit halt kein Vertragsschluss stattgefunden hat bzw. die nicht vereinbarten Regelungen nicht gelten, sondern eben doch ein Vertrag geschlossen wurde. Der Entwickler der Addon-Software habe also freiwillig einen Vertrag geschlossen, seine eigenen Addons nicht herzustellen und danach, indem er die doch Addons herstellt, gegen diesen Vertrag verstoßen. Eine absurde Vorstellung, um es gelinde zu sagen.

Aber das Landgericht Zwickau ist noch nicht fertig. Aufgrund des Verstoßes gegen den Vertrag, für den der Addonentwickler natürlich nie eine Willenserklärung abgegeben hat, wird nicht etwa im Wege einer Feststellungsklage festgestellt, dass kein Vertrag vorhanden war und er somit, eventuell wegen unrechtmäßiger Nutzung, schadensersatzpflichtig wäre, nein, ihm wird ein Unterlassungsgebot für seine eigene Software aufgebrummt, ein Unterlassungsgebot, welches eventuell aus Wettbewerbsrecht, nur sehr schwer vorstellbar aus Urheberrecht, aber doch sicher nicht aus einem Vertrag, den die eine Partei nicht wollte, hergeleitet werden kann.

Man glaubt, dass das Landgericht Zwickau nun aufgehört hat, abwegige Entscheidungen zu treffen? Weit gefehlt. Um den Auskunftsanspruch, den es wenn, nur aus Urheberrecht gibt, aus Vertrag zu konstruieren, obwohl dieser weder in den unwirksamen AGB noch im Gesetzt steht, ist das Gericht der Meinung, dieser könnte sich aus § 242 BGB, also aus Treu und Glauben, ergeben.

Ich muss anscheinend im ersten Semester an der Universität nicht aufgepasst haben, denn diese Urteilt widerspricht so dermaßen allem was ich über das Entstehen von Verträgen und Vertragsrecht als solches gelernt haben, dass es mir kalt den Rücken runter läuft, wie solche Urteile in Deutschland gefällt werden können.

Beitragsbild Copyright: Q.pictures /Pixelio

Elektronischer Handel

Einstweilige Verfügung, Impressum und Telefonnummern

Was ist die richtige Reaktion auf eine einstweilige Verfügung? Nun, zunächst einmal keine Panik und einen Spezialisten kontaktieren. Das absolut Wichtigste ist jedoch, zu beachten, was die einstweilige Verfügung untersagt und dem nachkommen. Eine fehlende Reaktion kann ein empfindliches Ordnungsgeld zur Folge haben.

Dabei ist jedoch nur wichtig, sich auf den Pfad des Gesetzes zu begeben. Eine interessante Entscheidung dazu gab es letztens vom OLG Frankfurt.

Ein Onlinehändler kassierte eine einstweilige Verfügung aufgrund der fehlenden Telefonnummer im Impressum. Nach der Zustellung der Entscheidung, fügte der Händler die Telefonnummer hinzu, jedoch an eine Stelle, die selber wiederum abmahnfähig wäre, in der Widerrufserklärung. Trotzdem hielt das OLG Frankfurt diesen Umstand nicht für eine Verletzung der Verfügung, da es eine andere Art von Verstoß sei.

Glück gehabt, denn andere Gerichte könnten dies differenzierter sehen. Besser ist es, die einstweilige Verfügung genau zu beachten und eventuell gleich einmal den Vorfall zum Anlass zu nehmen, auch andere Bereiche des Geschäftes oder der Webseite überprüfen zu lassen.

Haben Sie auch Probleme mit einer einstweiligen Verfügung? Marian Härtel und sein Team können Ihnen im IT-Recht, Urheberrecht oder Wettbewerbsrecht helfen und stehen zunächst einmal unverbindlich zur Seite.  

Wettbewerbsrecht

Doppelte Pleite für Abmahnkanzlei BaumgartenBrandt

Die für ihre Abmahnungen bekannte Kanzlei BaumgartenBrandt verliert nicht nur ein weiteres Gerichtsverfahren gegen uns, sie haften diesmal auch noch persönlich für die Kosten der zweiten Instanz.

BaumgartenBrandt vertritt u.a. die Lichtblick Films GmbH (ehemals Los Bandidos Films GmbH) bei vermeintlichen Urheberechtsverletzungen durch das sogenannte Filesharing, u.a. gegen von uns vertretene Mandanten. Über das Vermögen der Lichtblick Films GmbH hat das Amtsgericht Stuttgart aber am 1. August 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet, was BaumgartenBrandt spätestens im November 2014 bekannt gewesen sein muss. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt gemäß § 240 ZPO zwingend zur Unterbrechung laufender Gerichtsverfahren, bis der Insolvenzverwalter darüber entschieden hat, ob er den Rechtsstreit fortsetzen möchte. In dem von uns betreuten Gerichtsverfahren verschwiegen die Kollegen von BaumgartenBrandt aber die eingetretene Insolvenz, so dass das Amtsgericht Charlottenburg am 11. Dezember 2014 die Klage der Lichtblick Films GmbH vollumfänglich abgewiesen hat (das Urteil kann hier eingesehen werden).

Im Februar 2015 legten BaumgartenBrandt trotz der eingetretenen Insolvenz gegen diese Entscheidung Berufung beim Landgericht Berlin ein, ohne sich zuvor die notwendige Zustimmung beim Insolvenzverwalter der Lichtblick Films GmbH einzuholen. Nachdem wir das Landgericht Berlin auf diese Vorgehensweise hingewiesen haben, hat BaumgartenBrandt die Berufung in der Sache vollumfänglich zurückgenommen. Damit ist nicht nur die Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg nunmehr rechtskräftig geworden, mit Beschluss vom 18. Mai 2015 (hier abrufbar) hat das Landgericht Berlin daraufhin BaumgartenBrandt wegen der fehlenden Prozessvollmacht durch den Insolvenzverwalter auch noch die Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt. Damit müssen unsere Mandanten Ihre Kosten insoweit nicht mehr mit einer geringen Erfolgsaussicht zur Insolvenztabelle der Lichtblick Films GmbH anmelden, sondern können sich diesbezüglich an die liquiden Prozessbevollmächtigten halten.

Für BaumgartenBrandt könnte diese Entscheidung aber besonders teuer werden. Laut dem Insolvenzverwalter sollen noch über 500 weitere Fälle bekannt sein, in denen BaumgartenBrandt trotz Kenntnis der Insolvenz ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters für die Lichtblick Films GmbH rechtlich tätig geworden sein soll. Sollten die Kosten in all diesen Verfahren ebenfalls der Kanzlei persönlich auferlegt werden, könnten sich die daraus resultierenden Forderungen der Betroffenen schätzungsweise auf 100.000 Euro belaufen.

 

Wettbewerbsrecht

Gegenabmahnung, hin und wieder das Mittel der Wahl?

Abmahnungen in IT-Rechtssachen sind unser tägliches Brot. Nur wie reagiert man ganz allgemein darauf?

Nun, grundsätzlich gilt einmal, die Rechtslage sauber zu prüfen und in angemessener Frist und angemessener Weise zu antworten. Meistens ist es dabei nicht hilfreich, wenn man als juristischer Laie antwortet. Zu schnell werden rechtliche Dinge oder Fakten beispielsweise eingestanden.

Kann eine vorgerichtliche Regelung nicht erreicht bzw. ein Gerichtsverfahren nicht abgewendet werden, kann sich, neben vielen weiteren rechtlichen und strategischen Erwägungen, die Frage stellen, ob eine sogenannte Gegenabmahnung das richtige Mittel der Wahl ist. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass dies nicht nur eine sogenannte Retourkutsche ist, als eine Abmahnung, die dem „Ärgern“ der Gegenseite gilt und die oft nicht nur unbedacht ist, sondern von Gerichten gerne auch mit der Begründung „Rechtsmissbräuchlich“ abgeschmettert wird. Zumeist zu Recht!

Sinnvoll kann jedoch eine „strategische“ Gegenabmahnung sein. Beispielsweise hatte ein Mandant von uns, der wegen der Herstellung einer bestimmten Software abgemahnt und schließlich verklagt wurde, damit zu kämpfen, dass die eigene Software, die dieser Mandant herstellt, von der Gegenseite analysiert und genutzt wurde und die Nutzung durch die Gegenseite dem Mandanten schadete.

Die logische Konsequenz war daher, die Gegenseite für diese unlizenzierte Nutzung dieser Software abzumahnen und sämtlichen Beteiligten der Gegenseite die Nutzung der strittigen Software zu untersagen, da diese Nutzung eindeutig gewerblich ist, die Nutzung der Software des Mandanten aber privaten Nutzern vorbehalten ist.

Dieser Umstand zeigt zudem, dass eine gute und erfolgsversprechende Bearbeitung eines Mandates nicht nur die rein juristische Bearbeitung und die Erfassung der Sach- und Rechtslage benötigt, sondern eben auch strategisches Vorgehen erfordern kann.

Auch Probleme mit einer Abmahnung im Bereich Software oder IT? Oder benötigen Sie rechtssichere Verträge für ihre Software, Ihr Startup oder ihr IT-Unternehmen? Rechtsanwalt Marian Härtel und sein Team können bei der Lösung und Beratung sicherlich hilfreich sein. Kontaktieren Sie uns einfach unverbindlich via Telefon oder EMail.

Elektronischer Handel

Ebay: Änderungen von Auktionen nur selten möglich

Das Amtsgericht Dieburg hat entschieden, dass ein Anbieter eine Ebay Auktion den Inhalt nur noch ändert darf, wenn er gesetzlich dazu berechtigt ist. Wenn ein Angebot ohne gesetzliche Berechtigung geändert wird, kommt bei Bietende ein Vertrag mit dem Höchstbietenden und dem Inhalt des ursprünglichen Angebots zu Stande.

Im vorliegenden Sachverhalt wurde ein Auto zum Verkauf angeboten, simpel und nur mit eine Beschreibung des KFZ. Kurz vor Auktionsende  wurde jedoch ein Passus eingefügt, wonach kein Platz vorhanden wäre, um das KFZ weiter stehen zu lassen. Deshalb müsse dieses nach Ende der Auktion innerhalb von sieben Tagen gegen Barzahlung am Artikelstandort abgeholt werden.  Erfolge dies nicht, müsste der Höchstbietende die Kosten für die anderweitige Unterbringung zahlen.

Der bisherige Höchstbietende wollte den Wagen wegen dieser Änderung nicht mehr nehmen und weigerte sich somit auch den Kaufpreis zu zahlen. Er verlor vor dem Amtsgericht Dieburg folgerichtig.

Zwar sehen die AGB von eBay eine Abänderung der Angebote nicht vor. Eine Änderung der Vertragsbedingungen war hier aber eine Rücknahme des ursprünglichen und Abgabe eines neuen Angebotes. Dann müsste die Klägerin dazu „gesetzlich berechtigt“ gewesen sein, § 9 Ziff. 11 Ebay-AGB. Eine Berechtigung zur einseitigen Abänderung eines Angebots sieht das Gesetz aber nicht vor. Folgerichtig musste der Höchstbietende den Kaufpreis zahlen (uns somit auch die Kosten für das Gerichtsverfahren), allerdings natürlich nicht die unberechtigt – zu spät – eingefügten Kosten für die anderweitige Unterbringung des KFZ.

Daher gilt: Genau prüfen, bevor bei eBay ein Angebot formuliert wird.

Auch Probleme mit eBay? Rechtsanwalt Marian Härtel und sein Team können bei der Lösung und Beratung sicherlich hilfreich sein. Kontaktieren Sie uns einfach unverbindlich.

Games Recht

Streitwert von „entwendetem virtuellen Gegenständen?

Verfahren wie dieses bzgl. Virtuellen Gegenständen sind extrem spannend, keine Frage, aber immer öfter müssen wir uns auch mit grundsätzlicheren Fragen beschäftigen.
Da wäre beispielsweise die Frage, was der Streitwert eines Falles ist, indem einem Nutzer eines Onlinespieles virtuelles Gold abhandengekommen ist, sei es durch einen Spielfehler, einen anderen Nutzer oder durch absichtlichen Eingriff des Spielbetreibers.

Schon bei Sperrung von Accounts ist eine Streitwertfestsetzung nicht trivial, in der Regel wird dies – bisher – jedoch analog der Regeln für das Mietrecht gemacht und dabei beachtet, wieviel entweder in ein Onlinespiel in der Vergangenheit investiert wurde oder wie hoch monatliche Gebühren für das Spiel sind. Aus solchen Summen lässt sich sodann eventuell der „Wert“ eines Onlinespieleaccounts berechnen.

Was aber ist der Streitwert in dem Fall, wenn nur ein bestimmter Gegenstand oder eine bestimmte Menge virtuelle Währung entfernt wurde oder verschwunden ist (sei es durch einen technischen Fehler oder Fremdeingriff) und wenn dieser bestimmte Gegenstand keinen nachvollziehen Wert in Euro hat? Eine spannende Rechtsfrage, die uns die nächsten Wochen begleiten wird und über deren Ausgang wir hier natürlich berichten werden.

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Verkauf von virtuellen Gegenständen in Diablo III – Blizzard Entertainment nimmt Antrag auf einstweilige Verfügung zurück

Versuch des Verkaufverbots von „Gold“ in Diablo III gescheitert
Blizzard Entertainment S.A.S. zieht Antrag auf einstweilige Verfügung beim Berufungsgericht zurück.

Die Bossland GmbH siegt im Rechtsstreit gegen die Blizzard Entertainment S.A.S., Anbieter u.a. der Spiele World of Warcraft und Diablo III. Der Verkauf der virtuellen Währung „Gold“ im Spiel Diablo 3 ist vorliegend nicht wettbewerbswidrig. Eine gezielte Behinderung konnte das Oberlandesgericht Hamburg hier nicht feststellen, insbesondere liegt beim Verkauf von „Gold“ bzw. virtuellen Gegenständen keine gezielte Verleitung zum Vertragsbruch durch die Bossland GmbH vor.

So argumentierten die Richter des Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts unter Verweis auf BGH Rechtsprechung und empfahlen der Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzunehmen.

Das Landgericht Hamburg hatte, zunächst ohne mündliche Verhandlung, am 06.05.2013 eine einstweilige Verfügung erlassen und dabei entschieden, dass die Antragsgegnerin (Bossland GmbH) es zu unterlassen habe, ohne Zustimmung der Antragstellerin (Blizzard) im geschäftlichen Verkehr eine Internetseite zu betreiben, auf der Spieler des Spiels Diablo III, mit Wohnsitz in Deutschland, die virtuelle Währung „Gold“ des Spiels kaufen können (312 O 192/13) und nach Widerspruch am 04.03.2014 diese Entscheidung nach mündlicher Verhandlung bestätigt.

Am 07.05.2015 (3 U 45/14) erteilte das Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts der Ansicht des Landgerichts Hamburg eine klare Absage in sämtlichen Punkten. Die Kosten von beiden Instanzen des Verfahrens trägt die Blizzard Entertainment S.A.S.

„Ich bin froh, dass nach zahlreichen Jahren, ein Oberlandesgericht sich endlich zutreffend und detailliert mit der juristischen Bewertung auseinandergesetzt hat und die Kernpunkte der Rechtslage derart sauber herausgearbeitet hat. Es zeigt sich endlich doch, dass die deutsche Rechtslage Wettbewerb fördern anstatt behindern will, weswegen ich optimistisch bin, dass auch der Bundesgerichtshof unsere anderen Geschäftsmodelle als zulässig ansehen wird.“, äußert sich Zwetan Letschew, Geschäftsführer der Bossland GmbH.

Die Bossland GmbH kämpft in verschiedenen Verfahren gegen die Blizzard Entertainment S.A.S. und die Blizzard Entertainment Inc. wobei ein Verfahren sich im Stadium der Revision vor dem Bundesgerichtshof befindet, in einem weiteren wurde Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof eingelegt. Diese Verfahren haben es als Ziel, Klarheit über diverse Rechtslagen zu schaffen. Dabei geht es unter anderem um Fragen der Einbindung von AGB von Software beim Kauf in Ladengeschäften oder bei Onlinehändlern, um die juristische Bewertung von virtuellen Gegenständen sowie um Fragen des Wettbewerbsrechts von Dienstleistern, die sich im Umfeld von Onlinespielen etabliert haben und diverse Zusatzdienstleistungen, Services oder Produkte anbieten wollen, die nicht direkt von den Anbieter der Onlinespiele stammen.

Die Bossland GmbH wird in den Rechtssachen seit vielen Jahren von den Rechtsanwälten Marian Härtel, sowie Dominik Büttner und Carsten Neuhaus vertreten.

Haben Sie auch Rechtsprobleme im Bereich Onlinespiele, virtuelle Gegenstände, Onlinedistribution, Distribution von Computerspielen oder Wettbewerbsrecht von Computerspielen. Rechtsanwalt Marian Härtel und die Kanzlei Kaesler und Kollegen können Ihnen kompetent weiterhelfen und zunächst einmal unverbindlich einen Überblick verschaffen.

Rechtssystem Europa

Leitfaden zu Menschenrechten für Internetnutzer feiert 1. Geburtstag

Vor knapp einem Jahr, am 16. April 2014, haben die 47 Mitgliedsstaaten des Europarates gemeinsam den „Leitfaden zu Menschenrechten für Internetnutzer“ verabschiedet. Darin sollte den Bürgern in sehr einfacher Form veranschaulicht werden, welche Rechte sie im Internet aus Sicht der Menschenrechte haben. Es ging also nicht darum, für die Bürger neue Rechte zu schaffen, vielmehr soll der Leitfaden eine Art Auslegungshandbuch für die Anwendung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bereits verbindlich festgelegten Normen auf dem Gebiet des Mediums Internet und seiner Nutzung sein.

Im Vergleich zur EMRK, die im November ihr 65-jähriges Bestehen feiert, befindet sich der Leitfaden noch in den Kinderschuhen. Von daher mag es nicht verwundern, dass man bisher wohl vergeblich nach Spuren sucht, die der Leitfaden in der digitalen Welt bereits hinterlassen haben könnte. Trotzdem muss man schon jetzt befürchten, dass diese eigentlich gute Idee des Europarates nie eine echte Chance bekommen wird sich zu bewähren. Dabei sind insbesondere drei wesentliche Faktoren zu bemängeln, die schon jetzt eine ernsthafte Anwendung des Leitfadens erschweren:

1. Der Leitfaden ist weitestgehend unbekannt

Nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch gegebenenfalls einfordern. Erschreckender Weise gibt es aber kaum Internetnutzer, die überhaupt von der Existenz des Leitfadens wissen und nur ein verschwindend geringer Bruchteil kennt wenigstens Teile des Inhalts. In der Praxis bedeutet dies, dass mögliche Verletzungen der im Leitfaden benannten Rechte schon allein deshalb nicht verfolgt werden, weil der einzelne Betroffene gar nicht ausreichend über seine Rechte und den im Leitfaden verankerten Rechtsbehelfen gegen die jeweilige Verletzung informiert ist.

2. Mitgliedsstaaten des Europarates missachten den Leitfaden

Es ist auch wenig hilfreich, wenn die Mitgliedsstaaten des Europarates den von ihnen erlassenen Leitfaden und die darin enthaltenen Ansprüche der Internetnutzer sprichwörtlich mit Füßen treten. So ließ die türkische Regierung (die Türkei ist seit 1949 Mitglied des Europarates) im Januar dieses Jahres verschiedene Internetseiten sperren, was ein offensichtlicher Verstoß gegen den im Leitfaden festgehaltenen Grundsatz der Meinungs- und Informationsfreiheit darstellt. Auch in Russland werden die Rechte der Bürger aus dem Leitfaden in rechtswidriger Weise beschnitten, wenn die dortige Regierung den Zugang zu den Internetseiten bekannter Regimekritiker einfach sperren lässt. Trotzdem hatten derartige Handlungen für die jeweiligen Staaten in der Vergangenheit keine negativen Konsequenzen oder gar Sanktionen zur Folge.

3. Mangelnder Anwendungswille innerhalb der Rechtsprechung

In letzter Konsequenz wird der Leitfaden aber auch nur unzureichend in der europäischen Rechtsprechung angewandt. Nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Leitfadens hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 13. Mai 2014 die Möglichkeit, ein deutliches Zeichen für die Rechte der Internetnutzer zu setzen und entschied sich dagegen. In seiner Entscheidung gegen den Suchmaschinenanbieter „Google“ stellte der Gerichtshof fest, dass das Persönlichkeitsrecht eines Menschen gegenüber dem Recht der Internetnutzer auf Meinungs- und Informationsfreiheit überwiege. Das „Recht auf Vergessen“ im Internet war geboren.

Damit die Idee von der Anwendung der Menschenrechte auch für Internetnutzer langfristig ein Erfolg werden kann, muss der Europarat zwei wesentliche Dinge zukünftig in den Griff bekommen: Die Information der Bürger über ihre Rechte muss konsequenter umgesetzt werden und die Mitgliedsstaaten müssen ihrerseits stärker zur Einhaltung der verabschiedeten Regelungen angehalten werden. Die Anpassung der Rechtsprechung wird dagegen eher eine Frage der Zeit sein. Spätestens wenn es eine Generation von Richtern am EGMR gibt, die schon mit dem Internet groß geworden ist und die digitale Welt nicht als unverständliches Teufelszeug ansieht, werden die Rechte der Internetnutzer auch dort ernst genommen werden.

Games Recht

Gravity Europe SAS muss gesperrte Accounts freigeben

Noch vor dem Zusammenschluss der Dr. Behrmann & Härtel Rechtsanwalts GmbH mit der Kanzlei Kaesler & Kollegen durften wir im Namen eines Mandanten gegen die von Gravity Europe verhängten Sperren gegen zwei Accounts des MMORPG „Ragnarök Online“ vorgehen. Nachdem außergerichtlich jegliche Freigabe vom CEO/COO Stéphane Bonazza persönlich verweigert wurde, obwohl Gravity Europe keinerlei Beweise für den gegenüber unserem Mandanten behaupteten Verstoß vorlegen konnte, musste die Angelegenheit gerichtlich geklärt werden.

Trotz einer französischen Übersetzung der Klageschrift hat man seitens Gravity Europe die Klage offensichtlich nicht ernst genommen und keinerlei Maßnahmen ergriffen sich gegen die Klage zu verteidigen, mit fatalen Folgen. Das Amtsgericht Lichtenberg hat daraufhin unserem Klageanspruch in vollem Umfang entsprochen und Gravity Europe zur Freigabe der gesperrten Accounts sowie zur Zahlung sowohl der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als auch der Kosten des Premium-Services für den Zeitraum der Sperre verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts ist Gravity Europe aufgrund des mit unserem Mandanten abgeschlossenen Vertrages zur Gewährung eines Zugangs zum Spiel verpflichtet. Zwar kann Gravity Europe von dieser Pflicht unter bestimmten Umständen befreit sein, derartige Umstände wurden aber nicht vorgetragen (das Urteil kann hier eingesehen werden). Gravity wäre insoweit auch verpflichtet gewesen, derartige Umstände gerichtsfest zu beweisen, was ihnen außergerichtlich nicht möglich gewesen ist.

Ebenso muss Gravity Europe auch die Prozesskosten des Gerichtsverfahrens tragen, inklusive der Kosten für die französische Übersetzung der Klageschrift. Es stellt sich hier allerdings die Frage, warum man eine französische Übersetzung verlangt, um sich anschließend nicht gegen die Klage zu verteidigen. Gegen das Urteil kann Gravity Europe mittlerweile auch nicht mehr vorgehen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist ist dieses bereits endgültig rechtskräftig geworden.

Am ärgerlichsten dürfte dabei für Gravity Europe sein, dass sie durch ihre Verweigerungshaltung unserem Mandanten insbesondere eine direkte Vollstreckung des Urteils gemäß der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 möglich gemacht haben. Die EG-Verordnung gilt nämlich ausschließlich für unbestrittene Forderungen. Wäre es im Gerichtsverfahren zu einer sogenannten streitigen Entscheidung gekommen, weil sich Gravity Europe gegen die Klage verteidigt hätte, hätte es für eine spätere Vollstreckung einer entsprechenden Entscheidung durch ein französisches Gericht bedurft.

Sollte Gravity daher nicht zeitnah der gerichtlichen Entscheidung nachkommen, wird man sich in Paris schon einmal auf einen Besuch vom Gerichtsvollzieher freuen können.