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Newsseitenbetreiber haftet für Beleidigung durch Nutzer

Erneut hat der EGMR in Sachen des estländischen Newsportals Delfi entschieden.

Delfi AS beschwerte sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dass ihre Rechte auf Meinungsfreiheit unzulässig einschränkt wurden, nachdem estnische Gerichte das Unternehmen für Kommentare seiner Nutzer haftbar gemacht hatte. Diese Kommentare beleidigten einen Betreiber von Fährendiensten, weshalb Delfi AS die Kommentare, nach Kenntnis, auch unverzüglich löschte. Trotzdem machte das „beleidigte“ Unternehmen Schadensersatz geltend.

Der EGMR entschied nun, dass Rechte von Delfi nicht verletzt wurden, indem nationale Gerichte den Betreiber, zu 320 Euro verurteilten. Grund dafür sei, dass, anders als bei reinen Diskussionsforen, es sich um eine professionell betriebene Newsseite handelte und diese, aufgrund der Offensichtlichkeit und Härte der Beleidigungen, verpflichtet gewesen wären, die negativen Kommentare selbst, auf Eigenregie und schneller als nach 6 Wochen zu löschen.

Es stellt sich daher die Frage, ob das Urteil eine fatale Fehlentscheidung ist oder nachvollziehbar ist. Der erste Reflex tendiert hin zu einer Fehlentscheidung. Es gibt aber viele Punkte zu beachten.

– Es handelt sich nicht um ein Forum als solches, sondern um den Kommentarbereich einer Seite. Es kann daher auch kein Ende der Web 2.0 Kultur prophezeit werden, denn es geht nicht um User Generated Content als solches.

– Auch in Deutschland gibt es durchaus vergleichbare Rechtsprechung, beispielsweise unter dem Stichpunkt „Sich zu eigen machen“.

– Es ist nachvollziehbar, einen Betreiber gewisse Pflichten aufzuerlegen, einen Newsbereich zu moderieren und offensichtlich rechtsverletzende Äußerungen zu entfernen. Das hat nichts mit dem Ende der Meinungsfreiheit oder der Pressefreiheit zu tun, sondern ist vielmehr eine Frage der Überwachung von „Gefahrenquellen“, die man als professioneller Betreiber selber geschaffen hat. Hier dürfte, bei einer Handlung nach 6 Wochen, unter Umständen schlicht ein strukturelles Defizit beim Betreiber vorgelegen haben, welches Gerichte sodann mit relativ milden 320,00 Euro „bestraft“ haben.

Die genauen Auswirkungen des Urteils, insbesondere auch auf deutsche Unternehmen, werden wohl in der nächsten Zeit diskutiert werden müssen.

Haben auch Sie Probleme mit Rechtsfragen im Internet? Marian Härtel und sein Team stehen Ihnen gerne zunächst unverbindlich für Fragen zur Verfügung.

Beitragsbild: Didi01  / pixelio.de

 

 

Störerhaftung bei Werbung auf illegaler Tauschbörse

Das folgende Urteil ist zwar schon vom 2. Januar diesen Jahres, ich habe es aber gerade entdeckt und verliere ein paar Worte darüber. Das Landgericht Frankfurt entschied an dem Tag, dass ein Unternehmen, das auf wettbewerbs- bzw. rechtswidrigen Internetseiten wirbt, als Störer wegen des vom Betreiber der Internetseite begangenen Wettbewerbsverstoßes haften kann.

Das Gericht stellt zunächst fest, das Zugänglichmachen indizierter jugendgefährdender, volksverhetzender und gewaltverherrlichender Filme im Wege des Herunterladens aus dem Internet nach dem Jugendschutzgesetz verboten und strafbar ist (§§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 JuSchG). Indem der Betreiber seiner Internetseite das Herunterladen solcher Filme ohne Altersverifikationssystem ermöglichte, handelte er zugleich unlauter im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Denn die Vorschriften aus dem Jugendschutzgesetz haben die Qualität als Marktverhaltensregelung gemäß § 4 Nr. 11 UWG, weil das Jugendschutzgesetz auch die wettbewerblichen Interessen der Verbraucher schützt (BGH Urteil vom 12. 7. 2007 I ZK 18/04 Tz. 35).

Um zum Kern des Problems der Störerhaftung zu kommen, urteilt das Landgericht desweiteren, dass die Antragsgegnerin diesen Wettbewerbsverstoß der Betreiber ausgenutzt hat, indem sie auf deren Website Werbung für ihre Angebote schaltete, und haftet deshalb als Störerin wegen des vom Betreiber der Internetseite begangenen Wettbewerbsverstoßes. Als Störer haftet nämlich auch derjenige auf Unterlassung, der – ohne Täter oder Teilnehmer eines Wettbewerbverstoßes zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes (hier: Jugendschutz) beigetragen hat (BGH NJW 2004, 3102, 3105 und 2007, 2636, 2639). Als Mitwirkungshandlung genügt bereits die Unterstützung oder Ausnutzung der wettbewerbswidrigen Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten.

Interessant auch, dass das Gericht die Frage, ob die Antragsgegnerin darüber hinaus die wettbewerbswidrige Internetseite auch unterstützte, indem sie die Internetseite durch ihre bezahlte Werbung mit finanzierte, offen lies, dafür die Störerhaftung bereits das Ausnutzen einer wettbewerbswidrigen Handlung genüge.

Das Gericht gesteht dem Werbetreibenden zwar eine erstmalige Prüfung nach einer Abmahnung zu, im vorliegenden Fall wurde aber auch nach einer Abmahnung keine Prüfung der betreffenden Webseite durchgeführt und die Werbeschaltungen fortgesetzt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.