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Newsseitenbetreiber haftet für Beleidigung durch Nutzer

Erneut hat der EGMR in Sachen des estländischen Newsportals Delfi entschieden.

Delfi AS beschwerte sich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dass ihre Rechte auf Meinungsfreiheit unzulässig einschränkt wurden, nachdem estnische Gerichte das Unternehmen für Kommentare seiner Nutzer haftbar gemacht hatte. Diese Kommentare beleidigten einen Betreiber von Fährendiensten, weshalb Delfi AS die Kommentare, nach Kenntnis, auch unverzüglich löschte. Trotzdem machte das „beleidigte“ Unternehmen Schadensersatz geltend.

Der EGMR entschied nun, dass Rechte von Delfi nicht verletzt wurden, indem nationale Gerichte den Betreiber, zu 320 Euro verurteilten. Grund dafür sei, dass, anders als bei reinen Diskussionsforen, es sich um eine professionell betriebene Newsseite handelte und diese, aufgrund der Offensichtlichkeit und Härte der Beleidigungen, verpflichtet gewesen wären, die negativen Kommentare selbst, auf Eigenregie und schneller als nach 6 Wochen zu löschen.

Es stellt sich daher die Frage, ob das Urteil eine fatale Fehlentscheidung ist oder nachvollziehbar ist. Der erste Reflex tendiert hin zu einer Fehlentscheidung. Es gibt aber viele Punkte zu beachten.

– Es handelt sich nicht um ein Forum als solches, sondern um den Kommentarbereich einer Seite. Es kann daher auch kein Ende der Web 2.0 Kultur prophezeit werden, denn es geht nicht um User Generated Content als solches.

– Auch in Deutschland gibt es durchaus vergleichbare Rechtsprechung, beispielsweise unter dem Stichpunkt „Sich zu eigen machen“.

– Es ist nachvollziehbar, einen Betreiber gewisse Pflichten aufzuerlegen, einen Newsbereich zu moderieren und offensichtlich rechtsverletzende Äußerungen zu entfernen. Das hat nichts mit dem Ende der Meinungsfreiheit oder der Pressefreiheit zu tun, sondern ist vielmehr eine Frage der Überwachung von „Gefahrenquellen“, die man als professioneller Betreiber selber geschaffen hat. Hier dürfte, bei einer Handlung nach 6 Wochen, unter Umständen schlicht ein strukturelles Defizit beim Betreiber vorgelegen haben, welches Gerichte sodann mit relativ milden 320,00 Euro „bestraft“ haben.

Die genauen Auswirkungen des Urteils, insbesondere auch auf deutsche Unternehmen, werden wohl in der nächsten Zeit diskutiert werden müssen.

Haben auch Sie Probleme mit Rechtsfragen im Internet? Marian Härtel und sein Team stehen Ihnen gerne zunächst unverbindlich für Fragen zur Verfügung.

Beitragsbild: Didi01  / pixelio.de

 

 

Admin-C Haftung bei Vertipperdomains

Erst vor kurzem berichtete ich über dieses Urteil bzgl. der Haftung eines Admin-C bei Markenrechtsverletzungen.

Für den Bereich der Vertipper-Domains sieht das Landgericht Berlin die Sache allerdings anders und stellt den Admin-C auf eine Stufe mit dem Domaininhaber. Dabei erkannten die Richter nicht nur auf eine Mitstörereigenschaft, sondern sprachen sogar Schadensersatz zu. Das Handeln als Admin-C für eine Vielzahl von Domains sahen das Landgericht als fahrlässig an und distanziert sich damit auch argumentativ recht deutlich vom Landgericht Düsseldorf und bürdet diesem Prüfungspflichten auf.

Langsam wird es wohl wirklich einmal Zeit für ein paar mehr höhergerichtliche Urteile….

Keine Haftung des Admin-C für Markenrechtsverletzungen – selbst bei Kenntnis!

Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 03.02.2009 (I-20 U 1/08) entschieden, dass ein Admin-C nicht für Markenrechtsverletzungen haftet, die auf der Webpräsenz der Domain begangen werden. Da der Admin-C nur für das Verhältnis zwischen der DENIC und dem Domaininhaber zuständig sei, könne sich eine Haftung gegenüber Dritten aus dessen Funktion und Aufgabenstellung nicht begründen.

Auch der Umstand, ob der Domaininahber seinen Sitz im In- oder im Ausland habe und ob der Admin-C von der Verletzung Kenntnis habe, spiele für die Bewertung und Einstufung des Admin-C keine Rolle. Aus seiner Stellung ergebe sich insoweit auch bei Kenntnis keine Prüfungspflichten.

Die Frage der Störerhaftung ist allerdings heftig umstritten. Noch am 27.01.2009 hat das Landgericht Stuttgart (41 O 101/08 KfH) entschieden, dass ein Admin-C als Störer für rechtsverletzende Domainregistrierungen hafte. Ähnlich entschieden 2006 das Kammergericht in Berlin (10 W 27/05), das OLG Koblenz (8 U 1842/00) und der 7. Zivilsenat des OLG Hamburg (7 U 137/06), während das Landgericht Düsseldorf in guter Gesellschaft ist mit dem OLG München (29 U 5819/99), dem OLG Stuttgart (2 W 27/03) und dem 5. Zivilsenat des OLG Hamburg (5 U 43/03). Eine Entscheidung des BGH ist also langsam einmal fällig.

Umfassendes Gutachten zum Haftungsregime für Host- und Access-Provider im Bereich der Telemedien

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. hat heute im Rahmen einer Pressekonferenz ein umfassendes Gutachten zum Haftungsregime für Host- und Access-Provider im Bereich der Telemedien vorgestellt. Das Gutachten geht insbesondere auf den Rechtsrahmen für hoheitliche Sperrungsverfügungen (z.B. Kinderpornographie), das System der abgestuften Verantwortlichkeit nach dem Telemediengesetz (TMG) sowie das Phänomen der sog. Internet-Piraterie im Lichte der Forderung der Rechteinhaber nach einer „Graduated Response“ ein und problematisiert, in welchem Verhältnis die unterschiedlichen Sperranforderungen an die Provider zum geltenden Haftungsregime für Host- und Access-Provider stehen.
Im Zusammenhang mit der jugendmedienschutzrechtlichen Haftung kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine Inanspruchnahme von Access-Providern nur im Rahmen einer gesetzlichen Neuregelung und auch dann nur als žultima ratioœ sowie regelmäßig nur für Sachverhalte erfolgen darf, die außerhalb der Europäischen Union liegen. Dementsprechend fordert BVDW-Vizepräsident Matthias Ehrlich eine Klarstellung des Gesetzgebers durch eindeutige gesetzliche Regelungen.

žAccess-Provider sind für Rechtsverletzungen, die im Internet begangen werden, nicht verantwortlich. Sofern der Gesetzgeber dennoch durch Inanspruchnahme der Access-Provider als žNichtstörerœ gegen diese Rechtsverletzungen vorgehen will, kann dies nur auf Grundlage klarer gesetzlicher Regelungen erfolgen. Diese müssen auch eine umfassende Freistellung von Haftungsansprüchen sowie eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Kostenerstattung beinhaltenœ, so Matthias Ehrlich. žWir würden uns wünschen, dass in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine eindeutige und verbindliche rechtliche Einstufung von Informationen als šschwerwiegende Rechtsverletzungen herausragender Rechtsgüter™ vorgenommen wirdœ.

Sperrungen, also die vollständige Verhinderung der Erreichbarkeit eines rechtswidrigen Inhalts im Internet, sind nach Auffassung des BVDW aufgrund der dezentralen Strukturen des Internet nicht möglich. Allenfalls sind Zugangsbeschränkungen realisierbar, die sich jedoch mit einfachsten Mitteln jederzeit umgehen lassen und zudem teils zu erheblichen Kollateralschäden führen können. žBei jeder Maßnahme müssen die betroffenen Grundrechte (z.B. Art. 10, 12, 14 und 5 Grundgesetz (GG)) abgewogen werdenœ, stellt Matthias Ehrlich fest. žZudem gilt es, das Telekommunikationsgeheimnis zu wahren. Für freiwillige netzbasierte žSperrenœ durch Access-Provider sehen wir aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Einhaltung des Telekommunikationsgeheimnisses derzeit keine rechtliche Grundlageœ, so Ehrlich weiter.

Zivilrechtliche Haftung von Host-Providern: Rechtsunsicherheit beseitigen
Das Gutachten legt dar, dass die derzeitige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu wettbewerbs¬rechtlichen Verkehrspflichten und zur Störerhaftung im Immaterialgüterrecht zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Host-Provider führt. Das Verbot der Auferlegung allgemeiner Überwachungspflichten wird nicht ausreichend beachtet. Der BVDW verweist klar auf den Gesetzgeber, dessen Aufgabe es ist, zeitnah eine Klärung der aufgezeigten und weitreichenden Probleme und Haftungsfragen herbeizuführen. Sorgfaltspflichten der Host-Provider müssen durch den Gesetzgeber “ nicht die Rechtsprechung – definiert werden.

žAus unserer Sicht sollte die Haftung der Host-Provider in jedem Einzelfall und für jeden Provider gesondert geprüft und festgestellt werden. Auf dieser Basis kann dann eine abgestufte Inanspruchnahme “ zunächst der unmittelbar verantwortlichen Content-Provider “ erfolgenœ, erklärt Rechtsanwalt Gerd M. Fuchs, Justiziar und Referent Medienpolitik beim BVDW. žWünschenswert wäre zudem eine gesetzliche Bestimmung zur Subsidiarität der Haftung von Host-Providern und die Etablierung eines gesetzlich geregelten žNotice & Takedownœ Verfahrens im Bereich des Immaterialgüterrechtsœ.

Zivilrechtliche Haftung von Access-Providern: kein Raum für žGraduated Responseœ
Das Gutachten kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Rechtsprechung des BGH zur Haftung von Host-Providern nicht auf Access-Provider übertragbar ist. Letztere stellen lediglich die Verbindung zu dem weltweiten Kommunikationsnetz her, ohne dabei in irgendeiner Weise über Inhalte und die Form der Angebote und Webseiten bestimmen zu können und zu wollen. Der Transport fremder Informationen über die Infrastruktur der Access-Provider ist jederzeit inhaltsneutral, d.h. der erbrachte Telekommunikationsdienst erschöpft sich in der technischen Übermittlung von Datenpaketen, ohne dass diese inhaltlich zu qualifizieren wären.

Eine Inanspruchnahme von Access-Providern im Hinblick auf die Verletzung von Immaterialgüterrechten wie bspw. Urheberrechte durch deren Kunden scheidet nach Auffassung des BVDW ebenfalls aus. žHier ist allenfalls die Einführung von allgemeinen Informations- und allgemeinen Aufklärungspflichten gegenüber den Endkunden denkbarœ, so Matthias Ehrlich.

Im Hinblick auf die Haftung der Access-Provider fordert der BVDW eine Klarstellung im Gesetz, dass Access-Provider aufgrund ihrer inhaltsneutralen Tätigkeit generell nicht für Rechtsverletzungen Dritter haften und regt eine gesetzliche Konkretisierung von allgemeinen Informations- und Aufklärungspflichten der Provider gegenüber ihren Kunden an. žIndividuellen Vereinbarungen zwischen Rechteinhabern und Providern “ etwa nach dem französischen und englischen Modell einer žGraduated Responseœ (Olivennes) “ erteilt der BVDW mangels eines gesetzlich geregelten Rahmens unter Interessensabwägung und Ausgleich sämtlicher betroffener Grundrechtspositionen allerdings eine klare Absageœ, unterstreicht Fuchs. žDer neu geschaffene immaterialgüterrechtliche Drittauskunftsanspruch aus $ 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG ermöglicht den Rechteinhabern ein unmittelbares Vorgehen gegen Rechtsverletzer. Weitergehende Schritte ohne Bewertung dieses neuen Instruments der Rechtsverfolgung sind aktuell nicht angebrachtœ, resümiert BVDW-Vizepräsident Matthias Ehrlich.

Das komplette Gutachten kann unter www.bvdw.org/index.php?id=2043 herunter geladen werden.

Haftung für eingebundene Wikipediainhalte

Das Landgericht Hamburg hat am 20.5.2008 ein Urteil gefällt, dass viele Webmaster betreffen dürfte, nämlich all diejenigen, die Wikepedia-Inhalte syndizieren und in ihre eigen Webseite einbauen. Kern des Problems ist die Frage, ob und wann man für diese Inhalte haftet.

Dazu führte das Landgericht aus, dass es weder die journalistische Sorgfaltspflicht verletze, wenn es Inhalte der Wikipedia automatisiert in seine Internetseite eingebunden werden, wenn man keine Veranlassung hat konkrete Artikel von sich aus vorab auf seine rechtliche Unbedenklichkeit zu überprüfen und das keine keine umfassende Prüfungspflicht für einzelne Artikel besteht, wenn diese bereits unter anderen Gesichtspunkten in der Vergangenheit beanstandet wurden. Denn mit einer auf eine konkrete Rechtsverletzung gerichteten Abmahnung mache der Abmahnende deutlich, dass er gerade diese Rechtsverletzung und nicht den Rest des Artikels beanstandet.

Interessant ist des weitere die für das Landgericht Hamburg doch sehr liberale Formulierung wie folgt:

Diese Online-Enzyklopädie žWikipedia“ ist in wesentlichen Grundzügen einem Internetforum vergleichbar. Zwar handelt es sich bei der von der Beklagten in ihre Homepage integrierte Internetseite žWikipedia“ nicht um ein Internetforum im engeren Sinne. Jedoch ist die Online-Enzyklopädie žWikipedia“ einem Forum in wesentlichen Aspekten vergleichbar. Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass es sich bei der Internetseite žWikipedia“ um eine Homepage handelt, bei der von der Betreiberin lediglich Dritten die Plattform und Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird, damit diese selbstverfasste Beiträge hinterlegen können, so dass Jedermann an der žWikipedia“ mitarbeiten, Artikel erstellen und bearbeiten kann, wobei weder eine Vorabkontrolle noch eine nachträgliche Steuerung durch eine zentrale Redaktion stattfindet.

Diese Funktionsweise der Online-Enzyklopädie ist damit in den zentralen Punkten der eines Forums vergleichbar. Auch dort stellt der Forenbetreiber nur einen Rahmen, eine Plattform und Speicherplatz zur Verfügung, damit Dritte selbstverfasste Beiträge hinterlegen können. Auch dort findet regelmäßig keine Vorabkontrolle oder eine nachträgliche Steuerung durch eine Redaktion statt.

Im Unterschied zu einem Forum betrifft die Enzyklopädie žWikipedia“ zwar nicht ein spezielles Themengebiet, sondern naturgemäß eine unüberschaubare Vielzahl von Themen und ist – anders als viele Foren – auf ein dauerhaftes Vorhalten der Beiträge bei ständiger Weiterentwicklung, Anpassung und Veränderung gerichtet. Entscheidend ist aber hinsichtlich der Funktionsweise, dass Jedermann die Möglichkeit eröffnet wird, Inhalte ohne redaktionelle Prüfung einzustellen. Diese Funktionsweise macht die žWikipedia“-Seite sonstigen Internetforen vergleichbar. An einer Online-Enzyklopädie wie der žWikipedia“ besteht auch als solcher ein öffentliches Interesse. Sie ermöglicht einer Vielzahl von Menschen schnellen und aktuellen Zugriff auf Informationen und zwar auch Personen, die nicht über eine umfangreiche gedruckte Enzyklopädie verfügen.

Damit ist hinsichtlich der Beklagten davon auszugehen, dass sie keine eigenen Inhalte verbreitet und auch nicht feststehende Beiträge eines Dritten in ihren Internetauftritt integriert, sondern Inhalte, die darauf ausgerichtet sind, sich durch Veränderung beliebiger Nutzer permanent weiter zu entwickeln und die einem öffentlichen Informationsinteresse dienen. Gründe, die der Beklagten vor diesem Hintergrund einer anlassbezogenen Prüfungspflicht auferlegt hätten sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. In der Einstellung des Angebots žWikipedia“ im Allgemeinen und des angegriffenen Beitrags im Speziellen in das Internetangebot der Beklagten liegt mithin keine Verletzung der journalistischen Sorgfalt.

Den vollständigen Urteilstext gibt es hier.

Grundsätzlich keine Vorabkontrolle für Kommentare in Blogs, außer…

In dem Rechtstreit um den Blog stefan-niggemeier.deund Call-In Sendungen gab es jetzt vom Landgericht Hamburg das lang ersehnte Urteil. Die gute Nachricht zuerst: Das Gericht statuiert grundsätzlich keine Vorabprüfungspflicht für Kommentare in Blogs auf deren Rechtswidrigkeit hin. Leider trifft Stefan Niggemeier hier die Außnahme, in denen die Richter doch eine Vorabprüfungspflicht annahmen, nämlich wenn die veröffentlichten Inhalte besonders anfällig dafür sind, dass es in deren deren Folge zu Rechtsgutverletzungen kommt. Das Gericht führt dazu aus

Dabei ist eine Abwägung vorzunehmen: Je mehr konkreter Anlass zu der Befürchtung besteht, dass es durch Kommentare auf einer Internetseite zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter kommen wird, und je schwerwiegender die zu befürchtenden Verletzungen sind, umso mehr Aufwand muss der Betreiber auf sich nehmen, um die auf seiner Seite eingestellten Kommentare einer persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen (vgl. dazu: OLG Hamburg, a.a.O., Rn. 26).

Es besteht somit ein žgleitender Sorgfaltsmaßstab“ mit einem Spektrum abgestufter Prüfungspflichten: Ist mit großer Sicherheit vorhersehbar, dass es zu schweren Per-önlichkeitsrechtsverletzungen kommen wird, so kann die Prüfpflicht des Betreibers demnach an dem einen Ende des Spektrums bis hin zu einer Dauer- oder Vorabkontrollpflicht anwachsen.

Die Kammer verkennt nicht, dass die sich daraus ggf. ergebenden Überwachungspflichten für die Betreiber von Internetseiten mit erheblichen Belastungen verbunden sein können. Das Erfordernis des soeben beschriebenen gleitenden Sorgfaltsmaßstabes folgt nach Auffassung der Kammer jedoch zwingend aus dem Umstand, dass in der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung zwischen Meinungs- und Medienfreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht andererseits keines dieser Rechtsgüter einen generellen Vorrang beanspruchen kann.

Wer als Betreiber einer Internetseite Speicherplatz für die Veröffentlichung von Kommentaren Dritter zur Verfügung stellt, haftet nach der Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts hinsichtlich des Inhalts dieser Beiträge auf Unterlassung, wenn er ihm insoweit obliegende Prüfpflichten verletzt hat. Nach der einschlägigen BGH Rechtsprechung gelten die Priviligierung der $$ 7 ff. TMG nämlich nicht für Unterlassungsansprüche.

Dementsprechend eigentlich ein erfreuliches Urteil, das ein wenig die Leitrichtung vorgeben könnte.

Portalbetreiber haftet für rechtswidrige Bilder-Uploads

Für alle Portalbetreiber könnte ein neues Urteil des OLG Hamburg interessant sein, auch wenn es vom Inhalt her nicht überraschend ist, liegt doch in der Beurteilung, wenn überhaupt, nur ein geringer Unterschied im rechtswidrigen Upload eines Bildes zu beispielsweise einem rechtswidrigen Forumspost. Das OLG bestätigte jetzt, dass auch eine Haftung für rechtswidrig hochgeladene Bilder vorliegt, interessant somit nicht nur für beispielsweise Screenshots oder Fotos in Social-Networking Communities, sondern unter Umständen auch für Foren, in denen wie selbstverständlich Avatare benutzt werden, die oftmals urheberrechtlich geschützt sind.

Dabei hat das Gericht die Betreiber – hier von Chefkoch.de – nicht nur als Mitstörer gesehen, wie dies beispielsweise bei Ebay und Wettbewerbsverstößen bei Auktionen der Fall sein könnte, sondern ist aufgrund der Tatsache, dass die hochgeladenen Bilder einen Großteil des Inhalts ausmachen, davon ausgegangen, dass die Inhalte sich zu eigen gemacht wurden. Festzuhalten ist daher auch folgende Äußerung im Urteil:

Gegenüber ihrer Inanspruchnahme auf Unterlassung aus $$ 97 Abs. 1, 19a UrhG können sich die Beklagten schon aus rechtssystematischen Gründen nicht auf die Privilegierung des Diensteanbieters für fremde Informationen gemäß $ 10 TMG berufen. Denn diese Vorschrift erfasst nur Schadensersatzansprüche, findet jedoch auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung. Dies hat der BGH zu der inhaltsgleichen Vorgängernorm ($ 11 Satz 1 TDG) ausdrücklich festgestellt (BGH WRP 04, 1287, 1290 – Internet-Versteigerung).

An dieser inzwischen gefestigten Rechtsprechung (BGH GRUR 07, 724, 730 – Meinungsforum) ist festzuhalten (BGH GRUR 07, 707, 709 – Internet-Versteigerung II). Dementsprechend findet insoweit die Vorschrift aus $ 7 Abs. 2 TMG keine Anwendung, da auch die $$ 8, 9 TMG nicht einschlägig sind.

Das Gericht geht auch bei der weiteren Begründung da’cord mit der Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahre 2002 und macht sich große Teil von dessen Begründung auch zu eigen.

Wer nun denkt mit dem Argument „Wollte ich doch gar nicht!“ punkten zu können, erhält eine Abfuhr:

Es mag sein, dass die Beklagten nicht beabsichtigt haben, sich auf ihrer Homepage fremde Inhalte (in rechtlicher Hinsicht) zu Eigen zu machen. Hierauf kommt es bei der rechtlichen Bewertung indes nicht entscheidend an. Denn der Inhalt sowie der Aufbau der Internetseite www.chefkoch.de der Beklagten, wie er unter anderem aus den Anlagen […] ersichtlich ist, vermittelt auch dem verständigen Internetbenutzer einen gegenteiligen Eindruck.

Auch die Meinung, oft rechtlich unerfahrener Betreiber, wenn ich doch sage, dass es fremde Bilder sei, ist nach dem Urhebergesetz irrelevant, wie auch das OLG ausführt:

Die zweitinstanzliche Behauptung der Beklagten, bei jeder Fotografie finde sich ein entsprechender Hinweis, dass das Bild von einer dritten Person, nämlich einem Nutzer des Dienstes eingestellt worden ist, steht in offensichtlichen Widerspruch zu den von den Beklagten selbst eingereichten Unterlagen. Aus dem Anlagenkonvolut B 6 ergibt sich lediglich der Hinweis auf einen „Verfasser“ mit einem Pseudonym. Damit ist indes erkennbar die Erstellung des Rezepts angesprochen.

Zu den Bildrechten hat dieser Hinweis keinen Bezug. Er wäre im Übrigen für die rechtliche Beurteilung auch nicht relevant. Ebenso unerheblich ist, dass es im Rahmen des Gesamtangebots der Beklagten zu 1. auch solche Bereiche geben mag, die stärker als Nutzerforen zu erkennen sind. Darum geht es vorliegend auf der Grundlage des gestellten Antrags nicht entscheidend.

Ein weitere „Eigentor“ von Chefkoch statuiert der Senat gleich darauf

Im Rahmen der Beschreibung ihrer Philosophie und Nutzerbedingungen weist die Beklagte zu 1. – wie aus Anlage K 16 ersichtlich – u. a. daraufhin, dass die Rezepte vor einer Freischaltung von ihrer „Redaktion sorgfältig überprüft“ werden. Die Rezepte werden „von unserer Redaktion gesichtet und auf ihre Richtigkeit sowie Vollständigkeit überprüft“. Auch diese Umstände zeigen, der sich die Beklagte zu 1. die veröffentlichten Inhalte zu Eigen macht. Insbesondere darin unterscheidet sich die Beklagte zu 1. grundlegend z.B. von Betreibern von Internet-Marktplätzen.

aa. Bei einer reinen Veröffentlichung von Drittinformationen wäre eine derartige Prozedur – die nach eigener Angabe der Beklagten zu 1 „aufgrund sehr vieler Einsendungen momentan ein paar Monate“ dauert – ersichtlich unnötig und unverhältnismäßig. Verständlich wird diese Maßnahme unter anderen durch den Eingangssatz „Der Chefkoch Communitiy lebt unter anderem von den Einsendungen der Benutzer selbst“ (Unterstreichung durch den Senat).

Insbesondere folgt dies jedoch aus Ziff. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1., wie sie aus der Anlage K 1 ersichtlich sind: „Der Nutzer erklärt sich einverstanden, dass alle von ihm zur Verfügung gestellten Daten (Rezepte, Bilder, Texte usw.) von Chefkoch selbst oder durch Dritte vervielfältigt und in beliebiger Weise weitergegeben werden dürfen.“

Damit hat sich u. a. die Beklagte zu 1. umfassende eigene Nutzung- und Verwertungsrechte an dem zur Verfügung gestellten Material gesichert. Dieses bietet sie auch Dritten als „erweitertes Angebot“ zur weiteren kommerziellen Nutzung an, wie sich aus der Anlage K 13 ergibt.

Richtiger Weise erkennt der Senat auch, dass es sich bei Chefkoch.de nicht um ein Hosting handelt und somit die Previligierungen der E-Commerce Richtlinie nicht eingreifen:

Die Beklagte zu 1. stellt nicht in erster Linie etwa Dritten Speicherplatz auf ihren Servern zur Verfügung, sondern bindet diese Information aktiv in ihr kommerzielles Angebot ein. Die in der Richtlinie geregelten Sachverhalte betreffen ausschließlich Situationen, in denen der Diensteanbieter sich die betreffenden Informationen gerade nicht selbst zu Eigen macht, sondern sie ausschließlich für Dritte (zwischen)speichert oder weiterleitet.

Einen derartigen Sachverhalt regelt Art. 12 Abs. 1 c der Richtlinie. Diese Vorschrift sieht eine fehlende Verantwortlichkeit des Diensteanbieters nur dann vor, wenn er die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert.

Und abschließend sollten sich beispielsweise große Communities in Zukunft das Argument aus den Kopf schlagen, eine Überprüfung sei ihnen nicht zumutbar. Überzeugend legt das OLG da, dass derjenige, der einen solchen Dienst anbietet und daraus auch den kommerziellen Nutzen zieht, für die Maßnahmen zur Überprüfung eben sorgen muss:

Der Senat teilt ebenfalls die Auffassung der Beklagten nicht, eine Kontrolle der hochgeladenen Lichtbilder sei ihnen weder möglich noch zumutbar. Auch die hieran anknüpfenden Kritik an der zur Störerhaftung entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH WRP 04, 1287 – Internet-Versteigerung) erscheint dem Senat nicht als begründet.

Indem die Beklagte zu 1. auf der Grundlage ihres Geschäftsmodells eine derartige unbegrenzte Möglichkeit Dritten im eigenen kommerziellen Interesse zur Verfügung stellt, hat sie auch die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen und kann sich nicht auf eine faktische Unmöglichkeit berufen.

Auf eine Unzumutbarkeit der Prüfung können sich die Beklagten auch schon deshalb nicht berufen, weil es bereits in insgesamt 4 Fällen zu einer rechtswidrigen Nutzung von Lichtbildern des Klägers auf ihrer Internetseite gekommen ist, sie also hinreichend gesicherte Kenntnis von bereits erfolgten Verletzungshandlungen haben.

Haftung für Kommentare bei Verstoß gegen Prüfpflichten

Das neueste Urteil des Landgericht Hamburg vom 7.12.2007, das erst jetzt bekannt wurde, bringt nicht viel neue Informationen für Betreiber von Webseiten, vielmehr stellt es klar, dass die Rechtsprechung zur Haftung für Äußerungen von Dritten auf der eigenen Webpräsenz weiter gehalten wird.

Danach haftet der Betreiber eines Weblogs für Kommentare Dritter auf Unterlassung, wenn er Prüfpflichten verletzt. Wann dies der Fall ist, wird jedoch eine Einzelfallentscheidung bleiben, das Landgericht Hamburg konkretisiert dabei nur, dass ein „gleitender Sorgfaltsmaßstab“ und ein „Spektrum abgestufter Prüfpflichten“ zu berücksichtigen sei.

Als Maßstab kann dabei vielleicht folgende Leitlinie genommen werden.


Ob und inwieweit dem Betreiber eines Webblogs Prüfpflichten obliegen, ist anlassbezogenen zu beurteilen. Dabei ist eine Abwägung vorzunehmen: Je mehr konkreter Anlass zu der Befürchtung besteht, dass es durch Kommentare auf einer Internetseite zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter kommen wird, und je schwerwiegender die zu befürchtenden Verletzungen sind, umso mehr Aufwand muss der Betreiber auf sich nehmen, um die auf seiner Seite eingestellten Kommentare einer persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen

Im vorliegenden Fall ging es um eine Äußerung zu einer Call-in Sendung, die das ausführende Unternehmen recht deutlich mit Handlungsweisen des Nationssozialismus vergleicht. Die Frage, wann Kommentare gelöscht werden müssen, wann wir zu einer Zensur kommen und wann der Betreiber haftet, wird aber auch in Zukunft eine Gradwanderung bleiben. Bevor man aber allzu schnell „Zensur“ schreit, sollte man sich verdeutlichen dass die Meinungsfreiheit von einem selber in der Regel dort endet, wo Rechte Dritter verletzt werden.

Muss Mama wissen und haften, wenn Sohnemann illegal Downloads tätigt?

Gute Frage, nächste Frage mag man sagen, denn geklärt ist die Sitation leider noch nicht. Momentan scheinen die Gerichte munter unterschiedlich zu entscheiden. Da hilft auch die Reform des Urhebergesetzes nicht, denn es geht um Fragen der Haftung und Kenntniss und nicht darum, ob der Download nun illegal ist.

Ein neues Urteil dazu erreicht uns vom OLG Frankfurt, dessen Leitsätze besorgte Eltern aufatmen lassen könnte:
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