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Abmahnung wegen Speicherung der IP-Adresse durch die Kanzlei Jahn & Rug

Seit neuestem scheinen auch unsere Berufsgenossen der Rechtsanwaltskanzlei Jahn & Rug zu den Mitgliedern unseres Standes zu gehören, die im anscheinend immer attraktiver werdenden Abmahngeschäft zu Geld kommen möchten. Was aber dabei rauskommt, wenn man das ohne einen auf das relevante Rechtgebiet spezialisierten Rechtsanwalt, hier IT-Recht, versucht, können wir uns nicht verkneifen hier einmal darzustellen.

Uns liegen mittlerweile 2 identische Abmahnungen der oben genannten Kanzlei im Namen eines Herrn Jan Weidenbach vor. Darin werden die Inhaber von Internetseiten abgemahnt, weil sie die IP-Adresse ihrer Besucher beim Aufruf der jeweiligen Internetseite gespeichert haben. Die Abmahnungen unterscheiden sich einzig in der Adresse, der angeschriebenen Person, dem Namen der Website und der Uhrzeit, wann der Besuch der Website durch Herrn Weidenbach erfolgt sein soll (Differenz: ganze 12 Minuten).

Die Kollegen mahnen ab, dass die Anbieter von Webseiten als Telemedien-Anbieter nach § 2 Nr. 1 TMG keine personenbezogenen Daten ohne vorherige Einwilligung des Betroffenen gemäß § 12 Abs. 1 TMG speichern dürfen. Als Nachweis dafür legen sie u.a. Orientierungshilfen des hessischen Datenschutzbeauftragten vor, welche 2 Jahre vor Einführung des TMG entstanden sind. Aber auch eine etwas unglückliche Entscheidung des EuGH bzw. einen Nebensatz aus dieser Entscheidung, die im Jahre 2011 tatsächlich für reichliche Irritationen in der Rechtswelt gesorgt hat. Bevor jetzt jedoch Panik unter den Inhabern von Webseiten ausbricht, stellen wir hier mal zwei Dinge klar, die für Rechtsanwälte im Bereich IT-Recht nichts Neues sind, den Kollegen Jahn & Rug aber entgangen sein müssen:

  • Das LG Berlin hat Anfang 2013 ausgeführt, wie aus seiner Sicht der Nebensatz des EuGH in seinem Urteil zu verstehen ist, nämlich das dynamische IP-Adressen allein keinen Rückschluss auf den Nutzer zulassen und daher auch folgerichtig keine personenbezogenen Daten sind, so dass § 12 Abs. 1 TMG bereits gar keine Anwendung finden kann (Urt. v. 31.01.2013 – Az.: 57 S 87/08).
  • Aber selbst wenn man das anders sehen würde, so gewährt § 12 Abs. 1 TMG das Recht zur Speicherung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung, wenn die Speicherung von Gesetzeswegen vorgeschrieben ist. Als Gesetzesvorschrift greift beim Aufrufen der Website § 15 Abs. 1 TMG (so auch der niedersächsische Datenschutzbeauftragte nach Einführung des TMG). Allerdings muss die IP-Adresse nach dem Besuch eventuell unverzüglich wieder gelöscht werden. Fraglich ist jedoch zusätzlich noch, wann der Besuch beendet ist und ob nicht weitere Rechtsgrundlagen bzw. Umstände, für eine längere Speicherung, einschlägig sind.

Das Problem für unsere Kollegen Jahn & Rug ist nun, dass sie bei ihrem Versuch durch vermeintliche Massenabmahnung zu Geld zu kommen ausgerechnet auf eine Kanzlei gestoßen sind, die das TMG sowie die rechtlichen Fragen zum Thema Datenschutz als Schwerpunkt in ihrer Kanzlei anbieten. Hoffentlich lernen unsere Kollegen daraus und verlagern ihre Abmahntätigkeit zukünftig auf die Rechtsgebiete, die Ihnen mehr liegen oder lassen es besser ganz sein. Sollten auch Sie von der Rechtsanwaltskanzlei Jahn & Rug wegen der Speicherung von IP-Adressen abgemahnt worden sein, zögern sie daher nicht sich einen fachkompetenten Rechtsbeistand für die Angelegenheit zu suchen.

 

LG Berlin hält nur ausdrückliche Einwilligungen bei Werbe-Mails für ausreichend

Das Landgericht Berlin (LG Berlin) hat in einer von uns vertretenen Rechtssache entschieden, dass das Zusenden von Werbe-Mails nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des jeweiligen Empfängers erlaubt ist (Einstweilige Verfügung des LG Berlin). Dabei, so das Gericht, sind auch an die ausdrückliche Einwilligung sehr enge Voraussetzungen zu stellen.

Unser Mandant hatte bei der Suche nach seinem privaten Glück in einer Zeitschrift eine Kontaktanzeige geschaltet. Darin bat er interessierte Damen, sich mit ihm auf einen Cocktail zu treffen. Als Kontaktmöglichkeit gab er seine E-Mail-Adresse an. Neben einigen Frauen meldete sich aber auch eine gewerbliche Partnervermittlung über diese E-Mail-Adresse bei ihm. Diese wollte sich natürlich nicht zum Cocktailtrinken treffen, sondern pries unserem Mandanten ihre Dienste an. Unser Mandant hatte daran aber kein Interesse und forderte die Partnervermittlung auf, derartige Mails an ihn zu unterlassen, was diese jedoch ablehnte.

Im anschließenden Gerichtsverfahren lehnte das Amtsgericht Charlottenburg einen Unterlassungsanspruch unseres Mandanten zunächst noch ab. Es war der Ansicht, dass sich aus der geschalteten Kontaktanzeige zumindest eine mutmaßliche Einwilligung gegenüber kommerziellen Partnervermittlern zur Zusendung von entsprechendem Werbematerial ergibt.

Unser Mandant wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen, rief die nächste Instanz an und bekam Recht. Das LG Berlin hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dabei führte es aus, dass

         an eine ausdrückliche Einwilligung hohe Anforderungen zu stellen sind,

         eine mutmaßliche Einwilligung gerade nicht ausreichend ist und

         in unserem konkreten Fall in der Kontaktanzeige weder eine ausdrücklich noch eine mutmaßliche Einwilligung in die Zusendung von Werbe-Mails zu verstehen sei.

Letzteres ergibt sich für das Gericht insbesondere aus dem Zusammenhang. Mit dem Schalten einer privaten Kontaktanzeige bringt der Betreffende gerade eindeutig zum Ausdruck, dass er sich bei der Partnersuche eben nicht eines anderen kommerziellen Partnervermittlers bedienen will.

Das Gericht begründet seine Entscheidung mit § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Das UWG führt zwar eigentlich nur zu Ansprüchen zwischen im Wettbewerb stehenden Unternehmen, nach Ansicht des LG Berlin muss aber gegenüber Verbrauchern das Gleiche gelten. Soweit nämlich § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG für Konkurrenzunternehmen einen Unterlassungsanspruch erkennt, wenn Werbe-Mails ohne vorherige Einwilligung an Verbraucher verschickt werden, dann muss der Verbraucher selbst erst recht einen solchen Unterlassungsanspruch gegen den Versender haben. Dies ergibt aus der belästigenden Wirkung von Werbe-Mails und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines jeden einzelnen.

Europäische Kommission gegen Schweden – Vorratsdatenspeicherung

Der Europäische Gerichtshof hat am vergangenen Donnerstag, den 04. Februar 2010 im Verfahren C 185/09 der Europäischen Kommission gegen Schweden entschieden, dass Schweden den EU-Vertrag verletzt hat, da es die Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung nicht erfüllt hat.

Schweden hat bis jetzt nicht das notwendige nationale Gesetz verabschiedet, mit dem die EU-Richtlinie 2006/24/EC umgesetzt werden soll, oder zumindest nicht mitgeteilt, was es zur Umsetzung der Richtlinie getan hat, so das Gericht. Eine Strafe wurde nicht verhängt.

Nach wie vor hält Schweden jedoch an seinen Zweifeln daran fest, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit nationalem und übrigem EU-Recht vereinbar ist. Die schwedische Justizministerin Beatrice Ask will dementsprechend auch trotz des Urteils noch keinen Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen, bis die Meinungsbildung im Parlament abgeschlossen ist. Auch die designierte schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat angekündigt, überprüfen zu wollen, ob die Richtlinie mit dem übrigen EU-Recht vereinbar ist. Damit ist Schweden der Applaus der Kritiker der Datenschutzrichtlinie sicher.

Beschwerdeschrift wegen Datenschutzproblemen bei Facebook

Die Kollegen von IP-Notiz machen heute auf ein interessantes Webfundstück aufmerksam, in dem sich die Datenschutzaktivisten von der Canadian Internet Policy and Public Interest Clinic, basierend auf den Untersuchungen von drei kanadischen Jurastudenten, über die gravierenden Datenschutzprobleme bei Facebook beschweren.

So wird beispielsweise die Pflichtangabe des Geburtsdatums, ohne Hinweis, wozu dies nötig sei, genauso als kritisch betrachtet wie die Abfrage von Passwörtern von E-Mail-Accounts bei AOL, Hotmail oder anderen Anbietern, um die Importfunktionen von Facebook zu nutzen.

Wer an Datenschutz interessiert ist, sollte einmal einen Blick riskieren.

Darf ein Webseitenbetreiber IP-Adressen speichern?

Für alle Webseitenbetreiber, die Einfluß darauf haben, ob und wie Serverlogs gespeichert werden, dürfte es interessant sein zu wissen, ob es überhaupt zulässig ist, IP-Adressen zu speichern, oder ob es aufgrund des Umstandes, dass diese personenbezogene Daten sein könnten, für Serveradmins Probleme auftreten könnten. Bislang haben leider nur Amts- und Landgerichte dazu Stellung genommen und die Personenbezogenheit der Daten bejaht. Leider ist die Frage höchstrichterlich nicht geklärt, was jedoch endlich einmal nötig wäre, da die Gerichte unterschiedliche Meinungen haben und die bisherigen Urteile keine Grundlagenentscheidung über die Frage darstellen- bzw. darstellen können.

Eine sehr gelungene Zusammenfassung dieser Frage, findet man seit heute als ersten Teil eines Podcasts auf Law-Podcasting.de.