Polternde Anwälte vor Gericht und ihre Niederlagen

Am Dienstag war Termin beim Landgericht Berlin, wegen eines Widerspruches gegen eine einstweilige Verfügung, die wir erstritten hatten. Ein Blick vorher auf die Kanzleiwebseite des Kollegen offenbarte, dass dieser mit Wettbewerbsrecht nicht viel am Hut hatte und eigentlich befürchtete ich das Schlimmste. Nachdem auch der erste Schriftsatz des Kollegen eher zum Schmunzeln anregte, war ich auf den Termin gespannt. Der Richter erläuterte dem Kollegen schulbuchmäßig, warum der Widerspruch keine Chance habe, dass bei einer Behauptung im Internet über einen Konkurrenten der Behauptende die Wahrheit beweisen müsste und stellte ihm sogar anheim, den Widerspruch zurückzunehmen und eine Abschlusserklärung abzugeben.

Der dachte aber, dass es besser wäre, den Richter ständig ins Wort zu fallen, wild zu gestikulieren und von Waffengleichheit zu sprechen und brachte danach sogar noch Unwahrheiten ins Spiel. Nachdem der Richter nicht einmal den Geschäftsführer unserer Mandantin mehr aussagen lassen wollte, war mir klar, dass die Entscheidung eigentlich gefallen war. Das bekam ich jetzt zum Glück auch schriftlich, nämlich dass die einstweilige Verfügung bestätigt wurde.

Richter wollen meist nicht nur erhöht sitzen, sondern – und ich meine meist zu Recht – auch zumindest den Anschein wahren, dass sie der Herr im Saal sind. Das war kein Glanzstück Herr Kollege, aber zum am Ende sind wir noch lange nicht, denn ich befürchte, dass der Gegner, der sogar Strafanzeige wegen der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung androhte, seinen Mandanten auch noch ins Hauptsacheverfahren treibt.

6 Antworten
  1. EchterAnwalt
    EchterAnwalt says:

    „dass sie der Herr im Saal sind“

    Ah ja. Und in dieser Funktion werfen sie dann notfalls auch mal Anwälte aus dem Saal? Ordnungswahrende Funktion: Ja. Herr (oder Dame) im Saal? Naja.

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  2. Marian Härtel
    Marian Härtel says:

    Naja. Am Ende sind Richter schon so etwas wie Vermittler richtig? Sonst hätte man sich ja vorher einigen können. Ich finde es persönlich nicht nur unschön, sondern für den Mandanten auch oft kontraproduktiv, derart aufzutreten.

    Ich weiß dass einige das anders sehen und gerade im Strafrecht es einige starke Beführworter des „bösen Anwaltes“ gibt.

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  3. Achim Flauaus
    Achim Flauaus says:

    Der böse Anwalt im Strafrecht ist ein Vorurteil. Es ist so, daß Strafverteidiger nicht immer nur soft oder vornehm sein können wie ein Wettbewerbsrechtler. Wenn ihnen der Wind entgegenbläßt, wie das im Strafverfahren vorkommt, darf er nicht einknicken. Das ist nicht böse sondern standhaft.

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  4. Helmut Karsten
    Helmut Karsten says:

    WER genau ist der Herr im Gerichtssaal? „Im Namen des Volkes“, so fängt jede Urteilsverkündung an……….
    Der Richter arbeitet nur da. Dass der Ri sich dabei an die StPO halten muss, kann ihm nicht laut (und oft) genug gesagt werden, wenn er’s nicht tut. Für die Auflösung des Rechtsstaats (der eigentlich nie bestanden hat) zeichnet aber alleine die Anwaltschaft verantwortlich.
    Die Diskussion um den „bösen Anwalt“ ist eigentlich schon………..peinlich.
    Sie können meinen Fall googeln

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  5. Marian Härtel
    Marian Härtel says:

    Zum Strafrecht kann ich mangels Erfahrung nicht viel sagen. In Zivilrechtsachen tut man seinen Mandanten aber auf einen Bärendienst, wenn man besonder aggressiv auftritt. Egal wie man die ZPO und deren Rechtsstaatlichkeit sieht: zumindest meine Erfahrung, wenn auch zugegeben erst drei Jahre während, hat aber gezeigt, dass die Richter es nicht sehr schätzen, wenn ihnen jemand ins Wort fällt oder besonders kess auftritt und den Richter scheinbar nicht respektiert.

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  6. Helmut Karsten
    Helmut Karsten says:

    Auch im Zivilrecht. Meine Zivilklage am LG ist mit dem Abbruch der Zeugeneinvernahme und des Grundurteils des Richters entschieden worden. Kein Protokoll, somit hat der Zivilrichter das Protokoll selbst geführt. Dementsprechend sind die Aussagen dann zur Akte gegangen. Mit der Verweigerung der PKH für die Berufung wurde ich dann entgültig abgebügelt. Punkt.
    Genau deshalb habe ich die ganzen Entscheidungen als Dokument auf die HP gescannt. Die Zeugeneinvernahme wurde just dann abgebrochen, als der Ziv.-Ri WUSSTE dass es NUR ein Umkehrurteil (?) zugunsten meiner Notwehr geben kann. Jetzt kann ich einem xxx-vorbestraften Frustschläger Schmerzensgeld zahlen, was ich nätürlich nicht kann, weil mich genau jener Intensivtäter (grundlos) 100% erwerbsunfähig geschlagen hat.Der böse Anwalt würde eigentlich „Mr. 9mm“ heissen müssen….

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