Landgericht Köln entscheidet über "Anwaltszertifizierung"
Die für Wettbewerbssachen zuständige 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln hat gestern durch Urteil eine auf Antrag zweier Kölner Rechtsanwälte erlassene ein-stweilige Verfügung bestätigt, mit welcher im November 2008 die Versendung von Werbeschreiben für bestimmte Fortbildungsveranstaltungen für Rechtsanwälte un-tersagt worden ist.
Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der DEKRA, eine auf Prüfung von Qualität von Produkten und Dienstleistern spezialisierte Gesellschaft, und bietet gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltszentrum, dessen beide Geschäftsführer ebenfalls beklagt sind, Rechtsanwälten die Möglichkeit an, besondere Kenntnisse in einem bestimm-ten Rechtsgebiet gegenüber Mandanten kenntlich zu machen, indem durch schriftli-che Prüfung eine sog. žErstzertifizierungœ erlangt wird. Derzeit bieten die Beklagten Zertifizierungen bzw. Prüfungen unter fachlicher Anleitung von Universitätsprofesso-ren in den Rechtsgebieten Arbeits-, Straf-, Familien- und Erbrecht an. Nach bestan-denem Test erhält der Anwalt zur werblichen Verwendung das entsprechende Zertifikat.
Die zuständige Kammer beurteilt die Werbung eines Rechtsanwalts mit dem ihm er-teilten Zertifikat im wettbewerbsrechtlichen Sinne als irreführend und damit als unzu-lässig. Nach dem maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten müsse die Werbung des žzertifizierten Rechtsanwaltsœ so verstanden werden, dass diesem das Zertifikat auf der Grundlage neutraler, allgemein anerkannter Prüfungsbedingungen unter Beteiligung der betroffenen Fachkrei-se (hier: der Anwaltschaft) erteilt worden ist. Dies folge u.a. aus der Verwendung des Begriffs žZertifikatœ bzw. žZertifiziert im (z.B. Arbeitsrecht)œ. Im Bereich der sog. freien Berufe sei das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise geprägt durch die Bezeichnungen žFachanwaltœ oder žFacharztœ, die ihrerseits darauf verweisen, dass der so auftretende Rechtsanwalt oder Arzt vorgegebene Anforderungen an einen bestimmten Kenntnis- und Erfahrungsstand erfüllt, die von diesen Fachkreisen be-stimmt worden sind und allgemein akzeptiert werden. Im vorliegenden Fall seien aber die Prüfungsbedingungen, die Rechtsanwälte für den Erwerb des Zertifikats erfüllen müssen, allein von den Beklagten unter fachlicher Be-teiligung von Hochschullehrern nach eigenem Gutdünken aufgestellt worden, was das von den geprüften Rechtsanwälten zu verwendende Zertifikat in seiner konkre-ten Form nicht offenbare. Die von den Beklagten praktizierte Werbung war danach, so die Richter, als Förde-rung fremden unlauteren Wettbewerbs zu untersagen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig; es kann Berufung zum Oberlandesgericht Köln eingelegt werden. Zudem handelt es sich um eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes; es kann also ggf. noch ein Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Köln durchgeführt werden.
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