Künstlersozialkasse: Achtung, wenn man einen Künstler anstellt!
Da es mir gerade in die Hände gefallen ist, möchte ich kurz auf ein kleines Rundschreiben, das ich letzten November für Unternehmen aus der Spielebranche verfasst habe, hinweisen und den Inhalt hier zum Besten geben. Gerade junge Unternehmen, die denken, dass ihre Zahlungspflichten erschöpft sind, wenn sie einen Künstler regelmäßig beauftragen und dann bezahlt haben, dürften durchaus überrascht sein, dass die Künstlersozialkasse sodann erneut die Hand aufhält. Der der Text etwas länger ist, findet man diesen ausnahmsweise hinter dem Seitenumbruch, damit die Startseite nicht zu unübersichtlich wird.
Hinweise und Voraussetzungen zu den Zahlungspflichten an die KSK
Aufgrund aktueller Entwicklungen bei der Künstlersozialkasse, sei auf dieses durchaus wichtige Thema hingewiesen, das längst noch nicht allen bekannt ist. Entgeltzahlungen an selbstständige Künstler und Publizisten begründen regelmäßig eine Verpflichtung des Vergütungsschuldners zur Zahlung eines Sozialversicherungsanteils, der so genannten Künstlersozialabgabe.
Im folgenden Schreiben soll die Thematik genauer betrachtet werden.
1. Im Überblick
Zunächst zu den gesetzlichen Voraussetzungen der Abgabe, die sich aus Künstlersozialversicherungsgesetz ergibt.
Danach muss jedes Unternehmen, das regelmäßig künstlerische Leistungen in Auftrag gibt und verwertet, in der Regel auf die gezahlten Entgelte eine Abgabe in Höhe von 5,1% (Abgabesatz für 2007) an die KSK leisten. Entgelt ist gemäß alles, was der Unternehmer aufwenden muss, um das künstlerische Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen. Dazu gehören daher auch alle Auslagen und Nebenkosten, die dem Künstler vergütet werden. Auch das Entgelt für künstlerische Leistungen, die der Schuldner für Rechnung des Künstlers an Dritte leistet gehören dazu, z.b. die Begleichung von durch den Künstler geschuldete Provisionen oder die vom Künstler geschuldete und vom Auftraggeber einbehaltene žAusländersteuerœ, die danach an das zuständige Finanzamt zu begleichen ist.
Unabhängig von ihrer Rechtsform sind Auftraggeber dann abgabepflichtig, wenn sie
1. typischerweise künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen verwerten (z. B. Verlage, Presseagenturen, Theater, Orchester, Chöre, Rundfunk- und Fernsehanstalten, Galerien, Museen etc.), oder
2. Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten erteilen (zur Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen oder um auf andere Weise mit diesen Aufträgen Einnahmen zu erzielen) und dies nicht nur gelegentlich tun.
Es besteht auch dann Abgabepflicht seitens der Verwerter, wenn der Künstler oder Publizist, von dem die Leistung bezogen wird, nicht selber in der KSK (Künstlersozialkasse) versicherungspflichtig ist (z. B. weil er die Tätigkeit nur nebenberuflich bzw. nicht berufsmäßig ausübt oder im Ausland ansässig ist).
Abgabepflichtig sind dabei Zahlungen an natürliche Personen, auch wenn sie als GbR, KG oder OHG organisiert sind. Nicht abgabepflichtig sind hingegen Zahlungen an juristische Personen wie z. B. an eine GmbH. Allerdings ist diese GmbH wiederum abgabepflichtig, wenn diese ihrerseits Aufträge an selbständige Künstler vergibt und diese nicht durch Angestellter selber herstellt.
Nicht abgabepflichtig sind die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer, steuerfreie Aufwandsentschädigungen (z. B. Reise- und Bewirtungskosten) sowie Entgelte, die im Rahmen der so genannten Übungsleiterpauschale in Höhe von 1.848 EUR jährlich steuerfreie Aufwandsentschädigungen sind ($ 3 Nr. 26 EStG).s
2. Im Einzelnen
Ob Zahlungen an die Künstlersozialkasse geleistet werden müssen, hängt neben dem Umstand, ob regelmäßig, und nicht nur bei Gelegenheit, künstlerische Leistungen in Auftrag gegeben werden, davon ab, wie die Urheber (also die einzelnen Grafiker, Soundtechniker, Textschreiber etc) in das Entwicklerstudio eingebunden sind.
Wie das Gesetz ausdrücklich zeigt, ist nur für Entgelte an selbständige Künstler und Publizisten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz die Künstlersozialabgabe zu entrichten. Für Arbeitnehmer besteht die allgemeine Sozialversicherungspflicht mit hälftiger Beitragszahlung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Oft ist es nicht einfach zu entscheiden, ob jemand selbständig tätig oder abhängig beschäftigt ist. Stets kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.
Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit sind laut offiziellen Angaben der KSK:
* keine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit und Ort der Arbeitsleistung,
* eigene Betriebsstätte,
* keine Eingliederung in einen fremden Betrieb,
* Tragung eines Unternehmerrisikos.
Besteht zwischen dem Künstler und dem Entwicklerstudio kein Angestelltenverhältnis, liegt also beispielsweise für einen Textschreiber oder ein Soundkünstler, ein klassisches Auftragsverhältnis vor, in dessen Rahmen künstlerische Leistungen in Auftrag gegeben und verwertet werden, hängt es davon ab, ob diese Leistungen regelmäßig erfolgen. Nach $ 24 II KSVG ist dies nicht der Fall, wenn Unternehmen jährlich drei oder weniger Veranstaltungen mit selbständigen Künstlern und Publizisten organisieren und dafür Eintritt verlangen oder sonst Einnahmen erzielen möchten.
Für den konkreten Fall eines Entwicklerstudio gibt das Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch keinen Anhaltspunkt bzgl. der Auslegung von žgelegentlichœ. Die Auslegung muss daher nach juristischen Maßstäben erfolgen also historisch, nach dem Wortlaut, grammatikalisch und nach Sinn zu Zweck.
Ein historischer Ansatz hilft nicht weiter, grammatikalisch steht die Konkretisierung für Aufführungen direkt hinter dem unbestimmten Rechtsbegriff žgelegentlichœ, was dafür spricht, dass auch in anderen Bereichen auf eine dreifache Auftragserteilung abzustellen ist. Dieses Ergebnis lässt sich zudem mit einer Auslegung nach Sinn und Zweck stützen. Das KSVG will freischaffende Künstler derart absichern, wie es andere andere Beteiligte am Wirtschaftsleben sind. Dabei sollen aber bei einer geringen Anzahl an Aufträgen keine Abgaben fällig sind, da hierbei “ im Regelfall “ auch geringe Summen, bei hohem Verwaltungsaufwand, in Rede stehen.
Auch die Frage, ob bei einem freischaffenden Künstler, z.b. ein Textschreiber, nur ein Auftrag pro Jahr vorliegt oder weit mehr, und somit die Abgabepflicht an die Künstlersozialkasse gegeben ist, ist nach Sinn und Zweck daher vom Umfang des Auftrages im Einzelfall zu beurteilen. Liegt also ein (auf das Kalenderjahr gesehen) einmaliger Auftrag vor, der auch zeitlich beschränkt ist (eine Animation oder einen Text), ergibt sich für das Entwicklerstudio keine Abgabepflicht. Werden jedoch bedeutend mehr Aufträge an freie Künstler abgegeben oder haben auch zwei Aufträge einen Umfang, der insgesamt die Auslegung als žgelegentlichœ nicht mehr zulässt, ergibt sich eine Abgabepflicht.
Auf die Frage, ob der Künstler selber bei der KSK versicherungspflichtig ist, kommt es im Übrigen nicht an auch nicht darauf ob der Künstler seine Leistungen nur nebenberuflich bzw. nicht berufsmäßig anbietet.
Ebenfalls keine Abgabepflicht besteht für die Auftraggeber, wenn das der Auftrag an eine juristische Person in Form einer Kapitalgesellschaft vergeben wird. Ob diese Kapitalgesellschaft wiederum abgabepflichtig ist, hängt davon ab, wie die Künstler wiederum an diese gebunden sind (Angestellter oder freie Künstler).
3. Hinweise und Empfehlungen
1. Eine Abgabepflicht an die Künstlersozialkasse kann vermieden werden, wenn sämtliche urheberrechtlichen Werke inhouse, von angestellten Mitarbeitern, entwickelt werden oder wenn Aufträge nur an juristische Personen vergeben werden. Zu denken ist dann bei Angestellten jedoch an das Anfallen von anderweitigen Sozialabgaben.
2. Die Überprüfung der Künstlersozialabgabe erfolgt seit 1. Juni 2007, als Folge des 3. Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes nicht mehr durch ein kleines Team bei der Künstlersozialkasse, sondern durch die Deutsche Rentenversicherung. Dies hat im praktischen Alltag zur Folge, dass die Kontrollen und Überprüfungen regelmäßiger und strenger werden bzw. geworden sind. Die rund 3.600 Mitarbeiter des Betriebsprüfdienstes der Deutschen Renten-versicherung prüfen bereits heute die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Arbeitgeber. Diese Prüfung erfolgt in einem vierjährigen Turnus. Die Deutsche Rentenversicherung prüft nun zusätzlich, ob und in welcher Höhe Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz besteht.
Die Deutsche Rentenversicherung hat neben der Betriebsprüfung vor Ort ab Mitte des Jahres begonnen, in einer Anschreibeaktion auf die Anmelde- und Beitragspflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz anzusprechen.
Nach der KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung iVm. mit dem KSVG sind Künstler regelmäßig zu Meldungen über ihre Einkünfte und nach $ 5 KSVG-Beitragsüberwachungsverdnung auch zur Vorlage von Unterlagen bzgl. ihren Vertragsbeziehungen verpflichtet, so dass Vertragsbeziehungen mit externen Künstlern selten geheim bleiben werden.
4. Die Künstlersozialkasse bleibt weiterhin zuständig für die Prüfung der Künstlersozial¬abgabe bei Unternehmen ohne Beschäftigte und bei Ausgleichsvereinigungen. Sie behält auch ihre Funktion als Einzugsstelle für die Künstlersozialabgabe. Sämtliche Zahlungen sind daher weiterhin ausschließlich an die Künstlersozialkasse zu leisten.
5. $ 36 des KSVG statuiert umfangreiche Tatbestände für Ordnungswidrigkeiten, die sich beispielsweise aus der Nicht- oder Falschmeldung ergeben und ermöglicht auch bei nur fahrlässigem Handeln Bußgelder von 5000 bis 50.000 Euro. Bei der Verhängung von Bußgeldern steht der Deutschen Rentenversicherung jedoch ein Ermessen zu.
6. Nachdem der Deutsche Industrie- und Handelskammertag im Februar 2007 darauf hingewiesen hat, dass insbesondere vor dem Hintergrund der unklaren schwierigen Abgrenzung von künstlerischen oder publizistischen Leistungen im Sinne des KSVG, die neuen verschärften Bußgeld- und Meldepflichten unverhältnismäßig hart erscheinen, hat nach Auskunft der IHK die KSK zugesagt, dass die Situation derjenigen Unternehmen, die bisher ihrer Abgabepflicht nicht nachkamen im Einzelfall geprüft und dass sehr hohe Bußgelder lediglich in besonders schweren Fällen und bei vorsätzlichem Handeln verhängt werden würden.
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