Initiative für Prozesse auf englischer Sprache in Deutschland
Die Justizministerin von Nordrhein-Westfalen, Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU), und ihr Amtskollege aus Hamburg, Till Steffen (GAL) haben eine Initiative ins Leben gerufen, die das Verhandeln in Wirtschaftsprozessen vor deutschen Gerichten in englischer Sprache ermöglichen soll.
Bisher ist die Gerichtssprache in Deutschland in allen Prozessen gem. § 184 S. 1 GVG deutsch; gem. S. 2 ist einzige Ausnahme sorbisch „in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung“. Dies wollen die beiden Minister ändern und haben hierzu auch den Deutschen Richterbund und den Deutschen Anwaltsverein ins Boot geholt. Als Orientierung dient auch ein Modellversuch des OLG Köln, wo seit Jahresbeginn in Zivilprozessen mündlich auf Englisch verhandelt werden kann, wenn die Parteien dies wünschen und die Streitigkeit einen internationalen Bezug hat. Das OLG Köln sowie die Landgerichte Köln, Bonn und Aachen haben hierfür einen Senat bzw. Kammern eingerichtet. Der Schriftverkehr muss allerdings weiterhin auf Deutsch geführt werden.
Die Vorteile, die diese Möglichkeit verspricht, sind leicht erklärt. Besonders große Prozesse (mit besonders hohen Streitwerten) werden meist im (englischsprachigen) Ausland geführt. Dies liegt oft an entsprechenden Gerichtsstandsvereinbarungen. Trotz des international guten Rufs deutscher Entscheidungen meiden Konzerne die deutsche Justiz, damit nicht eigens für den Prozess alle relevanten Dokumente auf Deutsch übersetzt und Dolmetscher engagiert werden müssen. Hierdurch entgehen der Justizkasse und deutschen Anwälten beträchtliche Einnahmen. Zudem kann es für Unternehmen sogar ein Argument dafür sein, manche streitträchtigen Transaktionen nicht im Zuständigkeitsbereich der deutschen Justiz durchzuführen.
Das Projekt birgt aber naturgemäß auch Gefahren. Nicht nur die sprachlichen Fertigkeiten deutscher Juristen müssen spätestens seit dem berüchtigten Auftritt des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten kritisch geprüft werden. Auch objektiv ist die Sprachbarriere voller Tücken. Manche Begriffe können gar nicht übersetzt werden, andere schon, haben aber im Anglo-amerikanischen Rechtsverständnis eine andere Bedeutung. Schließlich sollte zumindest angedacht werden, ob die tendenziell überlastete deutsche Justiz auch noch Rechtstourismus anziehen möchte.
Vom Standpunkt des Computerspielrechts allerdings kann ich die Initiative nur gutheißen. Es gibt kaum Fälle ohne grenzüberschreitenden Bezug, und mit zunehmender Bedeutung von online-Vertriebswegen wird sich dies nicht ändern. Aus deutscher Sicht ist festzustellen, dass es den hiesigen Unternehmen Rechtssicherheit gäbe, auch im Ausland mehr auf der Basis deutschen Rechts operieren zu können. Schließlich wäre eine gemeinsame Sprache für den europäischen Rechtsraum mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für die juristische Integration zuträglich.
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