§ 19 UStG, Steuerbefreiung oder Steuererleichterung?

§ 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) erlaubt es Unternehmen bis zu einem bestimmten Umsatz keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, im Gegenzug darf sich der Unternehmer die ihm gegenüber geltend gemachte Umsatzsteuer von Dritten nicht beim Finanzamt zurückholen (Vorsteuerabzug). Inwieweit der Wegfall einer Umsatzsteuerleistung gegenüber dem Finanzamt  darauf beruht, dass der Kleinunternehmer von der Umsatzsteuer gänzlich befreit ist oder ob er lediglich in der Entrichtung seiner gesetzlichen Steuern erleichtert wird, scheint dabei zunächst nur eine theoretisch anmutende Frage zu sein. Wenn plötzlich andere gesetzliche Regelungen in einem scheinbaren Widerspruch zu § 19 UStG stehen  kann dies jedoch unangenehme Konsequenzen für die Betroffenen haben. Ein solcher Umstand droht immer dann, wenn andere Gesetze konkrete Verhaltensmaßstäbe für Unternehmer in Bezug auf die Umsatzsteuer festlegen, wie  z.B. § 1 Preisangabenverordnung (PAngV).  Denn auch der Kleinunternehmer ist, wie die Bezeichnung bereits vermuten lässt, natürlich auch ein Unternehmer und damit diesen Regelungen unterworfen. Denn anders als das UStG kennen die anderen gesetzlichen Regelungen wie die PAngV eine besondere Regelung für Kleinunternehmer nicht. Dies hat nicht selten zum Ergebnis, dass der Kleinunternehmer eine ihn bettreffende Vorschrift versehentlich missachtet, was ihn gegenüber Wettbewerbern angreifbar macht. Diese können den Verstoß nämlich u.U. gemäß § 8 i.V.m. § 3, 4 Nr. 11 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) plötzlich für den Kleinunternehmer kostenpflichtig abmahnen.

Im Falle der PAngV stellt sich dabei konkret die oben erwähnte Frage. Nach § 1 PAngV müssen nämlich Preise für Waren oder Dienstleistungen vom anbietenden Unternehmer stets als so genannte Endpreise angegeben werden. Die Formulierung „Endpreis“  umfasst dabei sowohl das Leistungsentgelt als auch den entsprechenden Anteil an der gesetzlichen Umsatzsteuer, weswegen üblicherweise neben dem jeweils ausgewiesenen Preis das kleine Kürzel „inkl. Mwst.“ bzw. „inkl. Ust“ vermerkt wird. Die PAngV unterscheidet dabei aber nicht zwischen Unternehmer und Kleinunternehmer, so dass nun der Kleinunternehmer genau vor dem Problem steht, beinhaltet der von ihm ausgewiesene Preis nun  Umsatzsteuer oder nicht?

Enthielte der Preis Umsatzsteuer, so wäre diese ebenfalls  durch den entsprechenden Zusatz „inkl. Umsatzsteuer“ bzw. „inkl. Mehrwertsteuer“ anzugeben. Fehlt diese Angabe, droht sonst eine kostenpflichtige Abmahnung durch die Konkurrenz. Enthielte der Preis keine Umsatzsteuer, so muss der Kleinunternehmer deutlich machen, dass er keine Umsatzsteuer erhebt, z.B. durch den Zusatz „auf den Preis wird, gemäß § 19 UStG, keine Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer erhoben“. In diesem Fall liefe er bei Angabe des Kürzels „inkl. Mwst.“ bzw. „inkl. Ust.“ sogar Gefahr, seinen Status als Kleinunternehmer aberkannt zu bekommen. In diesem Fall würde er augenblicklich Umsatzsteuer abführen müssen, die er zuvor jedoch nicht gegenüber seinen Kunden im Preis abgerechnet hat.

Gesetzeswidrig ist jedoch in jedem Fall die von einigen Kleinunternehmern angewandte Variante den Preis einfach ohne weitere Hinweise anzugeben. Dies ist nicht nur gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 PAngV ordnungswidrig, sondern auch abmahnfähig. Daher ist von dieser Praxis dringend abzuraten.

Nun aber zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage: Hier hilft ein Blick in den Großkommentar zum UStG, wie ihn jeder gute Steuerberater (aber auch nur der) in seinem Bücherregal zu stehen haben sollte. Dieser teilt dem aufmerksamen Leser mit, dass die Formulierung des § 19 Abs. 1 UStG unglücklicherweise sehr missverständlich formuliert worden ist. Demnach wird die „geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben“, was zunächst wie eine Steuerbefreiung klingt. In § 19 Abs. 2 UStG wird dann aber deutlich, dass eine Steuerbefreiung gerade nicht vom Gesetzgeber gewünscht war. Demnach kann nämlich der Kleinunternehmer bis zur Festsetzung der Besteuerung entscheiden, ob er von der Regelung überhaupt Gebrauch machen möchte. Die Steuer wird dann erst nach Ablauf des Kalenderjahres festgesetzt.  Der Kleinunternehmer kann sich also zunächst auf die Regelung des § 19 Abs. 1 UStG berufen und im gesamten Jahr keine Umsatzsteuer geltend machen, sich nach Abschluss des Jahres jedoch anders entscheiden und für seine gesamten Umsätze Umsatzsteuer bezahlen (im Gegenzug ist er dann auch wieder vorsteuerabzugsberechtigt, was sich mitunter sogar rechnen kann). Wäre der Kleinunternehmer aufgrund seiner ursprünglichen Wahl das gesamte Kalenderjahr von der Steuer befreiet gewesen, so würde nach seiner späterer Entscheidung die Umsatzsteuer quasi rückwirkend für ihn erhoben werden, was systemwidrig wäre, weil dem Abgabenrecht eine solche Rückwirkung fremd ist. Vielmehr handelt es sich bei § 19 UStG um eine Erleichterung für den Kleinunternehmer, der zum einen auf seine Preise nicht stets die gesetzliche Umsatzsteuer hinzurechnen muss und gleichzeitig nicht sämtliche Belege für von ihm gezahlte Umsatzsteuer zum Vorsteuerabzug dokumentieren muss. Darüber hinaus spart sich das Finanzamt ebenfalls einen umfassenden  Arbeitsaufwand, da es die Angaben zur Umsatzsteuer vom Kleinunternehmer ebenso wenig  prüfen muss wie dessen Belege zum Vorsteuerabzug.

Für den Kleinunternehmer bedeutet diese Sachlage, dass er gemäß § 1 PAngV seine Preise tatsächlich stets mit der Angabe „inkl. Mwst.“ bzw. „inkl. Ust.“ versehen muss, denn Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer ist darin tatsächlich enthalten. Darüber hinaus sollte vor dem endgültigen Abschluss eines Vertrages, bei Online-Anbietern, also vor der bindenden Betätigung des Bestell-Buttons, unbedingt darauf hingewiesen werden, dass gemäß § 19 UStG keine Umsatzsteuer an das Finanzamt  abgeführt wird. Dies ist für all diejenigen relevant, die ansonsten vorsteuerabzugsberechtigt wären, denn der Vorsteuerabzug ist nur dann möglich, wenn auch tatsächlich Umsatzsteuer abgeführt worden ist.

Wichtig ist darüber hinaus, dass in der abschließenden Rechnung keine Umsatzsteuer mehr ausgewiesen wird. Denn an dieser Stelle gilt die PAngV nicht mehr, so dass die Angabe einer Umsatzsteuer in der Rechnung zwingend zur Aberkennung des Status als Kleinunternehmer durch die Finanzämter führt.

Ist das Werben auf (potentiell) urheberrechtsverletzenden Internetseiten abmahnfähig?

Schon Orson Welles hatte erkannt: “Recht zu haben ist nur halb so schön, wenn kein anderer Unrecht hat.“ Manchmal reicht es aber bereits aus, wenn man dem anderen nicht habhaft werden kann, um ihm das eigene Recht vorzuhalten. Dies gilt insbesondere, wenn es neben dem Recht an sich, auch noch um eine Menge Geld geht. Dies zeigt sich in den letzten Jahren insbesondere bei Urheberrechtsverletzungen im Internet. Es geht nicht mehr nur darum, die eigentlichen Urheberrechtsverletzer dingfest zu machen, sondern jeden, dem irgendwie eine Verbindung nachgewiesen werden kann. Ob es im Rahmen der Prozesse gegen die Macher von kino.to um die zusätzliche Strafbarkeit der Nutzer beim so genannten Streaming geht (worüber hier bereits ein ausführlicher Blogbeitrag verfasst wurde) oder ob beim Prozess gegen Megaupload die Macher der Seite auch ohne selber rechtswidrige Inhalte hochgeladen zu haben für die Urheberrechtsverletzungen anderer haften sollen, überall sollen alle und jeder in Haftung mit eingeschlossen werden, die sich im weiteren Dunstkreis der Urheberrechtsverletzer bewegt haben. Während in den beiden genannten Fällen die gerichtlichen Entscheidungen noch abzuwarten sind (von der unbegründeten und wohl auch inhaltlich bedenklichen Äußerung eines einzelnen Amtsrichters in Leipzig mal abgesehen) gibt es in einer anderen Frage bereits eine erste gerichtliche Entscheidung.

Im Jahre 2008 hatte das LG Frankfurt a.M. darüber zu entscheiden, ob Unternehmen, die auf Internetseiten mit illegalen Inhalten für sich werben, für die Urheberrechtsverletzungen der Internetseite ebenfalls haften. Um dann in einem kurzen und knappen Urteil zum Ergebnis kommen: Ja. Dies ist insbesondere deshalb interessant, weil der Fall eine ganze Menge komplizierter rechtlicher Probleme aufwirft, die das LG Frankfurt a.M. in seinem Urteil sehr schnell abbügelt.
Zunächst begründet das LG Frankfurt a.M. die Haftung des Werbenden für die Wettbewerbsverletzungen auf der Internetseite mit der angeblichen Störereigenschaft des Werbenden.
Der BGH hat im Jahr 2002 den Begriff des Störers ins Wettbewerbsrecht eingeführt. Demnach haftet im Wettbewerbsrecht derjenige, der „in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beigetragen hat“. Als Mitwirkungshandlung genügt dabei bereits jede Ausnutzung der wettbewerbswidrigen Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten. Gegen einen solchen Störer hat derjenige, der in seinem Urheberecht verletzt worden ist, den gleichen rechtlichen Anspruch wie gegen den Verletzenden selber. In jüngster Zeit ist der BGH aber immer wieder von der Idee der Störerhaftung abgewichen und hat die Haftung von einer täterschaftlichen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten abhängig gemacht. Eine solche täterschaftliche Verletzung liegt dann vor, wenn durch ein Handeln im geschäftlichen Verkehr eine zurechenbare Gefahr eröffnet wird, dass Interessen von Marktteilnehmern verletzt werden, die durch das Wettbewerbsrecht geschützt sind und diese Gefahr nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren begrenzt wird.

Das LG Frankfurt a.M. hat ohne weiter auf den Wandel in der Rechtsprechung des BGH einzugehen, eine Störereigenschaft des Werbenden angenommen. Es führt dazu aus, dass der Werbende seine Werbung deshalb auf der Internetseite geschaltet hat, weil diese eine besondere Popularität genieße. Diese Popularität wiederum begründe sich auf den illegalen Inhalten der Internetseite. Damit hing der Erfolg der Werbung maßgeblich davon ab, dass auf der wettbewerbswidrigen Internetseite eine Vielzahl der illegalen Inhalte heruntergeladen werden konnte. Ausdrücklich außer Betracht lässt das LG Frankfurt a.M. dabei den Umstand, dass der Werbende durch seine Werbung den Betrieb der Internetseite mitfinanziert.

Das LG Frankfurt a.M. lässt bereits hier einige wichtige Punkte außer Acht. Erstens stellt sich natürlich die Frage, ob ein Rechtsinstitut wie die Störerhaftung, welches vom BGH in seiner Rechtsprechung entwickelt wurde, überhaupt noch angewandt werden kann, wenn der BGH davon wieder abrückt. Zumindest hätte sich das LG Frankfurt a.M. in seiner Begründung auch mit der Frage der täterschaftlichen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten auseinandersetzen müssen. Zweitens ist es doch sehr fraglich, ob das Schalten einer Werbung auf Internetseiten mit illegalen Inhalten per se schon zu einer Störerhaftung führen kann. Hier ist insbesondere bzgl. des kausalen Beitrages zur Rechtsverletzung die Ansicht des LG Frankfurt a.M. zweifelhaft. Ein Beitrag ist nämlich immer dann kausal für eine Rechtsverletzung, wenn die Rechtsverletzung erst durch diesen konkreten Beitrag möglich geworden ist. Der Betrieb der illegalen Internetseite ist aber unabhängig von der Schaltung von Werbung möglich. Selbst wenn das LG Frankfurt a.M. die Finanzierung der illegalen Internetseite durch die Werbung nicht außer Betracht gelassen hätte, wäre eine Kausalität des Beitrages eher zweifelhaft. Geht man davon aus, dass jede Form finanzieller Unterstützung unabhängig von ihrem Umfang zu einer Kausalität führt, dann müsste theoretisch auch die Bank des Betreibers der Internetseite haften, wenn sie diesem Zinsen zahlt. Etwas anderes kann nur dann vorliegen, wenn der Betrieb der Internetseite tatsächlich von der Finanzierung eines Einzelnen abhängt. Auch das Ermöglichen eines Zugangs zu den illegalen Inhalten, welches u.U. ein kausaler Beitrag sein könnte (z.B. Link-Haftung, vom BGH 2010 im Fall Heise gegen die Musikindustrie wegen der Pressefreiheit als höherem Rechtsgut aber abgelehnt), liegt nicht vor. Anders läge es nur, wenn die Internetseite wegen der Werbung aufgerufen werden würde und der Internetnutzer dadurch auf die illegalen Inhalte der Internetseite erst aufmerksam gemacht werden würde, aber das ist wohl fern jeder Lebensrealität.

Des Weiteren übersieht das LG Frankfurt a.M. die fehlende Möglichkeit der Verhinderung durch den Werbenden. Würde man eine Haftung unabhängig von der Möglichkeit der Verhinderung annehmen, dann würde der Werbende z.B. auch für eine Verletzung der Impressumspflicht nach § 5 TMG haften! Der Werbende selber kann jedoch die Verstöße gegen das Urheberrecht durch den Betreiber der Internetseite gar nicht verhindern. Selbst wenn der Werbende seine Werbung nicht weiter auf der illegalen Internetseite schaltet, so wird die Urheberrechtsverletzung dadurch gerade nicht beendet. Es ist auch nicht Aufgabe des Werbenden gegen die Urheberrechtsverstöße der Betreiber der Internetseite gerichtlich vorzugehen, das ist allein die Aufgabe des in seinem Urheberrecht Verletzten.
Aber auch unter dem Gesichtspunkt der täterschaftlichen Verletzung von wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten fällt es schwer eine Haftung des Werbenden zu begründen. Für eine Haftung müsste der Handelnde nämlich, nach dem Prinzip der wettbewerbsrechtlichen Haftung erst ab Kenntnis des Verstoßes, vorsätzlich handeln. Vorsätzlich wird hier aber lediglich die Werbung geschaltet. Durch die Werbung entsteht jedoch nicht automatisch eine Gefahr für Wettbewerbsrechte Dritter. Wäre dem so, wäre Werbung im Allgemeinen ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
Im Ergebnis scheint nicht nur die Begründung des LG Frankfurt a.M. für die Störereigenschaft des Werbenden deutlich zu kurz geraten sein, sie ist so pauschal wohl auch nicht mit geltendem Recht vereinbar. Vielmehr muss der Werbende auf den Verletzer von Urheberrechten zumindest insoweit tatsächliche Einflussmöglichkeiten haben, als dass er die Verletzung selber unterbinden kann oder die Verletzung zumindest erheblich erschwert.

Darüber hinaus musste sich das LG Frankfurt a.M. mit der Frage auseinandersetzen, welchen Prüfungsumfang eine Abmahnung wegen Werbung auf Internetseiten mit illegalen Inhalten beim Werbenden auslöst. Insbesondere, ob der Werbende lediglich die beanstandete Werbung von der illegalen Internetseite entfernen muss oder ob der Werbende auch alle Werbungen von ähnlichen Seiten entfernen lassen muss.

Das LG Frankfurt a.M. kam im Ergebnis zu einer umfangreichen Prüfungspflicht aller Werbungen, die durch den Werbenden geschaltet wurden.
Auch hier ist die Entscheidung des LG Frankfurt a.M. zumindest diskussionswürdig. Zum einen wird die umfangreiche Prüfungspflicht vom LG Frankfurt a.M. in keiner Weise näher begründet zum anderen führt diese Ansicht zu in der Praxis unhaltbaren Zuständen.

In der Praxis schaltet der Werbende die Werbung nicht zwangsläufig selber, sondern z.B. unter der Zuhilfenahme einzelner Mittler. Es ist für den Werbenden deshalb u.U. nicht einmal bekannt, wo er tatsächlich überall Werbungen geschaltet hat. Darüber hinaus ist der Umfang von Werbemaßnahmen teilweise riesig, die vom LG Frankfurt a.M. angenommene Prüfungspflicht wäre demnach nahezu uferlos. Insbesondere weil dem Werbenden eine Schaltung von Filtersystemen oder anderen technischen Lösungen auf der Internetseite gerade nicht möglich ist. Er müsste jede Werbung quasi eigenhändig überwachen. Außerdem müsste der Werbende seiner Werbeabteilung eine eigene Rechtsabteilung angliedern, die die Internetseiten auf Wettbewerbsverstöße untersuchen müsste. Im Lichte der Rechtsprechung des BGH zur täterschaftlichen Verletzung von wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten, die anders als die Störerhaftung auch einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch begründet, wäre der Werbende sogar gezwungen alle Internetseiten, auf denen er Werbungen geschaltet hat, rund um die Uhr überwachen, um seine Haftung ausschließen zu können. Würde man diese Prüfungspflichten nicht sachgerecht begrenzen, wäre dies das Ende der Werbung im Internet.
Und auch wenn man eine Mitwirkung des Werbenden bzgl. der Verletzung des Wettbewerbsrechts annehmen würde, so stünde eine derart umfangreiche Prüfungspflicht nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Mitwirkungsgrad des Werbenden an der Verletzung. Dieser ist nämlich wie bereits dargelegt nur minimal.
Alles in allem hat das LG Frankfurt a.M. seine Rechtsansicht nicht nur unzureichend begründet, es darf auch bezweifelt werden, dass eine Haftung des Werbenden oder eine umfangreiche Prüfungspflicht überhaupt so ohne weiteres entstehen kann. Aus diesem Grund ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass das Berufungsverfahren beim OLG Frankfurt a.M. unter dem Aktenzeichen 6 U 36/08 läuft.

Es bleibt zu hoffen, dass das OLG Frankfurt a.M. der Ansicht des LG nicht folgen wird. Wie dargelegt, gibt es im deutschen Recht keine Grundlage für eine Haftung des Werbenden für illegale Inhalte einer Internetseite, weder nach dem Prinzip der Störerhaftung noch nach der neueren Rechtsprechung des BGH. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Werbende auf den illegalen Inhalt der Internetseite aufmerksam gemacht worden ist, weil auch die Haftung nach Kenntnis der Urheberrechtsverletzung nur für den Täter bzw. Störer gilt und nicht unbegrenzt für jeden. Sollte noch nicht einmal feststehen, dass die Inhalte auf der Internetseite tatsächlich illegal sind, ist eine Haftung des Werbenden erstrecht ausgeschlossen. Schlussendlich muss auch im Urheberrecht der Anspruch gegenüber dem richtigen Anspruchsgegner geltend gemacht werden und das ist stets derjenige, welcher den Urheberrechtsverstoß begeht. Der Umstand, dass die Täter schwer bis gar nicht zu erwischen sind, kann unmöglich die Haftung auf nicht verletzende Dritte ausweiten. Auch wenn das Recht dann nur noch halb so schön ist.

Vielen Dank für die Mitarbeit geht an den Rechtsreferendar Dominik Büttner.

Abmahnkosten als Kriegskasse in der Spielebranche

Letztens habe ich mit einem Mandanten über eine sehr lustige Werbekampagne für sein neues Spiel gesprochen und ob diese nicht gegen Wettbewerbsrecht oder Markenrechten verstößt. Das Problem an der Sache ist, dass meine Antwort sein muss, dass es unter Umständen kritisch zu bewerten ist und man mit einer Abmahnung rechnen müsse, da in diesen Bereichen noch keine klare Rechtsprechung existiert bzw. die Entscheidung im Instanzenweg nur schwer zu prognostizieren ist.

Interessant ist, worauf man sich dann verständigt hat, nämlich dass es unter Umständen wert sein kann, es auch zu riskieren und eventuell eine Abmahnung zu kassieren, die Kosten dafür jedoch als „Kriegskasse“ zu verbuchen.

Das ist ein Verfahren, welche man sonst nur von großen Unternehmen mit riesigen Werbebudgets gewohnt ist, das aber mit in der Spielebranche aber neu ist.

Blizzard vs. Bossland, die nächste Runde

Es gibt wieder eine neue Runde in der Sache Blizzard Entertainment Inc. gegen die Bossland GmbH wegen Bots in World of Warcraft.

– Die Duplik (also die Antwort auf die Replik von Blizzard) wurde heute fertiggestellt und an das Landgericht Hamburg geschickt. So langsam dürfte auch dem Vorsitzenden Richter klar sein, dass der Tatsachenstoff und die rechtlichen Erwägungen alles andere als trivial und gelöst sind. Man darf auf das Urteil (vor allem den Umfang) gespannt sein.

– Erster Termin für die Sache ist terminiert auf den 28. Februar 2012 in Hamburg. Leider wurde auf merkwürdige 15:00 terminiert, was mich wiederum zweifeln lässt, ob dem Richter tatsächlich klar, wie unklar und umfangreich der Tatsachenstoff aber auch die Rechtsfragen sind

– Gleichzeitig wird die Bossland GmbH ein weiteres, separates Verfahren anstrengen, um feststellen zu lassen, dass die AGB von Blizzard, zumindest in großen Teilen, nicht wirksam in die Verträge mit den Nutzern eingebunden wurden bzw. aufgrund der massiven Rechtsverstöße keine Rechtswirkungen entfalten. Das Verfahren wird aber nicht in Hamburg geführt werden.

– Es wird ein wissenschaftliches Gutachten von uns vorgelegt werden, ob, und wenn wie, die Wirtschaft im Spiel von Botnutzern beeinträchtigt wird und ob andere Effekte, beispielsweise Patches, Foren etc. nicht wesentlich größere Auswirkungen haben.

Mit Zustimmung der Bossland GmbH findet man hier die Duplik.

Bots und Onlinespiele: Eine Sache für den BGH?

Nach langer Zeit soll es nun endlich wieder weitergehen auf dem Blog, den ich inzwischen mit der Kanzleiseite zusammengelegt habe.

Einer der Gründe für die lange Abwesenheit war sicherlich einer unserer sicherlich größten Fälle bisher, in dem unser Mandant vom Onlinespielehersteller Blizzard auf eine 6stellige Summe sowie Unterlassung verklärt worden ist. Unsere Mandantin veröffentlicht und verkauft nämlich Zusatzprogramme für das Onlinerollenspiel „World of Warcraft“, ein Spiel bei dem monatliche Gebühren für die Nutzung fällig werden.

Da die Akte, nach nur der Klageschrift und der Klageerwiderung samt Anlagen bereit einen ganzen Leitzordner füllt, kann der Umfang der Streitpunkte erahnt werden. Der Fall beinhaltet zum großen Teil unentschiedene Rechtsprobleme des Internet und des Wettbewerbsrechte im Zusammenhang mit den Problemkreisen „Anstiftung zum Vertragsbruch“, „Wirksamkeit von EULA bei offline gekauften Computerspielen“, „Klarheit von AGB/überraschende Klauseln“ und „Gleichheitsgrundsätze in AGB, Verträgen, UWG“.

Es ist anzunehmen, dass die Rechtsthematik derart kompliziert ist und gleichzeitig wegweisend für eine gesamte Branche sein dürfte, dass wir uns mit diesem Problem wohl in einigen Jahren in Karlsruhe wiederfinden werden. Bis dahin dürfte die Akte wohl auf 5-6 Leitzordner angewachsen sein, aber ich muss es dann ja nicht von Anfang an lesen 😉

Einer Zusammenfassung der Rechtsprobleme und des Streitstandes wird es voraussichtlich morgen geben.

Sich mit fremden Federn schmücken

Mandantin schickt uns eine Werbung zu, auf der sich wunderbar ausgebreitet eine Liste befindet, wer zu den Kunden des Werbetreibenden gehört. Mitten dabei: Unser eMandantin.

Das ist insofern seltsam, als dass unsere Mandantin noch nie von dem Werbenden gehört hat und von dem Flyer sehr überrascht war, als dieser im Briefkasten Einzug fand.

Ob es sich dabei nun um eine raffinierte Masche handelt, um neue Kunden anzulockebn oder um einen Fehler, kann uns eigentlich egal sein, auch wenn ich auf das Antwortschreiben auf unsere Abmahnung hin gespannt bin. Der Wettbewerb in der Gebäudereinigungsbranche scheint aber groß zu sein, da bin ich ja fast froh, dass uns Anwälten eine ähnliche Werbung reichlich erschwert ist.

Antrag auf einst(lang)weilige Verfügung *grml*

Vor über zwei Wochen haben wir für eine Mandantin einem Antrag auf einstweilige Verfügung bei einen Landgericht in der eher nördlichen Hemisphäre eingereicht. Nach einer Woche fragten wir nach, was denn aus dem Antrag geworden sei und stellten zunächst fest, dass dieser bereits durch drei verschiedene Kammern „gewandert“ sein muss. Es kosteet einer unserer ReFas jedenfalls 30 Minuten um überhaupt das Aktenzeichen herauszufinden.

Einen Tag später bekam ich einen Anruf von dem nun wohl zuständigen Richter, dass er Bedenke habe, die Verfügung zu erlassen und was ich nun mache wolle. Ich musste mich natürlich mit der Mandantin absprechen und die entschied sich, die Sache weiterzuverfolgen, weswegen wir 2 Tage später einige Erläuterungen und Klarstellungen nachschickten und um rechtsmittelfähige Entscheidung baten.

Inzwischen warten wir schon wieder über eine Woche auf eine Antwort des Landgerichts. Wenn ich jetzt etwas von fehlender Eilbedürftigkeit in einen zurückweisenden Beschluss lese, werde ich mich wohl zusammenreißen müssen. Ich verstehe ja die Überlastung der Gerichte, aber unsere Mandantin kann sicher nichts dafür und die diffamierenden Inhalte stehen weiterhin fröhlich im Internet.

Das Landgericht Berlin, Bannwellen von World of Warcraft Bots und das Wettbewerbsrecht

Wie das Landgericht Berlin mit Urteil vom 24.8.2010 entschieden hat, ist das Behaupten der Existenz von Bannwellen eines Bots für World of Warcraft, ohne dass diese Tatsache bewiesen werden kann, wettbewerbswidrig. Ein Verweis auf Internetforen, in denen über einzelne Bans berichtet wird, sei zum einen nicht als Beweis geeignet und zum anderen keine Grundlage dafür dass es nicht nur vereinzelte Bans, sondern ganze „Bannwellen“ gegeben hat.

Das Urteil, womit die einstweilige Verfügung, die unsere Mandantin erstritt, bestätigt wurde, ist eines der wenigen, die sich mit der spezifischen Botproblematik in Onlinespielen überhaupt auseinandersetzen, auch wenn es im Kern um standardisierte Rechtsprobleme aus dem UWG geht.

Auch in einem Wirtschaftsbereich, der von vielen noch als „Spiel“ bezeichnet wird, muss sich an die juristischen „Spielregeln“ in Deutschland gehalten werden.

  • Zum Volltext
  • Positives Urteil, aber Bots für WoW sind für die Richter trotzdem seltsam

    Das Landgericht Berlin hat ein eine einstweilige Verfügung von uns bestätigt, die es einen Konkurrenten unserer Mandantin untersagt zu behaupten, dass der Bot unserer Mandanten, für World of Warcraft, Bannwellen gehabt habe.

    Trotz des für uns positiven Ausganges des einstweiligen Verfügungsverfahrens, haben die Richter jedoch ihr, geschickt unterschwellig, ihr Unverständnis Spieler von Onlinespielen, die Bots benutzen, ausgedrückt.

    […] Die – unzutreffende – Behauptung Nutzer des Programmes XXXX seien in der Vergangenheit mit Sperren belegt worden, ist schließlich auch geeignet, die Wertschätzung, die die angesprochenen Verkehrskreise der Anstragsstellerin bzw. den von ihr vertriebenen Produkten entgegenbringen, zu beeinträchtigen, da naheliegt, dass Nutzer, die sich in einem Maße für das Spiel „World of Warcraft“ interessieren, dass sie dazu bereit sind, Geld in die von den Parteien vertriebenen Programme zu investieren, eine – drohende – Sperrung ihres Accounts als ernstzunehmende Beeinträchtigung ihres Freizeitvergnügens empfinden.

    Da da Urteil des Landgerichts Berlin sehr gut geworden ist und endlich einmal Richter sich mit Computerspielen beschäftigt haben, veröffentliche ich das ganze Urteil so schnell wie möglich.

    Polternde Anwälte vor Gericht und ihre Niederlagen

    Am Dienstag war Termin beim Landgericht Berlin, wegen eines Widerspruches gegen eine einstweilige Verfügung, die wir erstritten hatten. Ein Blick vorher auf die Kanzleiwebseite des Kollegen offenbarte, dass dieser mit Wettbewerbsrecht nicht viel am Hut hatte und eigentlich befürchtete ich das Schlimmste. Nachdem auch der erste Schriftsatz des Kollegen eher zum Schmunzeln anregte, war ich auf den Termin gespannt. Der Richter erläuterte dem Kollegen schulbuchmäßig, warum der Widerspruch keine Chance habe, dass bei einer Behauptung im Internet über einen Konkurrenten der Behauptende die Wahrheit beweisen müsste und stellte ihm sogar anheim, den Widerspruch zurückzunehmen und eine Abschlusserklärung abzugeben.

    Der dachte aber, dass es besser wäre, den Richter ständig ins Wort zu fallen, wild zu gestikulieren und von Waffengleichheit zu sprechen und brachte danach sogar noch Unwahrheiten ins Spiel. Nachdem der Richter nicht einmal den Geschäftsführer unserer Mandantin mehr aussagen lassen wollte, war mir klar, dass die Entscheidung eigentlich gefallen war. Das bekam ich jetzt zum Glück auch schriftlich, nämlich dass die einstweilige Verfügung bestätigt wurde.

    Richter wollen meist nicht nur erhöht sitzen, sondern – und ich meine meist zu Recht – auch zumindest den Anschein wahren, dass sie der Herr im Saal sind. Das war kein Glanzstück Herr Kollege, aber zum am Ende sind wir noch lange nicht, denn ich befürchte, dass der Gegner, der sogar Strafanzeige wegen der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung androhte, seinen Mandanten auch noch ins Hauptsacheverfahren treibt.