Games Recht

Gravity Europe SAS muss gesperrte Accounts freigeben

Noch vor dem Zusammenschluss der Dr. Behrmann & Härtel Rechtsanwalts GmbH mit der Kanzlei Kaesler & Kollegen durften wir im Namen eines Mandanten gegen die von Gravity Europe verhängten Sperren gegen zwei Accounts des MMORPG „Ragnarök Online“ vorgehen. Nachdem außergerichtlich jegliche Freigabe vom CEO/COO Stéphane Bonazza persönlich verweigert wurde, obwohl Gravity Europe keinerlei Beweise für den gegenüber unserem Mandanten behaupteten Verstoß vorlegen konnte, musste die Angelegenheit gerichtlich geklärt werden.

Trotz einer französischen Übersetzung der Klageschrift hat man seitens Gravity Europe die Klage offensichtlich nicht ernst genommen und keinerlei Maßnahmen ergriffen sich gegen die Klage zu verteidigen, mit fatalen Folgen. Das Amtsgericht Lichtenberg hat daraufhin unserem Klageanspruch in vollem Umfang entsprochen und Gravity Europe zur Freigabe der gesperrten Accounts sowie zur Zahlung sowohl der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als auch der Kosten des Premium-Services für den Zeitraum der Sperre verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts ist Gravity Europe aufgrund des mit unserem Mandanten abgeschlossenen Vertrages zur Gewährung eines Zugangs zum Spiel verpflichtet. Zwar kann Gravity Europe von dieser Pflicht unter bestimmten Umständen befreit sein, derartige Umstände wurden aber nicht vorgetragen (das Urteil kann hier eingesehen werden). Gravity wäre insoweit auch verpflichtet gewesen, derartige Umstände gerichtsfest zu beweisen, was ihnen außergerichtlich nicht möglich gewesen ist.

Ebenso muss Gravity Europe auch die Prozesskosten des Gerichtsverfahrens tragen, inklusive der Kosten für die französische Übersetzung der Klageschrift. Es stellt sich hier allerdings die Frage, warum man eine französische Übersetzung verlangt, um sich anschließend nicht gegen die Klage zu verteidigen. Gegen das Urteil kann Gravity Europe mittlerweile auch nicht mehr vorgehen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist ist dieses bereits endgültig rechtskräftig geworden.

Am ärgerlichsten dürfte dabei für Gravity Europe sein, dass sie durch ihre Verweigerungshaltung unserem Mandanten insbesondere eine direkte Vollstreckung des Urteils gemäß der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 möglich gemacht haben. Die EG-Verordnung gilt nämlich ausschließlich für unbestrittene Forderungen. Wäre es im Gerichtsverfahren zu einer sogenannten streitigen Entscheidung gekommen, weil sich Gravity Europe gegen die Klage verteidigt hätte, hätte es für eine spätere Vollstreckung einer entsprechenden Entscheidung durch ein französisches Gericht bedurft.

Sollte Gravity daher nicht zeitnah der gerichtlichen Entscheidung nachkommen, wird man sich in Paris schon einmal auf einen Besuch vom Gerichtsvollzieher freuen können.

Fotolia_53680702_Subscription_Monthly_M

Neubesetzung EU-Kommission/Ressort Digitale Wirtschaft: Umfrage in der Computerspielbranche

Die Kanzlei Kaesler & Kollegen vertritt seit 20 Jahren die Interessen ihrer Mandanten in Brüssel und begleitet die dortige politische Willensbildung. Aufgrund ihrer langjährigen guten Kontakte, verfügt sie über ein vitales Netzwerk sowohl in der Europäischen Kommission, als auch im Europäischen Parlament.

Dieses Netzwerk wird regelmäßig eingesetzt, um Mandanten mit Blick auf künftige Gesetzesvorhaben zu sensibilisieren und die Interessen und das Know-How der Mandanten in die politische Willensbildung mit einzubringen. Ziel ist dabei immer die abstrakte Gesetzgebung an den praktischen Bedürfnissen und Notwendigkeiten auszurichten und damit gleichsam die Geschäftstätigkeit der Mandanten zu unterstützen und sie in Compliance zu den europäischen Regelungen zu bringen.

Im Zuge des Zusammengangs der Anwälte Marian Härtel und Dominik Büttner aus der Kanzlei Dr. Behrmann & Härtel mit der Kanzlei  Kaesler & Kollegen, wird ein Schwerpunkt der gemeinsamen Tätigkeit im Practice- Bereich IT-Recht, insbesondere im Games-Recht liegen.  Rechtsanwalt Marian Härtel ist in diesem Bereich sehr erfahren und als Senior Rechtsanwalt Ihr Ansprechpartner.

Durch die Verschmelzung der Kompetenzen beider Kanzleien vertreten wir die Interessen von internationalen Unternehmen im Bereich der Computerspiele nicht nur in Deutschland, sondern nunmehr auch in Brüssel.

Mit Blick auf die Neubesetzung der Europäischen Kommission und die Schaffung des Ressorts „Digitale Wirtschaft“ eröffnen sich neue Möglichkeiten für den Games-Bereich. In diesem Sinne ist es uns wichtig, die Sorgen und Hoffnungen der Gamesbranche direkt von den betreffenden Unternehmen oder Spielern zu hören.

Wir wären daher dankbar, wenn uns Informationen an haertel@kaesler.eu zu folgenden Fragen geschickt werden könnten.

  • Welche Gesetzesvorhaben/Entwicklungen beunruhigen Sie aktuell am meisten?
  • Welche gesetzliche Regelung vermissen Sie in Europa?
  • Welche Unterstützung von der EU vermissen Sie bzw. wünschen Sie sich?
  • Welche juristischen Regelungen/Gegebenheiten beinträchtigen Ihr Unternehmen aktuell am meisten? Bzw. welche fehlenden Regelungen beeinträchtigen Ihr Unternehmen?
  • Welche Fördermöglichkeiten wünschen Sie sich in welchen Ländern oder europaweit?
  • Welche Ungleichbehandlung gegenüber außereuropäischen Unternehmen beinträchtigen Sie?
  • Welche Entwicklungen/Gesetzesvorhaben halten Sie für Fehlentwicklungen bzw. fürchten Sie könnten Ihr Unternehmen in Zukunft beeinträchtigen oder besondere Kosten verursachen?

Gerne können Sie zu allen Fragen Stellung nehmen oder nur zu einzelnen. Sämtliche Information werden von uns absolut diskret im Rahmen anwaltlicher Vertraulichkeit behandelt, niemals an dritte Personen weitergegeben und, außer in abstrakter Art und Weise, auch nicht an politische Institutionen weitergeben, es sei denn, Sie geben dazu Ihr ausdrückliches Einverständnis.

© mindscanner - Fotolia.com

Pflicht zur Unterbindung von Proxy-Servern und VPNs

© mindscanner - Fotolia.comDas LG Hamburg hat in einem Ordnungsmittelverfahren seine Unkenntnisse bzgl. des heutigen Stands der Technik im Internet erneut offengelegt.

Nachdem das LG Hamburg einem Unternehmen das Anbieten seiner Software in Deutschland im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt hatte, richtete dieses eine Sperre für IP-Adressen aus Deutschland ein und nahm keine Zahlungen mehr an, die aus Deutschland erfolgten. Auf diese Weise wollte es sicherstellen, dass es insoweit zwar dem gerichtlichen Verbot für Deutschland entsprach, das Angebot aber außerhalb Deutschlands weiterhin legal betrieben werden konnte. In dem oben erwähnten Ordnungsmittelverfahren stellte das Gericht nun fest, dass die getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend für eine Einhaltung des Verbots wären, weil insbesondere durch die Nutzung ausländischer Proxy-Server oder VPNs die eingerichtete Sperre zweifelsohne umgangen werden könnte.

Ohne überhaupt auf die möglichen Unterschiede zwischen transparenten und versteckten Proxy- bzw. VPN-Verbindungen einzugehen, geht das Gericht in seiner Entscheidung davon aus, dass es heutzutage ohne weiteres möglich sein soll, ausländische Proxy-Server und VPNs zu ermitteln und diese ebenso wie die deutschen IP-Adressen zu sperren. Wenn das die Chinesen wüssten…die würden sich für die Technologie sicher interessieren.

Darüber hinaus würden nach Ansicht des Gerichts Proxy-Server und VPNs, wie sie heutzutage von jeder deutschen Universität bzw. großen Unternehmen mit einem eigenen internen Netzwerk genutzt werden, nur der Umgehung von IP-Sperren dienen. Quasi ein Generalverdacht gegen jeden angehenden Akademiker.

Abschließend nimmt das Gericht auch noch Bezug auf die Kunden des Unternehmens. Diese verfügten als Online-Spieler über überdurchschnittliche Kenntnisse im Bereich der Internetnutzung, so dass es ihnen unproblematisch möglich wäre die genannten technischen Umgehung für sich zu nutzen. Weswegen die Kunden dann aber mit diesem Wissen nicht verstärkt die Proxy-Server und VPNs nutzen sollten, die gerade nicht zu ermitteln sind, bleibt ein Geheimnis des Gerichts. Man fragt sich an dieser Stelle auch, warum das Gericht nicht einen dieser Experten als Sachverständigen zu der Sache gehört hat, wo es dem Gericht doch in der Sache anscheinend am technischen Sachverstand gemangelt hat.

Gegen die Entscheidung wurden bereits Rechtsmittel eingelegt. Es bleibt nur zu hoffen, dass die nächsten Instanz zumindest soviel Sachverstand aufbringt, wie es seinerzeit das VG Düsseldorf schon hatte, als es eine solche Umgehung als in der Praxis hinnehmbar eingestuft hat (VG Düsseldorf, Beschl. v. 22. Juli 2010, Az.: 27 L 1469/09).

© Axel Bueckert - Fotolia.com

Abmahnung wegen Grauimporten

© Axel Bueckert - Fotolia.comDie SCHULTERIESENKAMPFF Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mahnt derzeit im Namen der Ubisoft GmbH sowie der Namco Bandai Games Germany GmbH Online-Händler wegen Grauimporten von Computerspielen ab. Grauimporte, auch Parallelimporte genannt, sind Importe von Waren aus dem Ausland durch Händler, die dafür nicht ausdrücklich vom Hersteller autorisiert worden sind. Grund für die Abmahnungen ist eine fehlende Alterskennzeichnung der freiwilligen Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware (USK) auf den Verpackungen der jeweiligen Spiele.

Grundsätzlich besteht seit dem 1. April 2010 in Deutschland für Computer- und auch Konsolenspiele eine gewisse Kennzeichnungspflicht bzgl. der Altersfreigabe des jeweiligen Spiels. Nicht gekennzeichneter Spiele werden gemäß § 12 Abs. 3 JuSchG wie Spiele mit der Kennzeichnung „Keine Jugendfreigabe“ (nur an Personen über 18 Jahren) behandelt, für die es sehr strenge Einschränkungen gibt, u.a. dürfen diese nicht im Online-Handel vertrieben werden (Ausnahme: der Online-Händler nutzt technische oder sonstige Vorkehrungen, die sicherstellen, dass kein Versand an Kinder oder Jugendliche erfolgt).

Darüber hinaus ist das deutsche Recht an dieser Stelle auch besonders streng und lässt andere als die deutsche Alterskennzeichnung der USK (z.B. PEGI für Europa oder ESRB für die USA) nicht gelten. Somit sind importierte Spiele, auf denen die entsprechende Kennzeichnung der USK fehlt, als nicht gekennzeichnet zu betrachten und dürfen daher nicht im Online-Handel vertrieben werden. Das gilt sogar dann, wenn das Spiel für den deutschen Markt eigentlich ohne Altersbeschränkung freigegeben worden ist. Die Kennzeichnung selbst muss sowohl auf dem Datenträger als auch auf der Verpackung des Spiels aufgebracht sein.

Ungeklärt ist noch, ob die Online-Händler, wenn der Datenträger selbst mit der USK-Kennzeichnung versehen ist, die Verpackung nachträglich selber entsprechend kennzeichnen dürfen. Dieses Vorgehen ist in den Abmahnungen ebenfalls in mehreren Fällen moniert worden. Tatsächlich könnte man aber § 28 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG genau dahingehend auslegen, dass es dem Händler erlaubt ist, einen entsprechenden Hinweis auf der Verpackung anzubringen, wenn der Datenträger selbst von der USK eingestuft worden ist (der Händler darf selbstverständlich nicht eine Kennzeichnung entgegen der USK-Vorgabe auf dem Datenträger oder gar ein Kennzeichnung nach seiner persönlichen Einschätzung vornehmen, wenn der Datenträger nicht überhaupt nicht von der USK geprüft wurde). Schwierig könnte dann allenfalls noch sein, dass die Kennzeichnung permanent erfolgen muss, d.h. nicht von der Verpackung ablösbar sein darf. Dies ist aber insbesondere bei Aufklebern, die lediglich auf einer das Verpackung umhüllenden Plastikfolie angebracht , definitiv der Fall und daher in jedem Fall nicht ausreichend.

Richtigstellung eines verbreiteten Gerüchts

Die Zivilkammer 12 des Landgerichts Hamburg hat in zwei durchaus fragwürdigen Entscheidungen einem unserer Mandanten die Verbreitung seiner Software verboten, welche es einem Spieler ermöglicht Handlungen in zwei der größten Online-Rollenspiele automatisch ausführen zu lassen. Dabei begründet das Gericht seine Entscheidung in einer Sache sogar damit, dass auf einzelne Klauseln der zum Spiel gehörenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) das deutsche AGB-Recht gar nicht anwendbar sei. Deswegen sei es unerheblich, ob diese Klauseln dem Spieler, im Regelfall einem Verbraucher, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses überhaupt vorgelegt worden sind. Diese Vorstellung des Gerichts, dass ein Unternehmer nachträglich gegenüber dem Verbraucher Vertragsbedingungen einseitig rechtswirksam einführen kann, ist aber wohl kaum mit den hohen Standards des europäischen Verbraucherschutzes zu vereinbaren. Und noch gehört Deutschland, anders als das Herkunftsland des US-amerikanischen Prozessgegners, zur Europäischen Union.

 In beiden Fällen haben wir deshalb fristgerecht die Berufung eingelegt, so dass keines der beiden Urteile (LG Hamburg, Urt. v. 19.07.2012, Az.: 312 O 322/12 und Urt. v. 23.05.2013, Az.: 312 O 390/11) bisher rechtskräftig geworden ist. Anderslautende Berichte, welche zuletzt in größeren Newslettern publiziert worden sind, sind daher grob falsch. Die Berufungssache gegen das Urteil aus dem Jahre 2012 läuft beim Hanseatischen Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 3 U 125/12. Uns wurde aber bereits mitgeteilt, dass eine Bearbeitung der Sache, obwohl es sich eigentlich um ein vorläufiges Verfahren handelt, nicht vor dem 1. Quartal 2014 möglich ist.

Ihr gutes Recht macht auch mal Ferien

Was haben Internationale Gewässer und virtuelle Spielewelten gemeinsam? In beiden Fällen handelt es sich um rechtsfreie Räume. Jetzt wird der eine oder andere Leser erschrocken aufhorchen und sagen: „Oh Nein, das kann doch nicht wahr sein!“ Und tatsächlich können wir beruhigen, selbstverständlich gelten in internationalen Gewässern die dem Völkerrecht zugeordneten Bestimmungen des internationalen Seerechts. Piraterie ist daher auch in internationalen Gewässern untersagt.

Anderes gilt nach Ansicht der Zivilkammer 12 des Hamburger Landgerichts für virtuelle Spielewelten. In dem uns heute in vollständiger Form zugestellten Urteil kommt die Kammer zu dem Ergebnis:

Die Klägerin (der Publisher des Spiels, Anm. d. Red.) ist uneingeschränkte Herrscherin über die interne Spielwelt und kann diese nach Belieben verändern. Insoweit sind Inhalt des Spiels und die Spielregeln rechtlich kontrollfrei.

Im Klartext, wer eine virtuelle Welt erschafft, hat dort die uneingeschränkte Macht und zwar nicht nur über die Programmierung dieser Welt, sondern auch gegenüber allen natürlichen Personen, die diese Welt „bereisen“. Diese Welten sind nach Ansicht des Landgerichts Hamburg der rechtlichen Kontrolle durch deutsche Gerichte entzogen. Virtuelle Welten haben quasi den Status eines eigenen Staates, mit der vollen Kompetenz zur Gesetzgebung (den Spielregeln), zum Gesetzesvollzug und der Rechtsprechung.

Es darf bezweifelt werden, dass die meisten virtuellen Welten, welche im Regelfall einer juristischen Personen des Privatrechts gehören, eine den Ideen von Montesquieu entsprechende Form der Gewaltenteilung haben. Es existieren demnach also viele große und kleine Diktaturen im Internet. Wenn man dann noch bedenkt, dass in einigen davon mit einer eigenen Währung bezahlt wird, diese Währung aber weder einer nationalen Bankenkontrolle unterworfen ist, geschweige denn dass Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche betrieben werden, kann es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die USA ihre Achse des Bösen um ein paar virtuelle Welten erweitern werden. Besonders belustigend ist dabei die Vorstellung, wie plötzlich virtuelle Flugzeugträger der US-Navy mit einem Schwadron von B-2 Spirit Tarnkappenbombern vor der Küste von Kalimdor erscheinen, während in den östlichen Königreichen M1A1-Abrams-Kampfpanzer die Gegend nach dem flüchtigen Diktator durchkämmen (dies stellt keinen Vorschlag über die Aufnahme der virtuellen Welt mit den Kontinenten Kalimdor und östliche Königreiche für eine vermeintliche virtuelle Achse des Bösen dar, sondern ist rein beispielhaft gewählt). Ob die Vereinten Nationen eigentlich umdenken müssen und zukünftig auch virtuelle Welten als Mitglieder aufnehmen?

Spaß beiseite. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Vorstellung des LG Hamburg von der virtuellen Welt als rechtsfreiem Raum sich als böser Spuk erweist und in der nächsten Instanz zügig verworfen wird. Es kann doch nicht ernsthaft Ziel der deutschen Rechtsordnung sein, dass der Fahrgast auf dem Traumschiff durch mehr Rechtsnormen geschützt wird, als der einfache Computerspieler zu Hause vor dem eigenen Rechner. Das Recht ist insoweit nicht den Arbeitszeitbestimmungen unterworfen. Es hat keinen Urlaub und macht auch keine Ferien, weder auf dem Traumschiff noch in den virtuellen Welten des Internets.

Berufsethos von Games-Anwälten, der Wettbewerb und die Einstellung zum Beruf

Als ich angefangen habe mit der Rechtsanwaltstätigkeit und mich von Anfang an mit dem Thema „Recht der Computerspielebranche“ auseinander setzte, gab es noch nicht viele Kollegen, die diese Thema „beackerten“. In letzter Zeit ändert sich dies und immer mehr Großkanzleien wollen in die Branche einsteigen und haben als Keywords plötzlich „Games-Recht“ bei sich hinterlegt. Das ist grundsätzlich ja kein Problem, denn Wettbewerb kann auch etwas Gutes sein und ich weiß, dass ich die betreffenden Rechtsgebiete beherrsche, Erfahrung mit der Branche habe und sogar technisches Verständnis für die Zusammenhänge mitbringe. Viele Mandanten überzeugt dies sowie meine sehr kommunikative Art und Weise.

In letzter Zeit haben mich jedoch einige Entwicklungen schockiert, die meiner Meinung nach auch etwas mit der eigenen Einstellung zum Beruf zu hat. Wie einigen bekannt sein dürfte, vertreten wir Mandanten in großen Fällen im Bereich von Bots, AGB von Onlinespielen und Weiterverkauf von Software. Sehr viele ungeklärte Rechtsfragen begegnen einem hier, sehr viel Unwissen über die ökonomischen Auswirkungen der betreffenden Wirtschaftszweige und sehr viel automatische Beißreflexe.

In letzter Zeit kam mir zu Ohren, dass Kollegen wohl schlecht über uns reden würden, auch in den Verbänden der Branche und, wie man sich wohl denken kann, mit der Absicht der Mandantengewinnung. Wir wären vergleichbar mit Anwälten von Kim Schmitz, wir würden der Branche schaden und man könne nicht verstehen, wie wir dies mit unserem Berufsethos vereinbaren könnten. Einmal die juristischen Auswirkungen sowie UWG-Bewertungen solcher Handlungen außer Betracht gelassen, verwundert mich viel eher solche Aussagen, als dass ich mich darum sorgen, denn

1) bin ich Anwalt zwar auch um Geld zu verdienen, aber viel vordergründiger um Mandanten behilflich zu sein, Rechtsprobleme zu klären und tatsächlich, für einige Kollegen mag es altmodisch sein, „Organ der Rechtspflege“ zu sein. Wenn an mich also ein Mandat heran tritt, dann frage ich allerhöchstens, ob ich Zeit dafür habe oder ob ich das Rechtsgebiet zur Zufriedenheit des Mandanten bearbeiten kann. Ich frage aber nicht, ob ich beispielweise die Handlung moralisch vertreten kann oder ob es mir eventuell schadet in Zukunft andere Mandate zu bekommen. Jeder Mandant hat doch das Recht angemessen vertreten zu werden und seine Rechtsfragen auf einem ordentlichen Rechtsweg geklärt zu bekommen. Das gilt insbesondere, wenn die Rechtsfragen alles andere als geklärt sind und auch bei den ökonomischen Fragen viele Irrtümer herrschen. Das gilt für einen Kim Schmitz genauso wie für einen Anbieter von Botsoftware als auch für einen Händler von Steam-Keys.
Wenn mir jetzt Kollegen sagen, dass ich doch vielleicht lieber die Hersteller von Spielen vertreten sollte, dann frage ich mich was für ein Berufsethos dies beinhaltet, denn auch wenn es altbacken klingt, man sollte als Anwalt nicht nur dem schnellen Geld nacheilen.

2) stelle ich mir die Frage, ob man als Anwalt derart verzweifelt sein kann, über Kollegen, hinter deren Rücken, schlecht zu reden, um eventuell das ein oder andere Mandat zu erhaschen, anstatt mit eigener Professionalität zu überzeugen und seriös die eigenen Vorzüge darzustellen

3) ist es verwunderlich, warum man, anstatt Heimlichtuerei zu verwenden, sich nicht traut in einer offenen Diskussion den Fragen zu stellen. Der Grund könnte natürlich sein, dass man dann eventuell merken würde, dass die Rechtsfragen zum einen doch nicht so klar sind, simple AGB-Übersetzungen in anderen Rechtsgebieten nicht der Weisheit letzter Schluss sein können und auch die ökonomischen Fragen eventuell auch schlicht Mängel, oft auch Raffgier, in den Geschäftsmodellen der Spieleanbieter offenbaren könnten und so eventuell Fehler ganz anderer Parteien offenbart werden würden, die eventuell lieber unter den Teppich gekehrt werden anstatt sich veränderter marktwirtschaftlicher Situationen wie den Vertrieb über das Internet oder Onlinespielen anzupassen.

Ein wenig erinnert mich dies an Strafverteidiger, die sich ja auch immer wieder rechtfertigen müssen, wie man beispielsweise einen potentiellen Straftäter verteidigen könne, wobei dann derjenige, der die Frage stellt, schnell übersieht, dass man erst dann Straftäter ist, wenn man rechtskräftig, durch ein Gericht, verurteilt wurde. Genauso kann und sollte man erst dann Geschäftsmodelle eventuell verdammen, wenn ein oberstes Gericht abschließend darüber befunden hat. Alles andere ist nämlich viel eher wenig „anwaltlich“ und im übrigen auch gefährlich und wenig fortschrittlich!

Ich werde jedenfalls immer für meine Mandanten da sein, die zu mir kommen, und um Hilfe bitten, egal was andere Kollegen oder andere Menschen aus der Gamesbranche sagen. Auf der anderen Seite muss ich auch niemanden, ohne dafür bezahlt zu werden, über neue Geschäftschancen und ihre eigenen Irrtümer aufklären!

EU erkennt die Bedeutung der Games-Branche

Die Gaming-Industrie ist als wachsender Sektor genau in der Mitte zwischen Kultur, Innovation und wirtschaftlichem Wachstum. Deswegen setzt sich der Europäischen Spieleentwickler Verband (EGDF) verstärkt dafür ein, dass die Belange der Games-Branche auch bei den verantwortlichen Köpfen innerhalb der Führungskreise der EU und deren politischen Organen eine größere Rolle spielen muss. Denn nicht nur die einzelnen Entwickler-Studios und Publisher-Konzerne dürfen jetzt diese Chance auf keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen, auch die Politik muss zeitnah einen sinnvollen politischen Rahmen erarbeiten, der jedem Marktteilnehmer auf diesem Gebiet die bestmögliche Ausschöpfung der vorhandenen Potentiale ermöglicht.

 

Diese Botschaft scheint mittlerweile auch bei den richtigen Leuten angekommen zu sein. Niemand geringeres als Neelie Kroes persönlich, die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda und derzeitige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, hat sich die Zeit genommen, mit den Betroffenen über die notwendigen Maßnahmen zu beraten. Als sie im Dezember die Eigentümer von Rovio (Angry Birds) aus Finnland empfing, ließ sie spontan alle weiteren Termine an diesem Tag absagen, um mehr Zeit zu haben, um von den Spielentwicklern zu lernen. „Da gibt es einen Sektor, der Hoffnung macht. Wir sollten ihn nehmen und ihn Füttern. Hier gibt es eine Chance für Europe“, wird sie in diesem Zusammenhang zitiert.  Zu der großen Gesprächsrunde wurden auch wichtige Vertreten der einzelnen Mitgliedsstaaten geholt und die Ergebnisse geben durchaus Anlass zu der Hoffnung, dass es für die Games-Branche europaweit jetzt erst so richtig losgeht.