Als ich angefangen habe mit der Rechtsanwaltstätigkeit und mich von Anfang an mit dem Thema „Recht der Computerspielebranche“ auseinander setzte, gab es noch nicht viele Kollegen, die diese Thema „beackerten“. In letzter Zeit ändert sich dies und immer mehr Großkanzleien wollen in die Branche einsteigen und haben als Keywords plötzlich „Games-Recht“ bei sich hinterlegt. Das ist grundsätzlich ja kein Problem, denn Wettbewerb kann auch etwas Gutes sein und ich weiß, dass ich die betreffenden Rechtsgebiete beherrsche, Erfahrung mit der Branche habe und sogar technisches Verständnis für die Zusammenhänge mitbringe. Viele Mandanten überzeugt dies sowie meine sehr kommunikative Art und Weise.
In letzter Zeit haben mich jedoch einige Entwicklungen schockiert, die meiner Meinung nach auch etwas mit der eigenen Einstellung zum Beruf zu hat. Wie einigen bekannt sein dürfte, vertreten wir Mandanten in großen Fällen im Bereich von Bots, AGB von Onlinespielen und Weiterverkauf von Software. Sehr viele ungeklärte Rechtsfragen begegnen einem hier, sehr viel Unwissen über die ökonomischen Auswirkungen der betreffenden Wirtschaftszweige und sehr viel automatische Beißreflexe.
In letzter Zeit kam mir zu Ohren, dass Kollegen wohl schlecht über uns reden würden, auch in den Verbänden der Branche und, wie man sich wohl denken kann, mit der Absicht der Mandantengewinnung. Wir wären vergleichbar mit Anwälten von Kim Schmitz, wir würden der Branche schaden und man könne nicht verstehen, wie wir dies mit unserem Berufsethos vereinbaren könnten. Einmal die juristischen Auswirkungen sowie UWG-Bewertungen solcher Handlungen außer Betracht gelassen, verwundert mich viel eher solche Aussagen, als dass ich mich darum sorgen, denn
1) bin ich Anwalt zwar auch um Geld zu verdienen, aber viel vordergründiger um Mandanten behilflich zu sein, Rechtsprobleme zu klären und tatsächlich, für einige Kollegen mag es altmodisch sein, „Organ der Rechtspflege“ zu sein. Wenn an mich also ein Mandat heran tritt, dann frage ich allerhöchstens, ob ich Zeit dafür habe oder ob ich das Rechtsgebiet zur Zufriedenheit des Mandanten bearbeiten kann. Ich frage aber nicht, ob ich beispielweise die Handlung moralisch vertreten kann oder ob es mir eventuell schadet in Zukunft andere Mandate zu bekommen. Jeder Mandant hat doch das Recht angemessen vertreten zu werden und seine Rechtsfragen auf einem ordentlichen Rechtsweg geklärt zu bekommen. Das gilt insbesondere, wenn die Rechtsfragen alles andere als geklärt sind und auch bei den ökonomischen Fragen viele Irrtümer herrschen. Das gilt für einen Kim Schmitz genauso wie für einen Anbieter von Botsoftware als auch für einen Händler von Steam-Keys.
Wenn mir jetzt Kollegen sagen, dass ich doch vielleicht lieber die Hersteller von Spielen vertreten sollte, dann frage ich mich was für ein Berufsethos dies beinhaltet, denn auch wenn es altbacken klingt, man sollte als Anwalt nicht nur dem schnellen Geld nacheilen.
2) stelle ich mir die Frage, ob man als Anwalt derart verzweifelt sein kann, über Kollegen, hinter deren Rücken, schlecht zu reden, um eventuell das ein oder andere Mandat zu erhaschen, anstatt mit eigener Professionalität zu überzeugen und seriös die eigenen Vorzüge darzustellen
3) ist es verwunderlich, warum man, anstatt Heimlichtuerei zu verwenden, sich nicht traut in einer offenen Diskussion den Fragen zu stellen. Der Grund könnte natürlich sein, dass man dann eventuell merken würde, dass die Rechtsfragen zum einen doch nicht so klar sind, simple AGB-Übersetzungen in anderen Rechtsgebieten nicht der Weisheit letzter Schluss sein können und auch die ökonomischen Fragen eventuell auch schlicht Mängel, oft auch Raffgier, in den Geschäftsmodellen der Spieleanbieter offenbaren könnten und so eventuell Fehler ganz anderer Parteien offenbart werden würden, die eventuell lieber unter den Teppich gekehrt werden anstatt sich veränderter marktwirtschaftlicher Situationen wie den Vertrieb über das Internet oder Onlinespielen anzupassen.
Ein wenig erinnert mich dies an Strafverteidiger, die sich ja auch immer wieder rechtfertigen müssen, wie man beispielsweise einen potentiellen Straftäter verteidigen könne, wobei dann derjenige, der die Frage stellt, schnell übersieht, dass man erst dann Straftäter ist, wenn man rechtskräftig, durch ein Gericht, verurteilt wurde. Genauso kann und sollte man erst dann Geschäftsmodelle eventuell verdammen, wenn ein oberstes Gericht abschließend darüber befunden hat. Alles andere ist nämlich viel eher wenig „anwaltlich“ und im übrigen auch gefährlich und wenig fortschrittlich!
Ich werde jedenfalls immer für meine Mandanten da sein, die zu mir kommen, und um Hilfe bitten, egal was andere Kollegen oder andere Menschen aus der Gamesbranche sagen. Auf der anderen Seite muss ich auch niemanden, ohne dafür bezahlt zu werden, über neue Geschäftschancen und ihre eigenen Irrtümer aufklären!
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