Wenn Domaininhaber in Mariott-Hotels wohnen

Eine Abmahnung wegen Wettbewerbsverstößen von letzter Woche kam heute als unzustellbar zurück, geschickt an die Adresse des Domaininhabers bei der DENIC. Eigentlich hatte mich schon bei dem amerikanisch klingenden Namen gewundert, aber es erst einmal versucht.

Gerade telefoniere ich mit dem Mandanten, um zu überlegen was wir als nächstes tun werden, da sagt er mir: „Ich habe gerade einmal bei Google Earth geschaut, wissen Sie was sich an dieser Adresse befindet? Das Mariott Hotel in X“. So wie sich also Unmengen an Deutschen Friseure in New York raussuchen, um mit Kreditkarten in US-Onlineshops bezahlen zu können, hat hier also – vermutlich – einer unserer US-Freunde sich eine fiktive Adresse rausgesucht.

Jetzt müssen wir schauen, was mehr Sinn macht. Die DENIC doch aufzufordern ein Löschungsverfahren wegen Verstoss gegen deren AGB einzuleiten, damit der Mandant sich dann die Domain holt, oder sich an den deutschen Admin-T, also den Provider, zu wenden. Beides könnte langwierig werden, weil die DENIC nicht in Streitigkeiten gezogen werden will und wir – zumindest keinen unumstrittenen – direkten Anspruch gegen diese haben und der Hoster, weil er sich aller höchstens als Störer fühlen wird.

Viel Lärm um Silent Hunter 5

Nachdem Ubisoft sich erst wegen eines problematischen Kopierschutzes den Ärger seiner Kunden zugezogen hatte, kommt jetzt der nächste Rückschlag für den Titel „Silent Hunter 5“: im Handbuch der Collector‘s Edition ist ein Hakenkreuz übersehen worden.
Computerspiele, die den zweiten Weltkrieg thematisieren, werden aufgrund des § 86a StGB für den deutschen Markt grundlegend grafisch „überarbeitet“. Wegen des Verbots verfassungsfeindlicher Symbole werden alle Hakenkreuze aus dem Spiel, vor allem aus dem Spielgeschehen entfernt. Die jeweiligen Geschäftsführer der für die Spiele verantwortlichen Unternehmen haben auch einen guten Grund, hierbei sehr sorgfältig vorzugehen: ist der Straftat bestand erfüllt, so können sie und die weiteren Verantwortlichen persönlich bestraft werden. Eine Vorstrafe im Führungszeugnis wegen „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ wiegt doch (zumindest für die Betroffenen) deutlich schwerer als eine Geldstrafe gegen das Unternehmen und/oder ein Verkaufsverbot für einen Titel.
Die Berechtigung des Hakenkreuzverbotes braucht nicht diskutiert zu werden. Streit darum, wie weit das Verbot gehen sollte, gab es allerdings in der Vergangenheit schon viel. Nach einem Studenten 2006 wurde erst 2007 ein Versandhändler freigesprochen, nachdem die Staatsanwaltschaft auch durchgestrichene oder zerschlagene Hakenkreuze als verfassungsfeindliche Symbole angesehen und Anklage erhoben hatte.

Silent Hunter 5 ist auch nicht der erste Titel, der mit dem Hakenkreuzverbot Schwierigkeiten bekam. Bereits das Spiel „Wolfenstein 3D“, einer der ersten Ego-Shooter überhaupt, wurde wegen der im Spiel zu sehenden Nazi-Symbole beschlagnahmt, der Verkauf wurde verboten. Eine Sicherheitspanne bei EA hatte unlängst dazu geführt, dass die unzensierte Version des Spiels „Saboteur“ (mit Hakenkreuzen) über den Downloadmanager des Spiels abrufbar war. Auch der aktuelle Nachfolger von „Wolfenstein 3D“, der Titel „Wolfenstein“, wurde letztes Jahr zurückgezogen, weil dem Publisher Activision Blizzard ein im Spielgeschehen sichtbares Hakenkreuz aufgefallen war. Zwar sei das Symbol nur unscheinbar und kurz zu sehen gewesen. Vermutlich wegen der oben angesprochenen möglichen Konsequenzen wurde der Verkauf jedoch gestoppt und der Titel zurückgerufen.

Auch das in „Silent Hunter 5“ sichtbare Hakenkreuz ist denkbar unauffällig: es ist Teil eines Stempels auf einem Dokument auf einem Hintergrundbild im Handbuch zum Spiel. Wäre es nicht so unauffällig gewesen, wäre es wohl auch vor dem release entdeckt worden. Nun drängt sich die Frage auf, wie die Frage rechtlich zu bewerten ist.

Die Hakenkreuze und ähnliche Symbole müssten „Propagandamittel“ sein. Wer bei dekorativen Hintergründen und gegnerischen Uniformen daran zweifeln will, dass es sich um Propagandamittel handelt, kann das gerne tun. Man muss aber bedenken, dass die Gerichte diese Zweifel nicht teilen werden und sollte sich daher auf diese Argumentation nicht verlassen.
Genauso wenig geht es dabei die Frage, ob durch das Vorhandensein von Symbolen in einem Spiel (oder dem dazugehörigen Handbuch) diese auch „verwendet“ werden. Um ein Symbol zu verwenden, muss man es nur wahrnehmbar machen. Dass das Hakenkreuz „Silent Hunter 5“ so unscheinbar ist, dass es schon schlecht erfunden klingt, spielt in der rechtlichen Wertung daher zunächst keine Rolle. Ein Hakenkreuz ist ein Hakenkreuz.

Wo aber ist der Unterschied zwischen Computerspielen und Filmen, in denen das Hakenkreuzverbot offensichtlich weniger streng gehandhabt wird?

In § 86 Abs. 3 StGB, auf den § 86a StGB verweist, ist unter anderem die Kunst ausdrücklich vom Verbot ausgenommen. Daher brauchen nicht nur Dokumentarfilme, die sich auf die ebenfalls in § 86 Abs. 3 StGB genannte „Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte“ berufen können, die Härte des Gesetzes nicht zu fürchten, wenn es um Hakenkreuze geht. Auch Spielfilme genießen die Kunstfreiheit, im Fall von „Inglourious Basterds“ etwa auch gerne großzügig und ohne nennenswerte historische Bezüge.

Im Verbotsverfahren um „Wolfenstein 3D“ hatte das Gericht seinerzeit dem Spiel nicht das Privileg der Kunstfreiheit zugesprochen, ohne sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dies könnte bei einem erneuten Verfahren anders gesehen werden. Die Wahrnehmung von Computerspielen in der Öffentlichkeit hat sich seit den 90ern grundlegend verändert. Schon die Tatsache, dass Sie diesen Artikel lesen zeigt, dass sowohl die kreativen Leistungen als auch der wirtschaftliche Wert, die Computerspielen innewohnen, heute viel mehr Wertschätzung erfahren als noch vor 10 oder gar 20 Jahren. Einen neuen Aspekt hat die Diskussion nun auch dadurch erhalten, dass der Deutsche Kulturrat Computerspiele nun zum Kulturgut erklärt hat. Damit ist die Debatte darum, ob Computerspiele Kunst sind, mit Sicherheit noch nicht beendet. Es wird aber immer schwieriger, dies zu verneinen.

Es soll hier auch noch klargestellt werden, dass nicht der freien Verwendung von Hakenkreuzen eine Lanze gebrochen werden soll. Auch Computerspiele können faschistische Propaganda enthalten, wie einige unappetitliche Beispiele bereits gezeigt haben. Der von der Rechtsprechung angewandte „offene Kunstbegriff“ nimmt daher auch eine Gesamtbetrachtung vor, aufgrund derer nicht jeder Kunst-Charakter gleich die Strafbarkeit ausschließt. Im Zweifel weiß aber der rechtsstaatlich gesinnte Publisher die in der Verfassung verankerte Kunstfreiheit auf seiner Seite.

Vielleicht sollte man die Verantwortlichen auch dazu ermutigen, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Die gerade den Computerspielen eigene Internationalität macht nämlich den gesonderten Umgang mit der speziellen deutschen Gesetzlage immer schwieriger. In Deutschland sind beispielsweise die internationalen Websites der Spiele „Silent Hunter 5“ und „Wolfenstein“ wie überall auf der Welt abrufbar. Aus den internationalen Trailern und Screenshots sind jedoch die Hakenkreuze nicht immer entfernt – und auch das kann im Zweifel den Tatbestand des § 86a StGB erfüllen, wenn nicht der Schutz der Kunstfreiheit eingreift.

Auf der anderen Seite darf man natürlich nicht unterschätzen, dass das Verbot eines Titels noch viel dramatischere finanzielle Konsequenzen als ein Rückruf haben kann. Für ein mittelständisches Unternehmen könnte ein Verbot so teuer werden, dass es unter Umständen nicht mehr die Mittel hätte, all diese Fragen vor Gericht auszufechten.

Dieser Artikel erscheint in der nächsten Ausgabe der zeitschrift DMM.

Koreanisches Pärchen zieht virtuelles Kind auf, während reale Tochter verhungert

Ein südkoreanisches Pärchen ist am vergangenen Dienstag verhaftet worden, nachdem sie seit dem Tod ihrer 3 Monate alten Tochter im September vergangenen Jahres auf der Flucht gewesen waren. Den beiden wird vorgeworfen, aufgrund ihrer Computerspielsucht den Tod ihrer Tochter durch Mangelernährung verursacht zu haben. Die Eltern hatten das Mädchen völlig vernachlässigt, während sie sich bis zu 12 Stunden täglich in Internetcafés aufhielten, um in einem Computerspiel ein virtuelles Kind aufzuziehen. Nach einer dieser Marathonsitzungen fanden die beiden ihre Tochter schließlich bei der Rückkehr in ihre Wohnung tot auf und riefen den Notruf.

Die Behörden hatten verdacht geschöpft, nachdem festgestellt wurde, dass der Körper des Mädchesn völlig dehydriert war.
Die Eltern waren arbeitslos geworden und vor den strengen Konventionen der koreanischen Gesellschaft in die virtuelle Welt des Computerspiels geflohen. In einem Interview bereute der Vater des verstorbenen Mädchens inzwischen sein Verhalten und erklärte, dass das Pärchen seit seiner Flucht aus Schuldgefühlen nicht mehr in Spielsälen gewesen sei.

Streaming im Licht des § 44a UrhG – Teil 2

Dies ist Teil 2 des Artikels, dessen Teil 1 hier zu finden ist

Im Anschluss an meine Betrachtung des Streaming hatte ich festgestellt, dass beim Streamen Daten automatisch in den temporären Zwischenspeicher des Computers kopiert werden. Damit wird in das Urheberrecht eingegriffen. Jetzt möchte ich der Frage nachgehen, ob es sich bei dieser Kopie um eine vorübergehende, gem. § 44a UrhG zulässige Kopie handeln könnte.

Zunächst kann man feststellen, dass die Dateien im Cache meiner Meinung nach generell vorübergehend sind, denn vorübergehend meint „nicht dauerhaft“. Und genau so ist das Cache konzipiert: es wird regelmäßig automatisch gelöscht, ja die meisten Computerbenutzer wissen nicht einmal von seiner Existenz.

Natürlich gilt dies nicht, wenn jemand die Dateien nach dem Ladevorgang aus seinem Cache auf den „normalen“ Festplattenspeicher kopiert. Dies ist eine neue Vervielfältigung, die dann wiederum nicht vorübergehend ist. Auch wenn jemand sein Cache so einrichtet, dass es nicht automatisch oder erst in 100 Jahren gelöscht wird, werden Dateien, die dorthin gespeichert werden, nicht mehr nur vorübergehend, sondern dauerhaft vervielfältigt. Denn niemand von uns ist für ewig hier und auch unsere gespeicherten Daten werden irgendwann vergehen. Mit „dauerhaft“ ist also nicht „in alle Ewigkeit“ gemeint. Immerhin ist auch Papier vergänglich, aber das Vervielfältigen per Ausdruck auf Papier nach der Rechtsprechung des EuGH nicht „vorübergehend“. Wo zieht man jetzt also die Grenze? Dies wird man nur im Einzelfall entscheiden können – bitte verzeihen Sie mir, dass ich mich nicht festlege. Allerdings gebietet auch hier die Vorsicht darauf hinzuweisen, dass man keinesfalls sicher sagen kann, mit welchen Cache-Einstellungen man sich „auf der sicheren Seite“ des § 44a UrhG bewegt. Auch sollte man beachten, dass die Rechtsprechung über die Problematik noch nicht abschließend entschieden hat und die Möglichkeit besteht, dass das Streamen von Filmen etwa als unverhältnismäßig und damit nicht mehr „vorübergehend“ betrachtet wird. Dieser Meinung könnte ich mich zwar nicht anschließen; im Zweifel würde ein Richter sich jedoch hieran nicht stören.

Als nächstes müsste das Vervielfältigen flüchtig oder begleitend sein. „Flüchtig“ ist als Steigerung von „vorübergehend“ zu verstehen: die Vervielfältigung darf nur von besonders kurzer Dauer sein. Damit sind Speichervorgänge gemeint, die z. B. bei der Wiedergabe eines Werkes von der DVD im Laufwerk eines Computers auf den Bildschirm entstehen. Dabei werden die Daten zum Beispiel im Arbeits- und Grafikkartenspeicher zwischengespeichert und sofort wieder gelöscht. Das Cache, das regelmäßig auch über ein paar Tage oder Wochen nicht geleert wird, fällt nicht mehr unter den Begriff „flüchtig“, sonst bedürfte es dieses Merkmals nicht mehr.

Anders als beim Download kann man beim Betrachten eines Streams jedoch das Merkmal „begleitend“ bejahen. Denn die Vervielfältigung dient ja einem anderen Hauptzweck, nämlich dem Betrachten des Streams. Auch hierbei handelt sich aber um meine persönliche Wertung; wenn man das Streamen als Selbstzweck betrachtet, fällt die Bewertung anders aus.

Fraglich ist weiter, ob das Streaming als „integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens“ zu betrachten ist. Zunächst verwirrt ein wenig, dass ein gem. § 44a UrhG zulässiger Vorgang sowohl „beiläufig“ als auch „wesentlich“ sein muss. Beiden Erfordernissen gerecht wird jedenfalls eine Vervielfältigung, die einerseits nicht Hauptzweck ist, andererseits auch nicht bloßes „Abfallprodukt“ eines anderen Vorganges. Man muss sich also einen Vorgang vorstellen, der zwar auf dem Vervielfältigungsvorgang basiert, aber letztlich etwas anderes bezweckt. Dabei ist festzustellen, dass nicht nur die Wiedergabe über einen Computer, sondern generell die Wiedergabe elektronisch gespeicherter Werke über moderne Wiedergabegeräte um einen kurzen Speichervorgang nicht umhinkommt. Denn die Wiedergabe dieser Datenträger erfolgt nicht mehr über ein direktes Abgreifen der Werke vom Medium wie etwa bei der Schallplatte oder der Filmrolle. Die Daten werden magnetisch oder optisch ausgelesen, decodiert, teilweise auch optimiert, weitergeleitet und erst dann ausgegeben. Für eine Gleichbehandlung moderner Medien mit älteren, direkt wiedergebenden spricht einerseits der Gedanke, dass Gesetze der Weiterentwicklung der Informationstechnologie nicht im Weg stehen sollten. Zudem ist ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung nicht erkennbar.

Es spricht daher vieles dafür, das Zwischenspeichern im Cache als „integralen und wesentlichen Teil“ der Wiedergabe im Browser anzusehen, der es dient. Denn Ziel der Vervielfältigung ist lediglich das Betrachten des Werkes – eine Nutzung, die nicht ausschließlich dem Urheber zugeordnet ist. Auch dies kann aber anders bewertet werden – insbesondere die Unklarheiten zwischen „beiläufig“ und „wesentlich“ machen eine endgültige Bewertung schwer.

Klar ist jedenfalls, dass der direkte Download auch hier nicht erfasst ist, denn er ist ein eigenes Verfahren und nicht Teil eines anderen.

Die Vervielfältigung müsste ausschließlich dem Zweck der Übermittlung oder der rechtmäßigen Wiedergabe dienen. Die Übermittlung erfasst nur die Dienstleister, die Daten kopieren um sie unverändert zu übertragen. Der Betrachter eines Streams ist damit nicht erfasst. Fraglich ist jedoch, wie das Erfordernis der „rechtmäßige[n] Nutzung“ zu verstehen ist. Denn § 44a UrhG erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die ansonsten unzulässige Vervielfältigung. Wenn die Vervielfältigung ohnehin rechtmäßig wäre, beispielsweise als Privatkopie gem. § 53 UrhG, so bedürfte es des § 44a UrhG nicht. Einen eigenen Zweck hätte § 44a UrhG beispielsweise dann, wenn er das Abwehrrecht des Urhebers vorverlagern soll, beispielsweise auf das Zwischenspeichern zum Zweck späterer unzulässiger Vervielfältigung.

Entscheidende Bedeutung kommt auch hinsichtlich dieses Punktes dem Verständnis des Begriffes „Nutzung“ zu. Wenn man davon ausgeht, dass das Caching nur dem späteren Betrachten dient und dieses nicht gegen das Urheberrecht verstößt, so stünde § 44a UrhG dem nicht entgegen.

Es bleibt daher noch ein Punkt: die Vervielfältigung darf keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Nach dem bisher gesagten läge die wirtschaftliche Bedeutung des gesamten Vorgangs ebenfalls nicht im Vervielfältigen, sondern im Betrachten. Und hier wird abermals der Unterschied zwischen Caching und Download deutlich: das Caching führt generell zu einer einmaligen Betrachtung des Werkes, während ein Download beliebig oft angesehen und zudem erneut vervielfältigt werden kann. Wenn man sich aber auf den Standpunkt stellt, dass das Streaming insgesamt zu weniger kostenpflichtigen Nutzungen und damit zu weniger Umsatz führt, so kann man auch die wirtschaftliche Bedeutung des Streaming bejahen. Meiner Meinung nach ist aber auf die jeweilige konkrete Handlung, nicht auf ein Phänomen insgesamt abzustellen.

Abschließend ist allerdings nach § 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG (auf der § 44a UrhG beruht) bei der Anwendung des § 44a UrhG noch ein Drei-Stufen-Test zu berücksichtigen. Demnach muss es sich um Sonderfälle handeln (womit die Fälle, die von § 44a UrhG erfasst sind, gemeint sind), die normale Verwertung des Werkes darf nicht beeinträchtigt sein und berechtigte Interessen des Urhebers dürfen nicht ungebührlich verletzt werden.

Was unter der normalen Verwertung zu verstehen ist, muss erneut untersucht werden. Beeinträchtigt wird auf jeden Fall durch das Bereitstellen eines Streams das Recht des Urhebers zur öffentlichen Zugänglichmachung. Das Betrachten des Werkes, welches durch das Ansehen des Streams geschieht, gehört nicht zur Verwertung, denn es steht dem Urheber nicht ausschließlich zu, s. o. Fragt sich also noch, ob berechtigte Interessen des Urhebers ungebührlich verletzt werden. Da die Verwertung bereits genannt wurde, stellt sich schon die Frage, ob die Verwertungsrechte von diesem Erfordernis noch erfasst sind, oder ob es eher um Urheberpersönlichkeitsrechte geht, die vom Caching normalerweise nicht berührt werden. Im Zweifel ist jedoch weiter festzustellen, dass hier der Tatbestand durch das Merkmal „ungebührlich“ eingeschränkt wird. Gewisse Beeinträchtigungen muss der Urheber also hinnehmen. Stellt man weiter fest, dass das gros der Beeinträchtigung durch das Bereitstellen des Streams verursacht wird, so muss man feststellen, dass der einzelne Betrachter Interessen des Urhebers kaum merklich zu berühren vermag.

Bis zu einer grundsätzlichen höchstrichterlichen Entscheidung ist aber erneut schwer, eine verlässliche Aussage hierzu zu treffen.

Es bleibt festzustellen, dass das Caching zumindest geeignet ist, in den Schutz des § 44a UrhG zu gelangen. Dies scheint auch dem Willen des Gesetzgebers zu entsprechen. Den Erwägungsgründen zur Richtlinie zufolge soll „diese Ausnahme auch Handlungen [erfassen], die das ‚Browsing‘ sowie Handlungen des ‚Caching‘ ermöglichen“ – allerdings unter der Voraussetzung, dass der Tatbestand des § 44a UrhG erfüllt ist. Damit hilft diese Erwägung bei der Auslegung des § 44a UrhG nur zwar wenig weiter, zumal man auch nicht weiß, ob wirklich jedes Caching von der Erwägung umfasst sein sollte. Aber auch die Gesetzgebungsmaterialien des Bundestages (BT-Drs. 15/38 S. 18 zu Nr. 8 ) beziehen sich auf den Erwägungsgrund und setzten sich kurz mit dem Vorgang des Caching auseinander (auch wenn dabei Fragen offen bleiben). Man kann daher zumindest feststellen, dass die Gesetzgeber den Vorgang des Caching zur Kenntnis genommen haben und ihn nicht grundsätzlich verbieten wollten. Ob jedoch das Streamen von ganzen Filmen vom Willen der Gesetzgeber erfasst war, ist nicht feststellbar. Meiner Meinung nach sollte es keinen Unterschied in der rechtlichen Bewertung machen, da dies zu einer Besserstellung der Filme gegenüber anderen Werkformen führen würde. Es wäre jedoch vorstellbar, dass in der Rechtsprechung größere Downloads etwa als unverhältnismäßig angesehen werden.

Abschließend folgende Überlegungen: das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Urhebers soll diesem die Möglichkeit geben, sich gegen die Ausbeutung seines Werkes durch Unberechtigte zu wehren. Ein zu weit gehender Schutz würde auch dazu führen, dass man sich nur noch mit Scheuklappen durch das Internet bewegen könnte, denn im Internet kann nichts betrachtet werden, ohne es zumindest kurzzeitig zu speichern. In dem Moment, indem eine rechtswidrige Zugänglichmachung für den Nutzer offensichtlich ist, kann er zudem bereits geschütztes Material im Cache gespeichert haben, sodass ihm § 53 UrhG keinen angemessenen Schutz bietet.

Unstreitig sind zudem auch flüchtige Zwischenspeicherungen beispielsweise im Laufwerk oder der Grafikkarte zulässig. Andernfalls könnte niemand mehr bedenkenlos den Inhalt unbekannter Datenträger auch nur überprüfen. Und auch der Zwischenspeicher von Wiedergabegeräten wie DVD-Playern kann wie das Cache von versierten Bastlern so manipuliert werden, dass Inhalte dauerhaft gespeichert werden.

Einzig geeignet zum Abwenden übermäßigen Schadens für die Urheber durch Streaming und Caching aufgrund des § 44a UrhG ist meiner Meinung nach daher eine angemessene Auslegung des Merkmals „vorübergehend“. Es begegnet keinen Bedenken meinerseits, das „Zwischen“speichern von Daten in einem Cache, welches derart manipuliert ist, dass es dem Nutzer wie eine kleine Mediathek jederzeit Zugriff darauf erlaubt, nicht als dauerhaft zu betrachten.

Abschließend möchten wir gerne alle, insbesondere die juristisch gebildeten Leser, zu einer Diskussion einladen. Uns interessiert aber auch, wie der „gemeine Bürger“ zu der Frage der urheberrechtlichen Situation von Streamingangeboten im Kontrast zu den berechtigten Interessen der Contentindustrie steht

Grauzone des Urheberrechts – gibt es im Schatten des § 44a UrhG „ka Sünd‘“?

Die Abmahnwelle hat vielen Internetnutzer den Spaß an Tauschbörsen verdorben. Das heißt aber für viele noch lange nicht, auf kostenlose geschützte Inhalte im Internet zu verzichten. Vielmehr erfahren Angebote zum Direktdownload oder per Stream nun gesteigerten Zuspruch seitens der Konsumenten. Die überwiegende Mehrheit wähnt sich vor dem Urheberrechtsgesetz in Sicherheit, da sie doch so zumindest selbst keine Dateien mehr im Internet anbieten (der Hauptvorwurf der Abmahner) und beim Stream nicht einmal Dateien heruntergeladen –

– haltstopp: ganz sicher?

Man könnte zunächst einwenden, dass das Risiko, erwischt zu werden, viel geringer ist als beim Filesharing. Damit verlässt sich der Downloadende aber darauf, dass die Anbieter der Dateien ihre Aufzeichnungen darüber nicht herausgeben, wer wann und wozu auf ihre Rechner zugegriffen hat. Ob man dies möchte muss jeder für sich selbst entscheiden. Anwaltliche Vorsicht gebietet jedoch darauf hinzuweisen, dass es keinesfalls unmöglich ist, einen Download nachzuweisen. Vielmehr sollte eine rechtliche Bewertung angestellt werden.

Beim Downloaden eines Werkes wird dieses vervielfältigt. Schließlich ist ja auch der Sinn des ganzen Vorgangs, sich eine digitale Kopie eines Werkes anzufertigen. Wer sich beim direkt-Download in Sicherheit wiegt, der verlässt sich nur darauf, nicht erwischt zu werden. Der Verstoß gegen Urheberrecht dürfte jedem klar sein.

Beim Streamen sieht das anders aus. Viele wissen dabei gar nicht genau, welche Vorgänge zwischen Host und Rechner dabei ablaufen. Aber wie in den meisten Fällen hilft das Nichtwissen bei der rechtlichen Bewertung nicht viel weiter.

Das Streamen funktioniert in etwa so: genau wie beim Download werden Dateien vom Anbieter auf einen Server gestellt und von dort auf die Festplatte des Rechners zuhause geladen. Allerdings werden sie dort automatisch auf einem besonderen Teil der Festplatte gespeichert, den der Internetbrowser sich reserviert hat, um Daten zwischenzuspeichern. So können Ladezeiten im Internet verkürzt werden, da der Computer schneller auf die eigene Festplatte als auf den Server im Internet zugreifen kann, wenn man dieselbe Internetseite nochmals besucht. Dieses so genannte Cache wird, je nach Einstellungen, nach einer bestimmten Zeit oder wenn es eine bestimmte Größe erreicht gelöscht.

Ist deshalb das Betrachten eines Streams etwas grundsätzlich anderes als ein Download?

Was den Anbieter angeht kann man feststellen, dass die Daten bzw. Werke öffentlich zugänglich gemacht werden. Das UrhG räumt den Urhebern das ausschließliche Recht der Verwertung ihrer Werke zu, gem. § 19a UrhG auch das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung. Damit wird in das Recht des Urhebers eingegriffen. Das Anbieten eines Streams unterscheidet sich also rechtlich nicht vom Angebot eines „normalen“ Downloads oder dem Anbieten von Dateien in Tauschbörsen.

Hinsichtlich des Betrachters des Streams ist es komplizierter. Dem Urheber steht auch gem. § 16 UrhG das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung seiner Werke zu. Dies sind alle körperlichen Festlegungen eines Werkes, die geeignet sind, Werke den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen, mithin alle Speicherungen in Arbeits- und Hauptspeicher. Da der Urheber (oder der, der seine Verwertungsrechte wahrnimmt) seine Zustimmung für diese Vervielfältigung in den allermeisten Fällen nicht gegeben hat, wird also auch beim Streamen in das Urheberrecht eingegriffen.

Wer jetzt meint, es könnte sich um eine legale Privatkopie handeln, wird schnell enttäuscht:  wer bei einer Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig ins Netz gestellte Datei als Vorlage verwendet, genießt nicht den Schutz des § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG. Über die genauen Grenzen des Begriffs „offensichtlich“ kann man sicherlich streiten – aber die allermeisten Angebote, insbesondere die von aktuellen Kinofilmen, muss man aber als offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemacht betrachten. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass diese Portale sich Lizenzen von den Rechteinhabern haben einräumen lassen?

Jetzt gibt es allerdings als letzten (womöglich) rettenden Strohhalm den § 44a UrhG, der vorübergehende Vervielfältigungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Bei meiner Recherche habe ich sehr oft gelesen, dass das Cachen beim Betrachten von Streams eine eben solche vorübergehende Vervielfältigung ist. Bei näherem Betrachten sind mir jedoch Zweifel gekommen, denen ich im nächsten Teil dieses Artikels nachgehen möchte.

Teil 2 des Artikel findet man hier

BGH: Spiele dürfen dauerhaft an einen Account gebunden werden

Apple nutzt es. Amazon auch und viele mehr: Das Internet ist ein günstiger, bequemer und schneller Vertriebsweg für Filme, Musik, Bücher usw. Es entstehen ungeahnte Vertriebsformen und Nutzungsmöglichkeiten. iPad, iPhone & Co beschleunigen diese Entwicklung. Und stellen gleichzeitig die Verbraucher ebenso wie die Hersteller und die Gerichte vor neue rechtliche Herausforderungen. Wer ein herkömmliches Buch im Laden kauft, kann es beliebig weiterverkaufen. Bei eBooks, Computerprogrammen und Online-Musik dagegen binden viele Hersteller dieses einmal gekaufte Werk fest an ein Benutzerkonto, das der Nutzer nicht weitergeben darf.

Dieses Vertriebsmodell wählte auch ein bekannter US-Spielehersteller. Ein einmal gekauftes Spiel wird bei diesem dauerhaft mit einem Benutzerkonto verbunden, das nicht weitergegeben werden darf und den Zutritt zu einer durch den Hersteller kostenlos zur Verfügung gestellten Plattform für Multiplayer bietet. Hiergegen wandte sich der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Er ging davon aus, dass diese Technik die Verbraucher unangemessen benachteilige.

Der Bundesgerichtshof entschied am Donnerstag, dass dieses Lizenzierungsmodell jedoch zulässig ist (I ZR 178/08).

AG Frankfurt verweigert Kornmeier Kostenerstattung

Dieser Faux Pax der Kanzlei Kornmeier hat jetzt vor dem Amtsgericht Frankfurt im Verfahren Az. 31 C 1078/09) am 29. Januar 2010 ein juristisches Nachspiel gehabt.

Das Gericht bestätigte, dass der Kanzlei Kornmeier als Kläger kein Kostenerstattungsanspruch nach dem RVG zustehe, weil – wie Udo Kornmeier bereits anderweitig eingestand – die Kanzlei gegenüber dem Mandanten Digiprotect auch nicht nach dem RVG abrechnet.

Einen anderen Kostenanspruch aus dem Vertrag zwischen Kornmeier und Digiprotect, der den Klägern unter Umständen zustehen würde, verweigerte das Gericht ebenfalls, weil die Kanzlei die entsprechenden Dokumente nicht vorlegte.

Es wird also dünn auf der Eisscholle für Filesharingabmahner und das nicht nur, weil so langsam in der Natur Tauwetter einsetzt, sondern auch weil zum einen das Geschäftsmodell langsam wegbricht und – wie unser Referendar Keydel in einem der folgenden Beiträge zeigen wird – es auch ansonsten so einige weitere Angriffspunkte gegen derartige Kostenansprüche gibt.

Einen abschließenden Kommentar möchte ich aber trotzdem noch loswerden: Ich, und das nicht nur in meiner Funktion als Rechtsanwalt, bin absolut gegen Urheberrechtsverletzungen und dafür dass Rechteinhaber ihre Rechte verteidigen können, ja wir gehen in anderen Urheberrechtsachen dagegen auch als Kanzlei vor.

Aber analog der Diskussion über die Steuersünder-CD gilt doch: Das Ziel heiligt die Mittel nicht. Die Art und Weise, wie Filesharing-Abmahnungen in letzter Zeit zu einem Massengeschäft geworden sind, ist nicht nur absolut inakzeptabel und hat den Ruf der Juristen durchaus geschadet, nein es ist auch deswegen nicht hinzunehmen, weil es dabei in aller Regel eben nicht mehr um den Schutz von Urhebern oder Künstlern geht, sondern es wirklich ein „Geschäftsmodell“, eine weitere Einnahmequelle geworden ist.

Chinesische Goldverkäufer und die Angst vor dem Anwalt

Es war gar nicht so leicht für eine Mandantin gegen Webseiten chinesischer Unternehmen vorzugehen, die in Deutschland zwar Dienstleistungen für diverse Onlinerollenspiele anbieten, aber sich dabei natürlich nicht an deutsche Gesetze halten wollen. Auf die Abmahnung gab es natürlich keine Reaktion und zunächst hatte es auch den Eindruck, dass die Zustellung der einstweiligen Verfügung keinen Effekt gehabt hat; die Beantragung von Ordnungsgeld war schon beim zuständigen Gericht als…

…als gestern in der Kanzlei ein Einschreiben zugestellt wurde, darin ein handgeschriebener Brief, dass man die Verfügung anerkenne und doch bitte eine neue Rechnung wegen den Kosten zuschicken solle. Noch am gestrigen Tage änderten sich auch noch alle weiteren Sachlagen in der zugehören Akte. Denn plötzlich wurde die Domain an an eine kanadische Firma abgegeben und die DENIC kommt nur wieder doch ins Spiel, da plötzlich existiert weder deutscher Domaininhaber, noch ein deutscher Admin-C existiert, was gegen die Domainbestimmungen der DENIC verstößt. Und ebenfalls am selben Abend stellte man auf der Webseite sogar die Rechtsverstöße ab, was ich nun – so ehrlich bin ich – eigentlich nicht erwartet habe.

Die Sache wird für die chinesischen Miterdenbewohner aber wohl trotzdem unangenehm ausgehen, da sie – wohl aus Respekt vor unseren Briefen – die Domain ins Ausland transferiert haben. Jetzt muss die DENIC nämlich eine ausländische Adresse anschreiben, den Brief aber mit dem Länderkürzel Deutschland bestücken. Da eine solche Post wohl nicht beim Empfänger ankommen wird, dürfte die Domain nächste Woche wohl im Transit landen 😉

Chinesische Unternehmen und deutsche Domains

Für deutsche Unternehmen, die ihr Geld im oder mit dem Internet verdienen, ist ausländische Konkurrenz nichts Neues. Das selbe gilt für Mandanten von uns, die sich dem Thema „Dienstleistungen rund um Onlinespiele“ verschrieben haben. Ärgerlich wird es eigentlich erst, wenn das deutsche Unternehmen sich an deutsche Gesetze halten mus und dies auch macht. Chineische Konkurrenz denkt nämlich nicht daran, ein vollständiges Impressum zu führen oder gar ein Widerrufsrecht einzuräumen. Trotzdem ist man munter mit deutschen Domains unterwegs und macht den deutschen Unternehmen Konkurrenz.

Für den Anwalt ergibt sich dabei das alt bekannte Problem der „Recht haben und Recht bekommen, ist nicht das selbe“- Weisheit, nur muss diese hierbei noch ergänzt werden durch „[…]und das Recht durchzusetzen erst recht nicht.“ Das Problem ist genauso simpel wie ärgerlich. Wen soll man denn als Anwalt angehen? Den Admin-C mit der unklaren Rechtslage aktuell? Oder den Domaininhaber? Letzter ist schon besser, nur in aller Regel ist das ein chinesicher Student, der gar nicht weiß, was ihm geschieht, wenn eine einstweilige Verfügung, die man ziemlich problemlos bekommt, zugestellt wird. Ob man über diesen Weg jemals die Domain abgestellt bekommt, ist sehr fraglich. Ich werde es aber in nächster Zeit in einem Verfahren sehen. Der Arme wird sich wohl freuen, wenn ich Ordnungshaft beantrage.

Besser sieht es dabei schon aus, wenn diese Unternehmen sogenannte Trustees engagieren, die die .de Domains bei der Denic führen. Erwirkt man gegen diese eine Verfügung, lassen diese die Domains schnell fallen, wenn der chinesische Auftraggeber nicht auf die Abmahnungen inhaltlich reagiert. Nur sind letztere oft nur als Admin-C eingetragen und es tritt wieder das Problem auf, ob diese überhaupt als Störer in Frage kommen, weswegen der Mandant im Zweifel auf seinen Kosten sitzen bleibt – auch wenn das Ziel, die Domain zu dekonnektieren, oft erreicht wird.

Artikel zu OLG Hamburg, AZ U 81/07 bzgl. Onlineverkauf eines indizierten Spieles

Jugendschutz ist spätestens seit den Geschehnissen in Winnenden wieder in aller Munde. Dabei wird natürlich heftig diskutiert, ob es eine Verschärfung der Jugendschutzregelungen geben sollte oder ob die bestehenden Gesetze ausreichend sind, aber besser durchgesetzt werden müssten bzw. die Händler stärker in die Verantwortung zu nehmen sind. Mit einem derart gelagerten Fall hatte das OLG Hamburg sich zu beschäftigen.

Im Ergebnis entschied das OLG, dass ein Anbieter von PC-Spielen für Jugendliche dazu verpflichtet ist, fortlaufend seine Produktpalette daraufhin zu überprüfen, ob die Spiele in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen wurden. Wird eine Indizierung eines Spiels veröffentlicht, muss er das Spiel umgehend aus seinem Sortiment nehmen.

Genauer ging es um den Titel „50 Cent Bulletproof“, den der Beklagte über seinen Onlineshop vertrieb und über den am 31. März 2006 veröffentlicht wurde, dass das Spiel in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen worden sei. Den Verkauf des Spieles für die Playstation rügte eine Konkurrentin mit Hilfe einer Abmahnung und bekam vom OLG Hamburg Recht. In dem fortgesetzten Verkauf eines indizierten Spiels würde ein erheblicher Wettbewerbsvorteil des Beklagten liegen. Wird gegen verbraucherschützende Marktverhaltensnormen des JuSchG verstoßen, so würde der Wettbewerb im Sinne von § 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) zum Nachteil der Verbraucher nicht nur unerheblich beeinträchtigt.

Die Beschränkung des Versandhandels mit indizierten Medien diene insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen, bei denen es sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Verbot des Versand- und damit auch Internethandels mit derartigen Medien. Eine derartige Beeinträchtigung stelle sich damit schon aus der Natur der Sache als „nicht nur unerheblich“ im Sinne dieser Vorschrift dar. In diesem Zusammenhang sei es auch unerheblich, wie viele Zugriffe es in dem Referenzzeitraum auf das beanstandete Produkt tatsächlich gegeben hat. Eine unerlaubte Handlung ist auch deshalb schon nicht erheblich, weil sie nur einmal oder nur für eine kurze Zeit vorgenommen worden ist. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten teilte das Gericht ausdrücklich nicht.

Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, sein Produktangebot ständig auf die Indizierung einzelner Spiele durchzugehen bzw. die Veröffentlichungen indizierter Produkte zu verfolgen und entsprechende Spiele aus seinem Sortiment zu nehmen. Entsprechend sah das Gericht einen Unterlassungsanspruch aus unlauterem Wettbewerb als gegeben an.

Diese Pflicht dürfe er auch nicht auf seinen Großhändler übertragen und sich auf dessen Daten verlassen. Die Frist von gut einer Woche nach Veröffentlichung der Indizierung des Spiels „50 Cent Bulletproof“, welche die Klägerin mit ihrer Abmahnung gewartet hatte, sei ausreichend gewesen, um der genannten Verpflichtung nachzukommen.

Die Argumentation ist an sich schlüssig, denn die Jugendschutzregelungen aus § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG zum Schutze der Jugend stellen Marktverhaltensregelungen zum Schutze des Verbrauchers dar (wie bereits der BGH in 2007 entschieden hat) und können bei Nichtbeachtung somit über nach § 3, 4 Nr. 11, UWG zu entsprechenden kostenpflichtigen Abmahnungen führen. Da sich die Argumentation auch auf fehlerhaft bezeichnete Altersfreigaben erweitern lässt und somit das Anbieten eines Spieles ohne Jugendfreigabe mit einer Kennzeichnung beispielsweise als „ Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG“ ebenfalls zu einer Abmahnung eines Konkurrenten führen könnte, sollte auf die Datenpflege besonders geachtet werden, insbesondere da ein Großhändler auch falsche Daten liefern könnte und einem als Abgemahnter dann nur ein möglicher Regressanspruch gegen den Großhändler bleibt.

Übrigens ist auch eine Exkulpierung nicht dahingehend möglich, dass ein unerfahrener Angestellter die Daten eingetragen und dabei einen Fehler begangen hat. Auch für einen solchen Fehler muss der Onlinehändler haften.

Interessant ist an dem Urteil desweiteren, dass das OLG Zweifel des Beklagten, dass es sich bei dem von ihm angebotenen Spiel gerade um die indizierte „EU-Version“ handelte, nicht gelten ließ. Die Klägerin dürfe, in Abwesenheit sonstiger Anhaltspunkte, ohne Weiteres davon ausgehen, dass ein in der Europäischen Union ansässiger Anbieter die für diesen Wirtschaftsraum auf den Markt gebrachte und allgemein zugelassene Version anbietet.

Der anwaltliche Rat muss daher lauten: Augen auf beim Warenbestand!