Rücktritt vom Kaufvertrag bei Ebay – die schlechte Bewertung darf jedoch bleiben

„Verlangt ein Käufer nach Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigterweise seinen geleisteten Kaufpreis zurück, kann ihm der Verkäufer die Rückzahlung nicht mit dem Argument verweigern, er müsse zunächst seine -nach Ansicht des Verkäufers unberechtigten- schlechten Bewertungen bei Ebay widerrufen.“, so entschied das Amtsgericht München.

Die spätere Klägerin kaufte bei der späteren Beklagten über Ebay ein gebrauchtes Notebook zum Preis von 1214 Euro. Als es ihr am 6.6.07 per Nachnahme geliefert wurde, stellte die Käuferin fest, dass das Gerät einen Kratzer und einen Riss hatte. Sie widerrief den Kaufvertrag, sandte das Notebook zurück und verlangte den Kaufpreis von der Verkäuferin.

Darüber hinaus gab sie eine negative Bewertung über die Verkäuferin bei Ebay ab.

Die Verkäuferin weigerte sich, das Geld zurückzuzahlen. Durch die -aus ihrer Sicht- falschen Bewertungen habe sie erhebliche Gewinneinbußen erlitten. Die Käuferin müsse diese widerrufen.

Die Käuferin wandte sich darauf hin an das AG München und bekam Recht:

Der Rücktritt vom Kaufvertrag sei auf Grund des vorhandenen Risses und der Kratzer berechtigt gewesen. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der behaupteten unrichtigen Bewertung bei Ebay bestehe nicht, weil die erforderliche žKonnexitätœ der Ansprüche fehle. Hierfür müssten die beiderseitigen Ansprüche in einem derartigen engen natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass eine einseitige Anspruchsverfolgung treuwidrig erscheine. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil nicht ersichtlich sei, weshalb der Klägerin zugemutet werden sollte, noch weitere Zeit auf die Rückzahlung ihres Kaufpreises warten zu müssen, zu dessen Bezahlung sie durch die unrichtigen Angaben der Verkäuferin, die Ware sei mängelfrei, veranlasst wurde. Eine Aufrechnung mit der Rückzahlungsforderung käme nicht in Betracht, da die behaupteten Gewinneinbußen weder ausreichend konkret dargelegt noch unter Beweis gestellt worden seien. Es sei nicht einmal sicher, dass die Sperrung des Mitgliedsaccounts der Beklagten auf diese Bewertungen zurückzuführen sei.

Ebay: Auktionsergebnis, auch weit unter erwartetem Ergebnis, ergibt wirksamen Kaufvertrag

Das Einstellen eines Verkaufsangebots in eine Internetplattform (hier Ebay) ist ein verbindliches Angebot auf Abschluss des Kaufvertrages zum Höchstgebot, keine Versteigerung. Werden dann nur 100 Euro geboten, obwohl der Gegenstand 2100 Euro wert ist, ist der Kaufvertrag zu diesem Preis zustande gekommen. Eines gesonderten  Zuschlages bedarf es nicht mehr, es kommt allenfalls eine Anfechtung in Betracht, sollte das Angebot nicht dem Willen des Einstellenden entsprechen. Diese muss jedoch sofort erfolgen.

Der spätere Beklagte bot auf der Internetplattform Ebay einen Mitsubishi L 300 zum Verkaufan. Er wollte dafür einen Mindestpreis von 2100. Zu diesem Preis wurde kein Angebot abgegeben. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde ein zweites Mal das Auto ohne Mindestgebot angeboten. Hierfür bot der spätere Kläger 100 Euro und erhielt die Nachricht von Ebay, dass er das Auto erworben habe, da sich kein weiterer Käufer gemeldet habe.

Als der Käufer nunmehr den Verkäufer anschrieb und sein Auto haben wollte, weigerte sich dieser, es heraus zu geben. Darauf hin erhob der Käufer Klage beim AG München.

Die zuständige Richterin beim AG München gab dem Kläger Recht:

Das Einstellen eines Angebots in die Internetplattform stelle ein wirksames, verbindliches Angebot dar. Es handele sich bei einer derartigen Auktion auch um keine Versteigerung im eigentlichen Sinne, bei der es eines gesonderten Zuschlags bedürfe. Mit der Abgabe eines Gebotes werde dieses Angebot angenommen. Da ein Mindestgebot nicht vorlag, sei der Verkauf im konkreten Fall zum Preis von 100 Euro zu Stande gekommen. Dies sei auch nicht sittenwidrig, da bei privaten Auktionen ohne Mindestangebot die Zielsetzung bestehe, den Preis durch die Nachfrage festlegen zu lassen. Im Hinblick auf die Willensfreiheit der Beteiligten sei auch nicht zu beanstanden, dass auch Gegenstände unter Wert verkauft werden.

Soweit der Beklagte einwende, dass das zweite Angebot nicht mit seinem Willen eingestellt wurde, sei dies zunächst unbeachtlich. Der äußere Anschein eines Verkaufsangebotes liege vor. Der Verkäufer könne zwar diese Willenserklärung anfechten, dies müsse er nach den gesetzlichen Vorschriften jedoch unverzüglich tun. Nach dem er durch das Schreiben des Klägers, in dem dieser die Lieferung des Autos verlangte, von dem Verkauf erfahren habe, hätte er sofort die Anfechtung erklären müssen. Dies habe er jedoch nicht getan, so dass er sich an dem Vertrag festhalten lassen müsse.

Umfassendes Gutachten zum Haftungsregime für Host- und Access-Provider im Bereich der Telemedien

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. hat heute im Rahmen einer Pressekonferenz ein umfassendes Gutachten zum Haftungsregime für Host- und Access-Provider im Bereich der Telemedien vorgestellt. Das Gutachten geht insbesondere auf den Rechtsrahmen für hoheitliche Sperrungsverfügungen (z.B. Kinderpornographie), das System der abgestuften Verantwortlichkeit nach dem Telemediengesetz (TMG) sowie das Phänomen der sog. Internet-Piraterie im Lichte der Forderung der Rechteinhaber nach einer „Graduated Response“ ein und problematisiert, in welchem Verhältnis die unterschiedlichen Sperranforderungen an die Provider zum geltenden Haftungsregime für Host- und Access-Provider stehen.
Im Zusammenhang mit der jugendmedienschutzrechtlichen Haftung kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine Inanspruchnahme von Access-Providern nur im Rahmen einer gesetzlichen Neuregelung und auch dann nur als žultima ratioœ sowie regelmäßig nur für Sachverhalte erfolgen darf, die außerhalb der Europäischen Union liegen. Dementsprechend fordert BVDW-Vizepräsident Matthias Ehrlich eine Klarstellung des Gesetzgebers durch eindeutige gesetzliche Regelungen.

žAccess-Provider sind für Rechtsverletzungen, die im Internet begangen werden, nicht verantwortlich. Sofern der Gesetzgeber dennoch durch Inanspruchnahme der Access-Provider als žNichtstörerœ gegen diese Rechtsverletzungen vorgehen will, kann dies nur auf Grundlage klarer gesetzlicher Regelungen erfolgen. Diese müssen auch eine umfassende Freistellung von Haftungsansprüchen sowie eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Kostenerstattung beinhaltenœ, so Matthias Ehrlich. žWir würden uns wünschen, dass in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine eindeutige und verbindliche rechtliche Einstufung von Informationen als šschwerwiegende Rechtsverletzungen herausragender Rechtsgüter™ vorgenommen wirdœ.

Sperrungen, also die vollständige Verhinderung der Erreichbarkeit eines rechtswidrigen Inhalts im Internet, sind nach Auffassung des BVDW aufgrund der dezentralen Strukturen des Internet nicht möglich. Allenfalls sind Zugangsbeschränkungen realisierbar, die sich jedoch mit einfachsten Mitteln jederzeit umgehen lassen und zudem teils zu erheblichen Kollateralschäden führen können. žBei jeder Maßnahme müssen die betroffenen Grundrechte (z.B. Art. 10, 12, 14 und 5 Grundgesetz (GG)) abgewogen werdenœ, stellt Matthias Ehrlich fest. žZudem gilt es, das Telekommunikationsgeheimnis zu wahren. Für freiwillige netzbasierte žSperrenœ durch Access-Provider sehen wir aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Einhaltung des Telekommunikationsgeheimnisses derzeit keine rechtliche Grundlageœ, so Ehrlich weiter.

Zivilrechtliche Haftung von Host-Providern: Rechtsunsicherheit beseitigen
Das Gutachten legt dar, dass die derzeitige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu wettbewerbs¬rechtlichen Verkehrspflichten und zur Störerhaftung im Immaterialgüterrecht zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Host-Provider führt. Das Verbot der Auferlegung allgemeiner Überwachungspflichten wird nicht ausreichend beachtet. Der BVDW verweist klar auf den Gesetzgeber, dessen Aufgabe es ist, zeitnah eine Klärung der aufgezeigten und weitreichenden Probleme und Haftungsfragen herbeizuführen. Sorgfaltspflichten der Host-Provider müssen durch den Gesetzgeber “ nicht die Rechtsprechung – definiert werden.

žAus unserer Sicht sollte die Haftung der Host-Provider in jedem Einzelfall und für jeden Provider gesondert geprüft und festgestellt werden. Auf dieser Basis kann dann eine abgestufte Inanspruchnahme “ zunächst der unmittelbar verantwortlichen Content-Provider “ erfolgenœ, erklärt Rechtsanwalt Gerd M. Fuchs, Justiziar und Referent Medienpolitik beim BVDW. žWünschenswert wäre zudem eine gesetzliche Bestimmung zur Subsidiarität der Haftung von Host-Providern und die Etablierung eines gesetzlich geregelten žNotice & Takedownœ Verfahrens im Bereich des Immaterialgüterrechtsœ.

Zivilrechtliche Haftung von Access-Providern: kein Raum für žGraduated Responseœ
Das Gutachten kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Rechtsprechung des BGH zur Haftung von Host-Providern nicht auf Access-Provider übertragbar ist. Letztere stellen lediglich die Verbindung zu dem weltweiten Kommunikationsnetz her, ohne dabei in irgendeiner Weise über Inhalte und die Form der Angebote und Webseiten bestimmen zu können und zu wollen. Der Transport fremder Informationen über die Infrastruktur der Access-Provider ist jederzeit inhaltsneutral, d.h. der erbrachte Telekommunikationsdienst erschöpft sich in der technischen Übermittlung von Datenpaketen, ohne dass diese inhaltlich zu qualifizieren wären.

Eine Inanspruchnahme von Access-Providern im Hinblick auf die Verletzung von Immaterialgüterrechten wie bspw. Urheberrechte durch deren Kunden scheidet nach Auffassung des BVDW ebenfalls aus. žHier ist allenfalls die Einführung von allgemeinen Informations- und allgemeinen Aufklärungspflichten gegenüber den Endkunden denkbarœ, so Matthias Ehrlich.

Im Hinblick auf die Haftung der Access-Provider fordert der BVDW eine Klarstellung im Gesetz, dass Access-Provider aufgrund ihrer inhaltsneutralen Tätigkeit generell nicht für Rechtsverletzungen Dritter haften und regt eine gesetzliche Konkretisierung von allgemeinen Informations- und Aufklärungspflichten der Provider gegenüber ihren Kunden an. žIndividuellen Vereinbarungen zwischen Rechteinhabern und Providern “ etwa nach dem französischen und englischen Modell einer žGraduated Responseœ (Olivennes) “ erteilt der BVDW mangels eines gesetzlich geregelten Rahmens unter Interessensabwägung und Ausgleich sämtlicher betroffener Grundrechtspositionen allerdings eine klare Absageœ, unterstreicht Fuchs. žDer neu geschaffene immaterialgüterrechtliche Drittauskunftsanspruch aus $ 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG ermöglicht den Rechteinhabern ein unmittelbares Vorgehen gegen Rechtsverletzer. Weitergehende Schritte ohne Bewertung dieses neuen Instruments der Rechtsverfolgung sind aktuell nicht angebrachtœ, resümiert BVDW-Vizepräsident Matthias Ehrlich.

Das komplette Gutachten kann unter www.bvdw.org/index.php?id=2043 herunter geladen werden.

Landgericht Hamburg: Quellen-Telekommunikationsüberwachung unzulässig

Wie die Kollegen vom Beck-Blog berichten hat das Landgericht Hamburg bereits von 8 Monaten entschieden, dass die die Verwendung eines Trojaners zur Überwachnung der Telekommunikation unzulässig sei. Ein solches Verhalten greife greife in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ein. Eine Annexkompetenz  zu $ 100a StPO komme nicht in Frage. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte zuvor in einem Ermittlungsverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten eine Telefüberwachung genehmigt bekommen.

Das Urteil kollidiert aber mit den Bundesverfassungsgerichtsurteil über die Onlinedurchsuchung, in dem dieses klarstelle dass Art. 10 GG alleiniger Maßstab für die Überwachung von Daten aus einem laufenden Kommunikationsvorgang sei und somit Art. 13 GG nicht eingreife. Auch hat der Emittlungsrichter des BGH sowie das Amtsgericht München bereits gegenteilig entschieden und den Einsatz von Trojanern gebilligt.

Die weitere Entwicklung bleibt also spannend.

Vorsicht Falle: Zahlungsverkehr im Onlinehandel – Neuer Artikel in der MIM

Der inzwischen zweite Artikel von mir in der Fachhandelszeitschrift MIM aus dem Mediantainmentverlag ist in der Ausgabe vom letzten Freitag erschienen. Auch weiterhin werde ich alle 14 Tage die Kolumnen-Reihe „Ihr Gutes Recht“ für diese Publikation für die Gamesbranche veröffentlichen.

Der Artikel kann bei Interesse auch online nachgelesen werden.

Den Artikel im Heftlayout gibt es hier, indem man auf „Aktuelle Ausgabe“ klickt.

Volkswagen Konzern hat Anrecht auf Domain www.vw.de

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Volkswagenkonzern einen Anspruch auf die Domain www.vw.de hat. Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der DENIC sei ihr Verhalten an den strengen Vorgaben der $$ 20 Abs. 1, 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB zu messen. Eine willkürliche Ungleichbehandlung, wie diese durch den Umstand, dass der direkte Konkurrent BMW seinen Firmennamen bmw.de registrieren könne, ist ihr daher nicht möglich und sei auch nicht durch technische Bedenken gerechtfertigt. Bisher sind die Domains www.ix.de, www.hq.de und db.de die einzigen Domains mit zwei Buchstaben unter der Toplevel-Domain .de.

Die Revision zum BGH ließen die Richter nicht zu, wogegen die DENIC aber bereits Beschwerde eingelegt. Das Urteil kann man hier im Volltext nachlesen.

Für Unternehmen, die durch das GWB geschützt werden, ein unter Umständen sehr interessantes Urteil.

Erneut: Zur Störerhaftung eines Onlineauktionshauses

Der u.a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute erneut entschieden, dass ein Internetauktionshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn Anbieter auf seiner Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.

Die Klägerinnen produzieren und vertreiben Uhren der Marke „ROLEX“. Sie sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Auf der von der Beklagten betriebenen Internet-Plattform „ricardo“ hatten Anbieter gefälschte ROLEX-Uhren zum Verkauf angeboten, die ausdrücklich als Plagiate gekennzeichnet waren. ROLEX nahm daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Oberlandesgericht Köln hatte dem Unterlassungsbegehren im Wesentlichen stattgegeben, nachdem der Bundesgerichtshof eine anders lautende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Jahre 2004 aufgehoben hatte (BGH, Urt. v. 11.3.2004 “ I ZR 304/01, BGHZ 158, 236 “ Internet-Versteigerung I).

Der Bundesgerichtshof hat das Verbot nunmehr beschränkt auf das konkret beanstandete Verhalten bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Markenverletzungen festgehalten. Danach betrifft das im Telemediengesetz (TMG) geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Internetplattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Markenverletzung vorliegt. Die Beklagte muss “ wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen wird “ nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. Der BGH hat betont, dass der Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Anbieter der gefälschten Uhren zumindest in einigen Fällen im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben. Dem beklagten Internetauktionshaus war bekannt, dass es in der Vergangenheit auf seiner Internet-Plattform bereits zu klar erkennbaren Verletzungen der Marken der Klägerinnen durch Dritte gekommen war. Sie hätte deshalb durch Kontrollmaßnahmen Vorsorge dafür treffen müssen, dass es nicht zu weiteren Markenverletzungen kommt. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte darlegen müssen, dass sie nach Bekanntwerden der markenverletzenden Angebote derartige Kontrollmaßnahmen ergriffen hat und die beanstandeten Fälle auch durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden konnten. Dem ist die Beklagte “ auch nach Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht durch das erste Revisionsurteil im Jahre 2004 “ nicht nachgekommen.

LG Berlin zum "fliegenden Gerichtsstand"

Auf eine interessante Entscheidung, jedoch bereits aus Dezember 2007, weist der Kollege Dr. Bahr hin. Danach hat das Landgericht Berlin betreffend dem in einem Verfahren betreffend einer Stadtplanabmahnung gegen einen Zahnarzt aus Nordrhein-Westfalen, seine örtliche Zuständigkeit mit der Begründung verneint:

Die freie Überlassung der Gerichtsstandswahl an den Kläger widerspricht jedoch dem Leitgedanken der Zuständigkeitsvorschriften der ZPO. Die Zuständigkeitsregeln beruhen auf dem Gedanken der Lastenverteilung zwischen Kläger und Beklagtem.

Während der Kläger das žOb“ der Klageerhebung, den Zeitpunkt und die Art des Klageangriffs bestimmen kann, richtet sich die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts grundsätzlich nach dem Wohnort des Beklagten. (…)

Gegen die Auffassung (…) spricht ferner, dass die Anwendung von $ 32 ZPO eine räumliche Bestimmbarkeit eines besonderen, von anderen gesetzlichen Gerichtsständen unterscheidbaren Begehungsort voraussetzt (…).

[Es] (…) existiert bei unerlaubten Handlungen im Internet aber kein bestimmbarer Ort, der den besonderen Gerichtsstand begründen könnte. Vielmehr führt die herrschende Meinung zu einem außergesetzlichen Wahlgerichtsstand zu Gunsten des Klägers (…), der jedoch, wie vorstehend dargelegt, dem Leitgedanken der Zuständigkeitsregeln der ZPO widerspricht.“

Die Richter stellen sich damit direkt gegen die noch herrschende Meinung, dass der sogenannte fliegende Gerichtsstand bei Internetstreitigkeiten eine örtliche Zuständigkeit im ganzen Bundesgebiet ermöglicht. Allerdings scheint es langsam immer mehr  „Abweichler“ zu geben, im Januar diesen Jahres hat beispielsweise auch das Kammergericht in Berlin entschieden, dass die Ausnutzung des „fliegenden Gerichtsstandes“ rechtsmißbräuchlich und eine entsprechende Abmahnung damit rechtswidrig sein kann.

In dem Verfahren des Landgericht Berlin läuft die Berufung, die Entscheidung des Kammergericht in diesem Fall dürfte daher besonders interessant sein.

Prof. Dr. Thomas Hoeren: Kritik am IT-Grundrecht

Die Kollegen von Telemedicus verweisen auf einen interessanten Kommentar von Prof. Dr. Thomas Hoeren, seines Zeichen Direktor der Zivilrechtlichen Abteilung des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Universität Münster. In dem Editorial der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift MMR beschäftigt er sich mit der Frage, was eigentlich das Grundrecht auf Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme sei, die bekannte Grundrechtsneuschöpfung des Bundesverfassungsgerichtes zu seinem Urteil betreffend der Onlinedurchsuchungen. Seine Haltung dazu ist bereits in den ersten Worten erkennbar:

Da ist schon der Titel des neuen Grundrechts selbst, der mich nachdenklich macht.

Auch im weiteren Verlauf, lässt er wenig Gutes an der Kreation aus Karlsruhe erkennen:

[…]Und so bleibt die Entscheidung auch in anderen Teilen mysteriös. Wie unterscheidet man z.B. zwischen dem Zugriff „auf das informationstechnische System insgesamt“ und dem Zugriff „auf einzelne Kommunikationsvorgänge oder gespeicherte Daten“ (Ziff. 201)?[…]

Und so rudert das Gericht hin und her. Das neue Grundrecht ist natürlich zu weit formuliert, was die einbezogenen Systeme angeht. […]

Den ganzen Text findet man hier.

Dämpfer für Filesharing-Abmahner? US Studie bestätigt Zweifel an der Beweisführung via IPs

Ein Ansatzpunkt für Anwälte, die potentielle Nutzer von Filesharing-Diensten vertreten, ist in letzter Zeit, die Beweisführung der Rechteinhaber, basierend auf der IP-Adresse des angeblichen Rechteverletzers, anzuzweifeln. Eine neue Studie der Universität Washington zeigt jetzt, dass diese Zweifel nicht nur hilflose Versuche der Anwälte sind, sondern durchaus berechtigt sein können. Die Studie zeigt, dass jederzeit Beschuldigungen und somit Abmahnungen erfolgen können, obwohl die betreffende Person weder Daten heruntergeladen noch getauscht hat. Gleichzeitig weißt die Studien nach, dass die IP-Adresse manipuliert werden kann. Die Studie findet man hier.

Die Entwicklung der Rechtsprechung dürfte daher in Deutschland spannend bleibend. Bereits im März hatte das Landgericht Hamburg entschieden, dass die von der Firma proMedia gefertigten Ausdrucke hinsichtlich der IP-Adresse kein geeignetes Beweismittel für die ordnungsgemäße Durchführung der Ermittlungen seien.