Der lügende Gegner oder „Alle Mittel sind recht“

Als ich am Wochende diesen Blogeintrag gelesen hatte, fühlte ich mich sofort daran erinnert, was mir vor kurzem passiert ist. Wir hatten jemanden abgemahnt, weil er auf eBay die Urheberrechte unserer Mandantin in Massen verletzt.

Wir erhielten darauf ein Schreiben, in dem der Verletzter sich entschuldigte, sich angeblich nicht bewusst war, dass ein selbst gemaltes Bild eine Urheberrechtsverletzung sein kann, er sich aber versuchen würde, Geld von seiner Oma zu leihen, damit er nicht vor Gericht müsse. Das Schreiben war sehr kindlich geschrieben, viele Rechtschreibfehler eingebaut und machte auch ansonsten keinen hinterlistigen Eindruck.

Ich wollte ihm daher ein Ratenzahlung für die fiktive Lizenzgebühr und unsere Honorarnote anbieten:

Ich habe mit meiner Oma geredet und sie würde mir 500 Euro zur Verfügung stellen um die Sache zu erledigen da Sie auch nicht möchte das ich vor Gericht muss und die Sache vom Tisch ist.

Ich kann dann noch 100 euro drauf legen somit kann ich sofort 600 Euro bezahlen, mehr Gelt ist als Summe im Moment nicht da.

Wenn das nicht geht muss ich die Summe in Raten zu 100 Euro zahlen da mir nicht mehr zur Verfügung steht .

Beinahe wären wir darauf eingegangen. Zum Glück war die Mandantin noch einmal vor Ort und erzählte, dass diese Schreiben alle gelogen sein müssten, da alleine die Waren, die er gerade auf eBay anbieten würde, einen Warenwert von mehr als 100.000 Euro hätten, Lagerplatz bräuchten und es sich nie und nimmer um einen Jugendlichen etc handeln könnte. Vielmehr wäre dies eine Masche.

Wir spielten also mit härteren Bandagen, machten keine Zugeständnisse mehr und plötzlich, dreimal darf man raten, hat wohl auch der Opa noch Geld gehabt, denn er beglich die Forderung mit einer einzigen Zahlung. Mir passiert das nicht noch einmal und wenn Antwortschreiben noch so viel Herzschmerz beinhalten. Erstaunt bin ich jedoch schon, da muss schon viel – fast kriminelle – Energie dahinter stecken, derartige Briefe zu verfassen.

Mal wieder: „problematische“ Computerspiele in der Diskussion

Meiner Meinung nach sollte ein Computerspiel nicht nur deshalb verboten werden können, weil es jemandem nicht gefällt. Persönlich bedauere ich es zuweilen zwar, dass das Angebot an Actionspielen von Titeln dominiert wird, in denen das simulierte Töten von Menschen im Mittelpunkt steht. Da ich aber davon überzeugt bin, dass das Klicken auf Pixel niemanden dazu bringt, in der Realität auf seine Mitmenschen, loszugehen halte ich diese Titel allenfalls ihres Suchtpotentials wegen für gefährlich.

Jetzt aber bin ich über einen Artikel über ein (zugegebenermaßen schon älteres) Spiel gestolpert, das die Simulation von sexueller Belästigung bis hin zur wiederholten Vergewaltigungen zum Gegenstand hat. Und auf einmal muss ich über die Frage, ob manche Spiele verboten werden sollten, neu nachdenken. Zwar dürfte ein solches Spiel unter das in Deutschland bereits existierende Verbot der Verbreitung gewaltpornographischer Schriften gem. § 184a StGB fallen. Um zu untersuchen, was für mich der Unterschied zwischen der Simulation physischer und der Simulation sexueller Gewalt ist, möchte ich die Frage eines Verbots dennoch diskutieren.

Mein Bauch sagt sofort: Ja, solche Spiele muss man aus dem Verkehr ziehen. Das ist etwas anderes als Herumballern; das hier ist böse und gefährlich. Wenn ich darüber nachdenke, finde ich auch Argumente für diese Ansicht. Das Schießen im Ego-Shooter ist für mich nicht das virtuelle Auslöschen eines Lebens. Es geht dort um schnelle Reaktionen und das Adrenalin, das ausgeschüttet wird, weil die eigene Spielfigur in Gefahr ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das, was der Spieler dabei empfindet, in irgendeiner Weise mit einer realen Tötungshandlung vergleichbar ist. Schließlich scheint es auch paradox, dass der Staat Kriegssimulationen verbieten soll, wenn gleichzeitig Staatsbürger gezwungen werden, im Grundwehrdienst (auch) das Töten zu lernen.

Auch zeigen zahllose Filme, dass viele Menschen (meist Jugendliche männlichen Geschlechts) sich vom Anblick und von der Geräuschkulisse eines Schlachtfeldes faszinieren lassen – zumindest solange dessen wahrer Horror nicht allzu wahrhaftig spürbar wird. Im Gegensatz dazu wird Vergewaltigung im Film fast ausnahmslos als zutiefst abstoßend empfunden. Diese gesteigerte Sensibilität mag daher kommen, dass wir gegenüber dieser Art von Gewalt nicht so abgestumpft sind, wie wir es gegenüber physischer Gewalt aufgrund deren ständiger Präsenz in den Medien sind. Die Ablehnung mag auch daher kommen, dass eine Vergewaltigung nicht einfach harmlos und ästhetisch dargestellt werden kann.

Darüber hinaus denke ich aber auch, dass der Zuschauer auf sexuelle Gewalt anders reagiert als auf physische: weniger als das Gesehene wirkt das, was man mit dem Opfer fühlt.

Stellt man sich nun den Konsumenten eines solchen Computerspiels vor, so muss man davon ausgehen, dass er nicht wie die meisten Menschen mit dem Opfer fühlt und ihn das Spielgeschehen abstößt. Andernfalls würde er ja nicht spielen. Gleichzeitig wird durch die visuelle Stimulation sein Sexualtrieb direkt angesprochen. Ob dies sich tatsächlich in irgendeiner Weise auf das Verhalten eines Menschen auswirken kann weiß ich nicht (zum Thema auch hier). Jedenfalls bin ich davon überzeugt, dass eine solche Gewaltdarstellung auf den Konsumenten erheblich anders wirken als ein Ballerspiel, und aufgrund der Stimulation dessen Instinkts auch wesentlich geeigneter ist, sich auf sein Verhalten auszuwirken.

Schließlich sehe ich aber das Entscheidende Problem nicht im Verbot der Titel. Vielmehr zeigt ein Blick auf die aktuellen Bemühungen um den Jugendschutz-Staatsvertrag, wie kompliziert eine effektive Durchsetzung eines Verbots wäre. Den Nutzer eines solchen Spiels zu belangen (ähnlich wie bei der Kinderpornographie, dazu hier) läge fast genauso nahe wie die Bestrafung der Hersteller. Müsste man aber auch die Netzbetreiber dazu verpflichten, gegen die Nutzung und den Vertrieb von solchen Spielen über das Internet vorzugehen? Eine solche Pflicht würde zwar die Durchsetzung eines Verbotes erheblich erleichtern, zugleich aber die Tür zur Internetzensur weiter aufdrücken. An dieser Stelle steht wieder die Frage der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit, die die Entwicklung des Internets noch auf etliche Jahrzehnte begleiten wird. Tendenziell sehe ich aber die Pflicht, den Rechtsstaat auch im Internet zu verteidigen, beim Staat und nicht bei den Netzbetreibern.

EuGH zu den Hin- und Rücksendekosten im Onlinehandel

Die Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz1 bestimmt, dass ein Verbraucher einen Vertragsabschluss im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Strafzahlung und ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

Eine im Versandhandel tätige Gesellschaft, Heinrich Heine, sieht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass der Verbraucher einen pauschalen Versandkostenanteil von 4,95 Euro trägt. Diesen Betrag hat das Versandunternehmen auch dann nicht zu erstatten, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ein deutscher Verbraucherverein, erhob gegen Heinrich Heine Klage auf Unterlassung dieser Praxis, da sie der Auffassung ist, dass dem Verbraucher im Fall des Widerrufs nicht die Kosten der Zusendung der Ware auferlegt werden dürfen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, der diesen Rechtsstreit letztinstanzlich zu entscheiden hat, gewährt das deutsche Recht dem Verbraucher keinen ausdrücklichen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zusendung der bestellten Ware. Da der Bundesgerichtshof jedoch Zweifel hat, ob es mit der Richtlinie vereinbar ist, wenn dem Verbraucher, der sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, die Kosten der Zusendung der Waren in Rechnung gestellt werden, ersucht er den Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie.

In seinem heute ergangenen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Lieferer in einem im Fernabsatz abgeschlossenen Vertrag dem Verbraucher die Kosten der Zusendung der Waren auferlegen darf, wenn dieser sein Widerrufsrecht ausübt. Die Bestimmungen der Richtlinie zu den Rechtsfolgen des Widerrufs haben eindeutig zum Ziel, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten erlaubt wäre, zuzulassen, dass im Widerrufsfall die Kosten der Zusendung zulasten dieses Verbrauchers gingen, liefe diesem Ziel zuwider. Im Übrigen stünde eine solche Belastung des Verbrauchers mit den Kosten der Zusendung zusätzlich zu den unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware einer ausgewogenen Risikoverteilung bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz entgegen, indem dem Verbraucher sämtliche im Zusammenhang mit der Beförderung der Waren stehenden Kosten auferlegt würden.

Pro bono einmal anders

Seltsame Email habe ich am 1.4 bekommen. Das muss ein Aprilscherz gewesen sein:

„mein Name ist […] und auf Grund dessen, dass ich in Österreich wohne, möchte ich in Österreich Gewerbe aufmachen, damit ich auf einer deutschen Internetseite ein Internetgeschäft aufmachen kann. Da ich dafür die deutschen Rechtsvorschriften brauche, wende ich mich auf sie und bitte sie um ihre Ratschläge. Mit den Rechten habe ich leider keine Erfahrungen. Welche Rechte muss ich behalten. Was sollte auf meiner Internetseite stehen (zB. Welche Rechte, weil auf anderen Internetseiten habe ich gesehen die AGB oder die Datenschutzbestimmungen,.). Wenn auf einer Internetseite nicht Copyright steht, kann ich nicht einfach ihre die Rechte übernehmen?

Irgendwie verstehe ich schon nur die Hälfte von dem was der Absender von mir will, muss am Dialekt liegen.

Allzuviel beschäftigen will ich mich aber auch nicht damit denn die Email endet mit:

Ihre Hilfe ist sehr wichtig für mich. Leider kann ich ihnen nicht, für die Zeit, die sie für mich aufwenden bezahlen.

Wenn Domaininhaber in Mariott-Hotels wohnen

Eine Abmahnung wegen Wettbewerbsverstößen von letzter Woche kam heute als unzustellbar zurück, geschickt an die Adresse des Domaininhabers bei der DENIC. Eigentlich hatte mich schon bei dem amerikanisch klingenden Namen gewundert, aber es erst einmal versucht.

Gerade telefoniere ich mit dem Mandanten, um zu überlegen was wir als nächstes tun werden, da sagt er mir: „Ich habe gerade einmal bei Google Earth geschaut, wissen Sie was sich an dieser Adresse befindet? Das Mariott Hotel in X“. So wie sich also Unmengen an Deutschen Friseure in New York raussuchen, um mit Kreditkarten in US-Onlineshops bezahlen zu können, hat hier also – vermutlich – einer unserer US-Freunde sich eine fiktive Adresse rausgesucht.

Jetzt müssen wir schauen, was mehr Sinn macht. Die DENIC doch aufzufordern ein Löschungsverfahren wegen Verstoss gegen deren AGB einzuleiten, damit der Mandant sich dann die Domain holt, oder sich an den deutschen Admin-T, also den Provider, zu wenden. Beides könnte langwierig werden, weil die DENIC nicht in Streitigkeiten gezogen werden will und wir – zumindest keinen unumstrittenen – direkten Anspruch gegen diese haben und der Hoster, weil er sich aller höchstens als Störer fühlen wird.

Viel Lärm um Silent Hunter 5

Nachdem Ubisoft sich erst wegen eines problematischen Kopierschutzes den Ärger seiner Kunden zugezogen hatte, kommt jetzt der nächste Rückschlag für den Titel „Silent Hunter 5“: im Handbuch der Collector‘s Edition ist ein Hakenkreuz übersehen worden.
Computerspiele, die den zweiten Weltkrieg thematisieren, werden aufgrund des § 86a StGB für den deutschen Markt grundlegend grafisch „überarbeitet“. Wegen des Verbots verfassungsfeindlicher Symbole werden alle Hakenkreuze aus dem Spiel, vor allem aus dem Spielgeschehen entfernt. Die jeweiligen Geschäftsführer der für die Spiele verantwortlichen Unternehmen haben auch einen guten Grund, hierbei sehr sorgfältig vorzugehen: ist der Straftat bestand erfüllt, so können sie und die weiteren Verantwortlichen persönlich bestraft werden. Eine Vorstrafe im Führungszeugnis wegen „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ wiegt doch (zumindest für die Betroffenen) deutlich schwerer als eine Geldstrafe gegen das Unternehmen und/oder ein Verkaufsverbot für einen Titel.
Die Berechtigung des Hakenkreuzverbotes braucht nicht diskutiert zu werden. Streit darum, wie weit das Verbot gehen sollte, gab es allerdings in der Vergangenheit schon viel. Nach einem Studenten 2006 wurde erst 2007 ein Versandhändler freigesprochen, nachdem die Staatsanwaltschaft auch durchgestrichene oder zerschlagene Hakenkreuze als verfassungsfeindliche Symbole angesehen und Anklage erhoben hatte.

Silent Hunter 5 ist auch nicht der erste Titel, der mit dem Hakenkreuzverbot Schwierigkeiten bekam. Bereits das Spiel „Wolfenstein 3D“, einer der ersten Ego-Shooter überhaupt, wurde wegen der im Spiel zu sehenden Nazi-Symbole beschlagnahmt, der Verkauf wurde verboten. Eine Sicherheitspanne bei EA hatte unlängst dazu geführt, dass die unzensierte Version des Spiels „Saboteur“ (mit Hakenkreuzen) über den Downloadmanager des Spiels abrufbar war. Auch der aktuelle Nachfolger von „Wolfenstein 3D“, der Titel „Wolfenstein“, wurde letztes Jahr zurückgezogen, weil dem Publisher Activision Blizzard ein im Spielgeschehen sichtbares Hakenkreuz aufgefallen war. Zwar sei das Symbol nur unscheinbar und kurz zu sehen gewesen. Vermutlich wegen der oben angesprochenen möglichen Konsequenzen wurde der Verkauf jedoch gestoppt und der Titel zurückgerufen.

Auch das in „Silent Hunter 5“ sichtbare Hakenkreuz ist denkbar unauffällig: es ist Teil eines Stempels auf einem Dokument auf einem Hintergrundbild im Handbuch zum Spiel. Wäre es nicht so unauffällig gewesen, wäre es wohl auch vor dem release entdeckt worden. Nun drängt sich die Frage auf, wie die Frage rechtlich zu bewerten ist.

Die Hakenkreuze und ähnliche Symbole müssten „Propagandamittel“ sein. Wer bei dekorativen Hintergründen und gegnerischen Uniformen daran zweifeln will, dass es sich um Propagandamittel handelt, kann das gerne tun. Man muss aber bedenken, dass die Gerichte diese Zweifel nicht teilen werden und sollte sich daher auf diese Argumentation nicht verlassen.
Genauso wenig geht es dabei die Frage, ob durch das Vorhandensein von Symbolen in einem Spiel (oder dem dazugehörigen Handbuch) diese auch „verwendet“ werden. Um ein Symbol zu verwenden, muss man es nur wahrnehmbar machen. Dass das Hakenkreuz „Silent Hunter 5“ so unscheinbar ist, dass es schon schlecht erfunden klingt, spielt in der rechtlichen Wertung daher zunächst keine Rolle. Ein Hakenkreuz ist ein Hakenkreuz.

Wo aber ist der Unterschied zwischen Computerspielen und Filmen, in denen das Hakenkreuzverbot offensichtlich weniger streng gehandhabt wird?

In § 86 Abs. 3 StGB, auf den § 86a StGB verweist, ist unter anderem die Kunst ausdrücklich vom Verbot ausgenommen. Daher brauchen nicht nur Dokumentarfilme, die sich auf die ebenfalls in § 86 Abs. 3 StGB genannte „Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte“ berufen können, die Härte des Gesetzes nicht zu fürchten, wenn es um Hakenkreuze geht. Auch Spielfilme genießen die Kunstfreiheit, im Fall von „Inglourious Basterds“ etwa auch gerne großzügig und ohne nennenswerte historische Bezüge.

Im Verbotsverfahren um „Wolfenstein 3D“ hatte das Gericht seinerzeit dem Spiel nicht das Privileg der Kunstfreiheit zugesprochen, ohne sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dies könnte bei einem erneuten Verfahren anders gesehen werden. Die Wahrnehmung von Computerspielen in der Öffentlichkeit hat sich seit den 90ern grundlegend verändert. Schon die Tatsache, dass Sie diesen Artikel lesen zeigt, dass sowohl die kreativen Leistungen als auch der wirtschaftliche Wert, die Computerspielen innewohnen, heute viel mehr Wertschätzung erfahren als noch vor 10 oder gar 20 Jahren. Einen neuen Aspekt hat die Diskussion nun auch dadurch erhalten, dass der Deutsche Kulturrat Computerspiele nun zum Kulturgut erklärt hat. Damit ist die Debatte darum, ob Computerspiele Kunst sind, mit Sicherheit noch nicht beendet. Es wird aber immer schwieriger, dies zu verneinen.

Es soll hier auch noch klargestellt werden, dass nicht der freien Verwendung von Hakenkreuzen eine Lanze gebrochen werden soll. Auch Computerspiele können faschistische Propaganda enthalten, wie einige unappetitliche Beispiele bereits gezeigt haben. Der von der Rechtsprechung angewandte „offene Kunstbegriff“ nimmt daher auch eine Gesamtbetrachtung vor, aufgrund derer nicht jeder Kunst-Charakter gleich die Strafbarkeit ausschließt. Im Zweifel weiß aber der rechtsstaatlich gesinnte Publisher die in der Verfassung verankerte Kunstfreiheit auf seiner Seite.

Vielleicht sollte man die Verantwortlichen auch dazu ermutigen, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Die gerade den Computerspielen eigene Internationalität macht nämlich den gesonderten Umgang mit der speziellen deutschen Gesetzlage immer schwieriger. In Deutschland sind beispielsweise die internationalen Websites der Spiele „Silent Hunter 5“ und „Wolfenstein“ wie überall auf der Welt abrufbar. Aus den internationalen Trailern und Screenshots sind jedoch die Hakenkreuze nicht immer entfernt – und auch das kann im Zweifel den Tatbestand des § 86a StGB erfüllen, wenn nicht der Schutz der Kunstfreiheit eingreift.

Auf der anderen Seite darf man natürlich nicht unterschätzen, dass das Verbot eines Titels noch viel dramatischere finanzielle Konsequenzen als ein Rückruf haben kann. Für ein mittelständisches Unternehmen könnte ein Verbot so teuer werden, dass es unter Umständen nicht mehr die Mittel hätte, all diese Fragen vor Gericht auszufechten.

Dieser Artikel erscheint in der nächsten Ausgabe der zeitschrift DMM.

Grenzüberschreitende Internetgeschäfte – eine aktuelle Darstellung der Rechtslage

Durch Zunahme der Geschäfte im Internet, vor allem auch über ausländische Online-Shops, kommt es immer wieder zu rechtlichen Problemen. Es stellt sich hierbei einerseits die Frage, welches Gericht bei Streitigkeiten zuständig ist, andererseits die Frage, welche Rechtsordnung zur Anwendung kommt.

Wo muss ich/kann ich klagen?

Zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit bei Verbrauchersachen sind die Art. 15-17 Brüssel I-VO einschlägig. Danach hat der Verbraucher selbst die Wahl, ob er an seinem Wohnsitz klagt, oder ob er in dem Wohnsitzstaat seines Vertragspartners klagt. Selbst verklagt werden kann der Verbraucher hingegen nur an seinem Wohnsitz. Um zur Anwendbarkeit des Art. 16 Brüssel I-VO zu kommen, muss der sachliche, persönliche und räumliche Anwendungsbereich eröffnet sein. Zu Problemen kommt es hierbei zumeist beim räumlichen Anwendungsbereich beim Begriff des „Ausrichtens“ in Art. 15  Abs. 1 lit. c Brüssel I-VO.

Dieser Begriff spielt vor allem bei Internetgeschäften eine gewichtige Rolle, da es nur schwierig nachzuweisen ist, an welchem Ort der Vertragsschluss nun stattgefunden hat, weshalb er aus Verbraucherschutzgesichtspunkten auch in die Verordnung aufgenommen wurde.

Bei interaktiven Websites ist ein Ausrichten grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Anbieter einen Vertrag mit dem Verbraucher über seine Website schließt, unabhängig davon, in welcher Sprache die Website gestaltet ist. Schließt demnach ein Verbraucher einen Kaufvertrag über ein Computerspiel über www.amazon.co.uk ab, so richtet sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte bei Streitigkeiten nach Art. 15ff Brüssel I-VO. Will sich ein Online-Shop-Betreiber nicht der internationalen Gerichtsbarkeit aussetzen, so bleibt ihm folgende Möglichkeit:

Er muss den Kreis der möglichen Vertragspartner einschränken. Er schließt dann nur Verträge mit Verbrauchern aus den Ländern, deren Gerichtsbarkeit er bereit ist, sich zu unterwerfen. Bei www.amazon.co.uk könnte dies durch einen Hinweis „nur für Kunden in Großbritannien“ erfolgen.

Schwieriger ist die Frage nach der internationalen Zuständigkeit bei sog. „passiven Websites“ zu beantworten. Wann liegt bei ihnen ein „Ausrichten“ vor? Allein das Zugänglichmachen zu einer Website reicht hierfür nicht aus. Die Website muss die Aufforderung zum Vertragsschluss im Fernabsatz enthalten, der dann auch dementsprechend erfolgt. Die Art. 15ff Brüssel I-VO kommen ebenfalls zur Anwendung, wenn der endgültige Vertragsschluss per Fax zustande kommt. Bei passiven Websites liegt ein Ausrichten hingegen dann nicht vor, wenn auf der Website lediglich Produktinformationen zur Verfügung gestellt werden, der Vertragsschluss dann aber über einen örtlich ansässigen Vertragshändler erfolgt, denn hier ist kein grenzüberschreitender Vertragsschluss gewollt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang noch eine Entscheidung des BGH (BGH NJW 2009, 298): “ Für ein Ausrichten der gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers sei erforderlich, dass der Verbraucher dort zum Vertragschluss zumindest motiviert worden ist, auch wenn der Vertragsschluss selbst nicht in seinem Wohnsitzstaat erfolgt.“

Folgt man der Entscheidung des BGH so stellt sich die Frage, ob es eine Kausalität zwischen Ausrichten und Vertragsschluss geben muss. Eine mögliche Lösung dazu findet sich in Art. 6 Rom I-VO im Erwägungsgrund 25: „wenn der Vertragsschluss auf solche Tätigkeiten zurückzuführen ist.“ Da die Brüssel I-VO und die Rom I-VO im Einklang stehen sollen, gilt dies auch für die Brüssel I-VO.

Nun stellt sich darüber hinaus die Frage, welches Recht zur Anwendung kommt.

Bei Verbraucherverträgen über das Internet kam bislang Art. 29 EGBGB zur Anwendung. Dem sachlichen Anwendungsbereich entsprechend muss es sich um bewegliche Sachen handeln. Im Zeitalter des Internets, in dem Software, Musik oder auch Bücher per Download verkauft werden, stellt sich die Frage, ob Art. 29 EGBGB auch hierbei angewendet werden kann. Hier kann man ausführlich streiten, ob es etwas anderes ist, wenn man ein Buch in einer Buchhandlung kauft oder sich als eBook auf seinen Reader herunterlädt, und wie es dann mit dem Verbraucherschutz aussieht. Um auch dieses Problem zu vermeiden, trat am 17.12.2009 Rom I-VO in Kraft.

In Rom I-VO ist nur noch vom dem „Vertrag“ die Rede. Die Begriffe „Beweglichkeit“ und “ Körperlichkeit“ sind weggefallen, um auch dem Erwerb von Büchern, Musik usw. per Download gerecht zu werden.

Die Rechtsfolgen ändern sich durch das In-Kraft-Treten von Rom I-VO nicht. Der Verbraucher kann den Gerichtsstand wählen. Tut er dies nicht, so kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass eine vollständige Angleichnung der materiellen Zivilrechte zur Zeit noch nicht in Aussicht steht. Die Brüssel I-VO und die Rom I-VO helfen jedoch grundsätzlich dem Verbraucherschutz auf internationaler Ebene. Unternehmen, die auf internationaler Ebene tätig sein wollen, müssen bedenken, dass sie möglicherweise Prozesse im Ausland unter Anwendung ausländischen Rechts führen müssen. Große Unternehmen dürfte dies nicht abschrecken, kleinere Unternehmen könnten aufgrund der wirtschaftlichen Risiken davon abgehalten werden, international tätig zu werden. Für den Verbraucher könnte dabei der Nachteil entstehen, dass mangels ausreichender Konkurrenz die Preise nicht dementsprechend sinken.

Zu bedenken ist allerdings trotz Brüssel I-VO und Rom I-VO noch, dass häufig trotz Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in der Union durch die Brüssel I-VO das Vollstreckungsverfahren aufgrund zu hoher Kosten vor allem bei „kleineren“ Einkäufen außer Verhältnis steht, und somit häufig nicht durchgeführt wird.

Der BGH und Preissuchmaschinen

Im Moment merkt man, man muss ja eigentlich „Zum Glück“ sagen, dass Frühling wird und die Leute wieder streitlustiger sind. Die Arbeit nimmt zu, meine Zeit für Rechtmedial ab. Der BGH hat aber letzte Woche ein für Onlineshops wichtiges Urteil gefällt, welches ich nicht vorenthalten will

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Händler, der für sein Angebot über eine Preissuchmaschine wirbt, wegen Irreführung in Anspruch genommen werden kann, wenn eine von ihm vorgenommene Preiserhöhung verspätet in der Preissuchmaschine angezeigt wird.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit Haushaltselektronik. Der Beklagte bot am 10. August 2006 eine Espressomaschine der Marke Saeco über die Preissuchmaschine idealo.de an. Versandhändler übermitteln dem Betreiber dieser Suchmaschine die Daten der von ihnen angebotenen Produkte einschließlich der Preise. Die Suchmaschine ordnet diese Angaben in Preisranglisten ein. Die Preisgünstigkeit der Angebote bestimmt die Reihenfolge, in der die Anbieter in den Ranglisten genannt werden. Der Beklagte stand mit dem von ihm geforderten Preis von 550 EUR unter 45 Angeboten an erster Stelle, und zwar auch noch um 20 Uhr, obwohl er den Preis für die Espressomaschine drei Stunden zuvor auf 587 EUR heraufgesetzt hatte. Der Beklagte hatte idealo.de die Preisänderung zwar in dem Moment mitgeteilt, in dem er selbst den Preis auf seiner Internetseite heraufgesetzt hat. Derartige Änderungen werden dort aber nicht sofort, sondern erst zeitlich verzögert angezeigt.

Die Klägerin sieht in der unrichtigen Preisangabe eine irreführende Werbung des Beklagten. Sie hat ihn deshalb auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft in Anspruch genommen. Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preisvergleichsportals verbindet mit den ihm dort präsentierten Informationsangeboten regelmäßig die Erwartung einer höchstmöglichen Aktualität. Zwar sind Verbraucher heute mit den Besonderheiten des Internets und damit auch mit dessen technischen Grenzen weitgehend vertraut.

Sie gehen aber davon aus, dass die in einer Preissuchmaschine angebotenen Waren zu dem dort angegebenen Preis erworben werden können, und rechnen nicht damit, dass die dort angegebenen Preise aufgrund von Preiserhöhungen, die in der Suchmaschine noch nicht berücksichtigt sind, bereits überholt sind. Die Irreführung der Verbraucher wird auch durch den Hinweis „Alle Angaben ohne Gewähr!“ in der Fußzeile der Preisvergleichsliste nicht verhindert. Durch einen Klick auf diesen Hinweis öffnet sich ein Fenster mit einem weiteren Text, aus dem sich ergibt, dass „eine Aktualisierung in Echtzeit … aus technischen Gründen nicht möglich [ist], so dass es im Einzelfall insbesondere hinsichtlich der Verfügbarkeit bzw. der Lieferzeit von Produkten zu Abweichungen kommen kann“.

Der Bundesgerichtshof hat auch die Relevanz der Irreführung bejaht. Es stellt einen besonderen Vorteil im Wettbewerb dar, wenn ein Anbieter mit seinem Angebot in der Rangliste einer bekannten Preissuchmaschine an erster Stelle steht. Den Händlern ist es – so der BGH – zuzumuten, die Preise für Produkte, für die sie in einer Preissuchmaschine werben, erst dann umzustellen, wenn die Änderung in der Suchmaschine angezeigt wird.

Die WLAN-Haftung und der BGH

Donnerstag nächster Woche, am 18. März 2010, verhandelt der BGH über die Revision gegen das Urteil des OLG Frankfurt vom 01. Juli 2008, Az. 11 U 52/07. Diese Entscheidung war von den Gegnern der Abmahnanwälte als erste obergerichtliche Entscheidung gegen WLAN-Haftung gefeiert worden. Andere Gerichte – so etwa das OLG Düsseldorf (Urteil vom 27. Dezember 2007, Az. I-20 W 157/07) und das LG Frankfurt, Urteil vom 22. Februar 2007, Az. 2-3 O 771/06 – hatten bis dahin entschieden, dass der Betreiber eines Funknetzwerks mit Internetzugang für Urheberrechtsverstöße haftet, die von Dritten über seinen Internetanschluss begangen werden. Ein ungeschützter Internetzugang, so die Gerichte, stelle eine Gefahrenquelle dar, und den Betreiber treffe eine Sicherungspflicht. Das OLG Frankfurt hatte dagegen gemeint, dass diese Auffassung die Grundsätze der Störerhaftung überdehne. Grundsätzlich könne diese nicht auf Fälle vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens Dritter ausgedehnt werden.

Allerdings hat auch das OLG Frankfurt angenommen, dass den Inhaber eines Internetanschlusses Prüfungs- und Handlungspflichten zur Verhinderung von Rechtsverletzungen durch Dritte treffen können. Verletzt er diese Pflichten, so haftet er für die Rechtsverletzungen Dritter, wenn die Pflichtverletzung für die Rechtsverletzung kausal war. Voraussetzung für das Bestehen der Pflichten ist dem OLG Frankfurt zufolge aber, dass der Anschlussinhaber konkrete Hinweise und Erkenntnisse bezüglich rechtswidriger Handlungen Dritter hat oder haben müsste. Die „keineswegs unwahrscheinliche Möglichkeit einer Schutzrechtsverletzung“ durch Dritte allein rechtfertige nicht eine „Art Gefährdungshaftung“ des Anschlussinhabers; die Gefahr rechtswidriger Handlungen Dritter über einen Internetanschluss sei keine so nahe liegende, dass sie für die Annahme einer Sicherungspflicht ohne das Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten für Rechtsverletzungen ausreiche.

Der BGH wird daher entscheiden müssen, ob die Vielzahl von Urheberrechtsverletzungen im Internet dazu zwingt, jeden Internetanschluss als Gefahrenquelle zu betrachten, die vom Inhaber gesichert werden muss oder ob die Rechteinhaber jeden Verletzer individuell ausfindig machen müssen. Beides hätte drastische Auswirkungen: im ersteren Fall wären alle großen Netzwerke für die jeweiligen Betreiber kaum noch haltbar, denn je größer die Zahl der Nutzer eines Netzwerkes ist, desto höher auch die Gefahr der über den Internetanschluss begangenen Rechtsverletzungen. Diese zu verhindern ist kaum möglich – zwar gibt es Programme, die z. B. Filesharing-Programme von der Nutzung des Internets abhalten. Dies kann jedoch umgangen werden, und mit zunehmendem Verfolgungsdruck seitens der Rechteinhaber steigt die Versuchung für Raubkopierer, in die Anonymität großer, öffentlicher Netzwerke zu flüchten. Hotels könnten sich wohl kaum noch das Risiko eines Netzwerkes leisten und Internetcafés wären in ihrer Existenz bedroht, denn die Rechtslage gilt für private Nutzer genauso wie für kommerzielle Anbieter eines Internetanschlusses. Wenn der Internetanschluss selbst die Gefahrenquelle wäre, so müssten sogar die Provider fürchten, wie auch immer geartete Vorkehrungen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen zu treffen, die ja auch sie mit ermöglichen.

Sollte der BGH jedoch feststellen, dass der Anschlussinhaber nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn er nicht auch selbst Verletzer ist, so würde es den Rechteinhabern ganz erheblich erschwert, ihre Werke gegen Raubkopierer zu schützen. Schließlich könnte jeder einfach behaupten, die Verletzung nicht selbst begangen zu haben, und die Ermittlung eines individuellen Rechners (geschweige denn der Person, die ihn benutzt) ist von außen kaum möglich. Die Rechteinhaber müssten daher mit einer Zunahme von Raubkopien rechnen und letzten Endes müsste die Allgemeinheit sich auf einen Rückgang des Angebots von Filmen, Musik und anderen urheberrechtlich geschützten Werken einstellen.

Vielleicht findet der BGH ja auch einen Zwischenweg: es wäre vorstellbar, in Anlehnung an die Voraussetzungen an die „Three-Strikes-Policy“ bei einem ersten Missbrauch des Internetanschlusses dessen Inhaber nur zu warnen und ihn erst bei weiteren Verletzungen über seinen Anschluss wegen Unterlassen von Sicherungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Man könnte die Funknetzbetreiber auch verpflichten, die MAC-Adressen der individuellen Geräte im Netzwerk zu loggen. Allerdings drängt sich dabei die Frage auf, ob solche Kompromisse die rechtlichen Fragen wirklich abschließend lösen oder nicht einfach nur auf andere Schauplätze verlagern würden.