Rechtssystem Europa

Leitfaden zu Menschenrechten für Internetnutzer feiert 1. Geburtstag

Vor knapp einem Jahr, am 16. April 2014, haben die 47 Mitgliedsstaaten des Europarates gemeinsam den „Leitfaden zu Menschenrechten für Internetnutzer“ verabschiedet. Darin sollte den Bürgern in sehr einfacher Form veranschaulicht werden, welche Rechte sie im Internet aus Sicht der Menschenrechte haben. Es ging also nicht darum, für die Bürger neue Rechte zu schaffen, vielmehr soll der Leitfaden eine Art Auslegungshandbuch für die Anwendung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bereits verbindlich festgelegten Normen auf dem Gebiet des Mediums Internet und seiner Nutzung sein.

Im Vergleich zur EMRK, die im November ihr 65-jähriges Bestehen feiert, befindet sich der Leitfaden noch in den Kinderschuhen. Von daher mag es nicht verwundern, dass man bisher wohl vergeblich nach Spuren sucht, die der Leitfaden in der digitalen Welt bereits hinterlassen haben könnte. Trotzdem muss man schon jetzt befürchten, dass diese eigentlich gute Idee des Europarates nie eine echte Chance bekommen wird sich zu bewähren. Dabei sind insbesondere drei wesentliche Faktoren zu bemängeln, die schon jetzt eine ernsthafte Anwendung des Leitfadens erschweren:

1. Der Leitfaden ist weitestgehend unbekannt

Nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch gegebenenfalls einfordern. Erschreckender Weise gibt es aber kaum Internetnutzer, die überhaupt von der Existenz des Leitfadens wissen und nur ein verschwindend geringer Bruchteil kennt wenigstens Teile des Inhalts. In der Praxis bedeutet dies, dass mögliche Verletzungen der im Leitfaden benannten Rechte schon allein deshalb nicht verfolgt werden, weil der einzelne Betroffene gar nicht ausreichend über seine Rechte und den im Leitfaden verankerten Rechtsbehelfen gegen die jeweilige Verletzung informiert ist.

2. Mitgliedsstaaten des Europarates missachten den Leitfaden

Es ist auch wenig hilfreich, wenn die Mitgliedsstaaten des Europarates den von ihnen erlassenen Leitfaden und die darin enthaltenen Ansprüche der Internetnutzer sprichwörtlich mit Füßen treten. So ließ die türkische Regierung (die Türkei ist seit 1949 Mitglied des Europarates) im Januar dieses Jahres verschiedene Internetseiten sperren, was ein offensichtlicher Verstoß gegen den im Leitfaden festgehaltenen Grundsatz der Meinungs- und Informationsfreiheit darstellt. Auch in Russland werden die Rechte der Bürger aus dem Leitfaden in rechtswidriger Weise beschnitten, wenn die dortige Regierung den Zugang zu den Internetseiten bekannter Regimekritiker einfach sperren lässt. Trotzdem hatten derartige Handlungen für die jeweiligen Staaten in der Vergangenheit keine negativen Konsequenzen oder gar Sanktionen zur Folge.

3. Mangelnder Anwendungswille innerhalb der Rechtsprechung

In letzter Konsequenz wird der Leitfaden aber auch nur unzureichend in der europäischen Rechtsprechung angewandt. Nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Leitfadens hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 13. Mai 2014 die Möglichkeit, ein deutliches Zeichen für die Rechte der Internetnutzer zu setzen und entschied sich dagegen. In seiner Entscheidung gegen den Suchmaschinenanbieter „Google“ stellte der Gerichtshof fest, dass das Persönlichkeitsrecht eines Menschen gegenüber dem Recht der Internetnutzer auf Meinungs- und Informationsfreiheit überwiege. Das „Recht auf Vergessen“ im Internet war geboren.

Damit die Idee von der Anwendung der Menschenrechte auch für Internetnutzer langfristig ein Erfolg werden kann, muss der Europarat zwei wesentliche Dinge zukünftig in den Griff bekommen: Die Information der Bürger über ihre Rechte muss konsequenter umgesetzt werden und die Mitgliedsstaaten müssen ihrerseits stärker zur Einhaltung der verabschiedeten Regelungen angehalten werden. Die Anpassung der Rechtsprechung wird dagegen eher eine Frage der Zeit sein. Spätestens wenn es eine Generation von Richtern am EGMR gibt, die schon mit dem Internet groß geworden ist und die digitale Welt nicht als unverständliches Teufelszeug ansieht, werden die Rechte der Internetnutzer auch dort ernst genommen werden.

Games Recht

Gravity Europe SAS muss gesperrte Accounts freigeben

Noch vor dem Zusammenschluss der Dr. Behrmann & Härtel Rechtsanwalts GmbH mit der Kanzlei Kaesler & Kollegen durften wir im Namen eines Mandanten gegen die von Gravity Europe verhängten Sperren gegen zwei Accounts des MMORPG „Ragnarök Online“ vorgehen. Nachdem außergerichtlich jegliche Freigabe vom CEO/COO Stéphane Bonazza persönlich verweigert wurde, obwohl Gravity Europe keinerlei Beweise für den gegenüber unserem Mandanten behaupteten Verstoß vorlegen konnte, musste die Angelegenheit gerichtlich geklärt werden.

Trotz einer französischen Übersetzung der Klageschrift hat man seitens Gravity Europe die Klage offensichtlich nicht ernst genommen und keinerlei Maßnahmen ergriffen sich gegen die Klage zu verteidigen, mit fatalen Folgen. Das Amtsgericht Lichtenberg hat daraufhin unserem Klageanspruch in vollem Umfang entsprochen und Gravity Europe zur Freigabe der gesperrten Accounts sowie zur Zahlung sowohl der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als auch der Kosten des Premium-Services für den Zeitraum der Sperre verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts ist Gravity Europe aufgrund des mit unserem Mandanten abgeschlossenen Vertrages zur Gewährung eines Zugangs zum Spiel verpflichtet. Zwar kann Gravity Europe von dieser Pflicht unter bestimmten Umständen befreit sein, derartige Umstände wurden aber nicht vorgetragen (das Urteil kann hier eingesehen werden). Gravity wäre insoweit auch verpflichtet gewesen, derartige Umstände gerichtsfest zu beweisen, was ihnen außergerichtlich nicht möglich gewesen ist.

Ebenso muss Gravity Europe auch die Prozesskosten des Gerichtsverfahrens tragen, inklusive der Kosten für die französische Übersetzung der Klageschrift. Es stellt sich hier allerdings die Frage, warum man eine französische Übersetzung verlangt, um sich anschließend nicht gegen die Klage zu verteidigen. Gegen das Urteil kann Gravity Europe mittlerweile auch nicht mehr vorgehen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist ist dieses bereits endgültig rechtskräftig geworden.

Am ärgerlichsten dürfte dabei für Gravity Europe sein, dass sie durch ihre Verweigerungshaltung unserem Mandanten insbesondere eine direkte Vollstreckung des Urteils gemäß der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 möglich gemacht haben. Die EG-Verordnung gilt nämlich ausschließlich für unbestrittene Forderungen. Wäre es im Gerichtsverfahren zu einer sogenannten streitigen Entscheidung gekommen, weil sich Gravity Europe gegen die Klage verteidigt hätte, hätte es für eine spätere Vollstreckung einer entsprechenden Entscheidung durch ein französisches Gericht bedurft.

Sollte Gravity daher nicht zeitnah der gerichtlichen Entscheidung nachkommen, wird man sich in Paris schon einmal auf einen Besuch vom Gerichtsvollzieher freuen können.

Schadensersatz

Entschädigung bei Flugverspätung

Wer heutzutage schnell und bequem größere Strecken zurücklegen möchte, bucht schon mal gerne ein Flugzeug für die Reise. Der Preiskampf der einzelnen Anbieter macht es dabei möglich, dass bei rechtzeitiger Buchung so ein Flug auch nicht besonders teuer sein muss. Ärgerlich nur, wenn der Plan schiefgeht, weil das Flugzeug nicht rechtzeitig abheben kann und man erst viel später als geplant am Zielort ankommt.

Was viele Flugreisende nicht wissen, für die durch eine solche Verspätung entstandenen Unannehmlichkeiten steht ihnen gemäß der Verordnung 261/2004/EG vom 11. Februar 2004 je nach Verspätung und Reisedistanz eine pauschale Entschädigung zu (EuGH, Urt. v. 19. November 2009, Az.: C – 402/07 und C – 432/07).

Bei Entfernungen unter 1.500 km und einer Verspätung von über 2 Stunden beträgt die pauschale Entschädigung bereits 250 Euro pro Fluggast. Bei Flügen innerhalb der Europäischen Union (EU) mit einer Entfernung über 1.500 km und bei allen anderen Flügen mit einer Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km liegt die Entschädigungspauschale bei einer Verspätung von mehr als 3 Stunden schon bei 400 Euro und bei nicht innergemeinschaftlichen Flügen mit einer Entfernung von über 3.500 km erhält jeder Fluggast eine Entschädigung von 600 Euro, wenn die Verspätung mehr als 4 Stunden beträgt.

Um die Entschädigung zu erhalten, muss man sich an die ausführende Fluglinie wenden. Dann folgt ein fast schon traditionelles Ritual: Die Fluglinie wird den Anspruch generell ablehnen. Das hat folgenden Grund: die Entschädigungszahlungen erfolgen pauschal und sind daher nicht an den Preis für das Flugticket geknüpft. Wer ein besonders günstiges Flugticket gekauft hat, bekommt u.U. mehr Geld als Entschädigung zurück, als er an die Fluggesellschaft ursprünglich gezahlt hat. Man kann sich an dieser Stelle ohne große ökonomische Kenntnisse ausmalen, was es für eine Fluggesellschaft bedeutet, wenn sie einen gesamten Flug nicht nur kostenfrei ausführen muss, sondern den Fluggästen für die Beförderung auch noch Geld bezahlen soll. Deshalb lehnen die Sachbearbeiter entsprechende Anfragen von Privatpersonen erst einmal grundsätzlich ab. Dabei wird meistens auf einen der folgenden Punkte abgestellt:

  • Es lag ein „außergewöhnlicher Umstand“ vor oder
  • die Entschädigung wurde nicht rechtzeitig geltend gemacht.

Ein „außergewöhnlicher Umstand“ liegt aber insbesondere nur dann vor, wenn die Verspätung aufgrund von Vorkommnissen eintritt, die für die Fluggesellschaft nicht absehbar bzw. nicht beeinflussbar gewesen sind. Typische Beispiele hierfür sind Wetterkapriolen, Aschewolken oder Streik von Personal (insbesondere Piloten oder Fluglotsen). Die erfahrungsgemäß von Fluglinien vorgetragenen „technischen Defekte“ am Flugzeug gehören hingegen in den von der Fluglinie zu kontrollierenden Bereich und stellen daher gerade keinen „außergewöhnlichen Umstand“ dar (EuGH Urt. v. 22. Dezember 2008, Az.: C-549/07).

Als Grund für das verspätete Vorbringen des Rechtsanspruches wird gerne auf die Begrenzung des Art. 35 des Montrealer Übereinkommens verwiesen, wonach der Anspruch innerhalb von 2 Jahren geltend zu machen ist. Art. 35 des Montrealer Übereinkommens ist aber auf Ansprüche aus der der Verordnung 261/2004/EG überhaupt nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 10.12.2009, Az.: Xa ZR 61/09). Für solche Ansprüche gilt stattdessen die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von 3 Jahren, beginnend immer zum Jahresende.

Erfahrungsgemäß erfolgt eine Auszahlung der Entschädigung erst, wenn der Fluggesellschaft Post vom Rechtsanwalt zugeht. Bei Fluggästen, die einen Rechtsanwalt beauftragen, ist in der Regel zu befürchten, dass diese ihren Anspruch notfalls auch gerichtlich geltend machen werden. Ein solches Gerichtsverfahren würde der Fluggesellschaft aber noch einmal wesentlich höhere Kosten verursachen, so dass an dieser Stelle häufig nachgegeben wird.

Obwohl die Fluggesellschaften der Einforderung der Entschädigung durch Privatpersonen generell nicht nachkommen, empfehlen wir dringend, dass erst ein entsprechendes Schreiben an die Fluggesellschaft geschickt wird, bevor ein Rechtsanwalt mit der Durchsetzung des Anspruchs beauftragt wird. Erst durch eine Zahlungsaufforderung verbunden mit einer angemessenen Zahlungsfrist kommt die Fluggesellschaft gemäß § 286 Abs. 1 BGB in den sogenannten Schuldnerverzug (sollte die Fluggesellschaft die Entschädigung ablehnen tritt der Verzug gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch schon früher ein). Sobald sich die Fluggesellschaft im Schuldnerverzug befindet, haftet sie gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB für die Kosten der weiteren Rechtsverfolgung, insbesondere die Kosten der außergerichtlichen Beauftragung eines Rechtsanwalts. Wird der Rechtsanwalt hingegen mit der Bearbeitung der Sache beauftragt, bevor es eine entsprechende Zahlungsaufforderung gab, muss man die dabei entstehenden Kosten grundsätzlich selbst tragen.

Sollten auch Sie Ihren Zielflughafen nicht pünktlich erreicht haben, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Wir helfen Ihnen dabei Ihr Recht auf eine Entschädigung durchzusetzen. Vergessen Sie aber auch aus Ihrem eigenen Interesse nicht, zunächst eine erste Zahlungsaufforderung an die Fluggesellschaft zu schicken.

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Abmahnung wegen Grauimporten

© Axel Bueckert - Fotolia.comDie SCHULTERIESENKAMPFF Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mahnt derzeit im Namen der Ubisoft GmbH sowie der Namco Bandai Games Germany GmbH Online-Händler wegen Grauimporten von Computerspielen ab. Grauimporte, auch Parallelimporte genannt, sind Importe von Waren aus dem Ausland durch Händler, die dafür nicht ausdrücklich vom Hersteller autorisiert worden sind. Grund für die Abmahnungen ist eine fehlende Alterskennzeichnung der freiwilligen Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware (USK) auf den Verpackungen der jeweiligen Spiele.

Grundsätzlich besteht seit dem 1. April 2010 in Deutschland für Computer- und auch Konsolenspiele eine gewisse Kennzeichnungspflicht bzgl. der Altersfreigabe des jeweiligen Spiels. Nicht gekennzeichneter Spiele werden gemäß § 12 Abs. 3 JuSchG wie Spiele mit der Kennzeichnung „Keine Jugendfreigabe“ (nur an Personen über 18 Jahren) behandelt, für die es sehr strenge Einschränkungen gibt, u.a. dürfen diese nicht im Online-Handel vertrieben werden (Ausnahme: der Online-Händler nutzt technische oder sonstige Vorkehrungen, die sicherstellen, dass kein Versand an Kinder oder Jugendliche erfolgt).

Darüber hinaus ist das deutsche Recht an dieser Stelle auch besonders streng und lässt andere als die deutsche Alterskennzeichnung der USK (z.B. PEGI für Europa oder ESRB für die USA) nicht gelten. Somit sind importierte Spiele, auf denen die entsprechende Kennzeichnung der USK fehlt, als nicht gekennzeichnet zu betrachten und dürfen daher nicht im Online-Handel vertrieben werden. Das gilt sogar dann, wenn das Spiel für den deutschen Markt eigentlich ohne Altersbeschränkung freigegeben worden ist. Die Kennzeichnung selbst muss sowohl auf dem Datenträger als auch auf der Verpackung des Spiels aufgebracht sein.

Ungeklärt ist noch, ob die Online-Händler, wenn der Datenträger selbst mit der USK-Kennzeichnung versehen ist, die Verpackung nachträglich selber entsprechend kennzeichnen dürfen. Dieses Vorgehen ist in den Abmahnungen ebenfalls in mehreren Fällen moniert worden. Tatsächlich könnte man aber § 28 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG genau dahingehend auslegen, dass es dem Händler erlaubt ist, einen entsprechenden Hinweis auf der Verpackung anzubringen, wenn der Datenträger selbst von der USK eingestuft worden ist (der Händler darf selbstverständlich nicht eine Kennzeichnung entgegen der USK-Vorgabe auf dem Datenträger oder gar ein Kennzeichnung nach seiner persönlichen Einschätzung vornehmen, wenn der Datenträger nicht überhaupt nicht von der USK geprüft wurde). Schwierig könnte dann allenfalls noch sein, dass die Kennzeichnung permanent erfolgen muss, d.h. nicht von der Verpackung ablösbar sein darf. Dies ist aber insbesondere bei Aufklebern, die lediglich auf einer das Verpackung umhüllenden Plastikfolie angebracht , definitiv der Fall und daher in jedem Fall nicht ausreichend.

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Streaming ist legal

Fotolia_68587213_Subscription_Monthly_M-smallNachdem bereits das Bundesjustizministerium sowie vereinzelte deutsche Gerichte im Rahmen der Abmahnungen rund um das Erotik-Portal „Redtube“ das Streaming im Internet für urheberrechtlich unbedenklich hielten, hat nun auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner Rechtsprechung (Urt. v. 5. Juni 2014, Az.: C-360/13) sich diesbezüglich ebenso eindeutig positioniert.

In seiner Entscheidung stellt das Gericht fest, dass der entsprechende Art. 5 der EU-Richtlinien 2001/29, welcher sich inhaltlich in der deutschen Gesetzgebung in § 44 a UrhG wiederfindet, „dahin auszulegen ist, dass die von einem Endnutzer bei der Betrachtung einer Internetseite erstellten Bildschirm- und Cachekopien… ohne die Zustimmung der Urheberrechtsinhaber erstellt werden können“.

Der EuGH führt darüber hinaus auch aus, dass die Voraussetzungen des Art. 5 zwar streng auszulegen sind, ihrem Zweck nach aber die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien ermöglichen und gewährleisten müssen. Das wiederum ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass damit auch das Streaming, welches beim Erlass der Richtlinie im Jahr 2001 noch nicht existierte, gemeint ist. Das Urteil ist insoweit ein weiterer Beleg dafür, dass der EuGH das Interesse der Nutzer am reinen „Konsum“ eines Werkes über das Interesse der Urheber bzgl. des Schutzes vor Vervielfältigungen stellt.

Im Ergebnis ist damit zu hoffen, dass diese Entscheidung auch dazu führt, dass Abmahnungen in diesem Bereich endlich ein Ende finden und sich die Webnutzer zumindest in Europa weitgehend angstfrei im Netz bewegen können. Aber auch in bereits laufende Abmahnverfahren kann diese Entscheidung die Chancen der Betroffenen gegenüber der Abmahnindustrie wesentlich verbessern. Im Zweifelsfall können Sie sich gerne an uns wenden.

European Union flags over sky background

EU-Verbraucherrichtlinie 83/2011

European Union flags over sky backgroundHinter diesem kryptischen Namen verbergen sich sehr gewaltige Umwälzungen des Verbraucherschutzrechtes im Rahmen des Online-Handels. Diese treten bereits am 13. Juni 2014 deutschlandweit in Kraft. Online-Shops sollten diese Änderung der Rechtslage sehr ernst nehmen. Zum einen weil auch ihnen neue Möglichkeiten z.B. bei den Rücksendekosten von Waren eröffnet werden, zum anderen weil der neuen Rechtsordnung widersprechende Vereinbarungen, insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), einen Wettbewerbsverstoß darstellen würden, den Mitbewerber auf Kosten des verletzenden Online-Händlers abmahnen können. Es ist an dieser Stelle leider auch nicht auszuschließen, dass einzelne Anbieter diese Gesetzesänderung sogar gezielt für eine neuerliche Abmahnwelle nutzen werden. Im Einzelnen sind dabei folgende Änderungen zu beachten:

1. Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular

Die Musterwiderrufsbelehrung wird an die gesetzlichen Neuerungen angepasst. Dabei werden insbesondere eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen sowie die Möglichkeit des ausdrücklichen aber formlosen Widerrufs eingeführt. Gleichzeitig muss der Händler aber ein Widerrufsformular für seine Kunden bereit halten. Auch dafür wird vom Gesetzgeber ein entsprechendes Muster bereitgestellt.

Eine besondere Neuerung gibt sich hier zusätzlich für die Lieferung digitaler Inhalte (z.B. Download oder Streaming von Software, Ebooks, Videos oder Musik sowie das Anbieten von Apps oder Onlinespielen). Hierbei kann zukünftig mit dem Verbraucher ein Erlöschen des Widerrufsrechts ab Beginn der „Lieferung“ bzw. des Downloads vereinbart werden. Allerdings ist auf die genaue Formulierung sowie Platzierung der Vereinbarung zu achten.

2. Rücksendekosten und Zurückbehaltungsrecht

Anders als bisher, können im Online-Handel zukünftig die Rücksendekosten im Falle des Widerrufs vollständig auf den Kunden übertragen werden, wenn er den Kunden innerhalb der Widerrufsbelehrung darüber informiert. Hinzu kommt, dass der Händler die Rückzahlung des Kaufpreises solange verweigern kann bis er die Ware zurückerhalten oder der Verbraucher deren Absendung nachgewiesen hat.

3. Rückgaberecht wird gestrichen

Die bisher in § 356 BGB eingeräumte Möglichkeit des Händlers gegenüber Verbrauchern anstelle des Widerrufsrechts ein bloßes Rückgaberecht einzuräumen, wird ersatzlos gestrichen. Ein Rückgaberecht kann aber zusätzlich zum Widerrufsrecht und deutlich von diesem abgegrenzt zusätzlich vereinbart werden.

4. Neue Informationspflichten

Im Online-Handel müssen zukünftig weitere Informationen, teilweise auch im Impressum, bereitgestellt werden. Dazu zählen insbesondere

a) eine Telefonnummer, wobei es sich dabei nicht mehr um eine kostenpflichtige Hotline handeln darf,
b) eine Angabe über den genauen Liefertermin, wobei Ca.-Angaben in begrenztem Maße zulässig sind,
c) eine Belehrung über das Bestehen des gesetzlichen Mängelhaftungsrechts, welche bisher erst mit der Lieferung der Ware erfolgen musste,
d) gegebenenfalls Informationen über die genauen Bedingungen einer vom Händler gewährten Garantie und
e) Angaben über mögliche Lieferbeschränkungen sowie die akzeptierten Zahlungsmittel.

5. Zahlungsmittel

Zuschläge für bestimmte Zahlungsmittel dürfen nur noch dann erhoben werden, wenn daneben eine gängige und zumutbare unentgeltliche Alternative angeboten wird und müssen den tatsächlichen Mehrkosten des Händlers für die gewählte Zahlungsmethode entsprechen.

6. Vertragsbestätigung

Der Online-Händler muss den Vertrag gegenüber dem Verbraucher spätestens mit Lieferung der Ware schriftlich bestätigen. Dazu zählt aber neben einer schriftlichen Bestätigung auf Papier auch eine digitale, speicher- und druckbare Datei, sofern der Verbraucher dem zugestimmt hat.

Sollten auch Sie Ihren Online-Shop an die neuen Regelungen anpassen müssen, zögern sie nicht sich einen fachkompetenten Rechtsbeistand für die Angelegenheit zu suchen. Fehler an dieser Stelle können, wie Eingangs schon erwähnt, teure Abmahnungen nach sich ziehen.

 

Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen nicht zwingend rechtswidrig

Der EuGH hat heute entschieden, dass die Umgehung eines Kopierschutzes nicht zwingend rechtswidrig sein muss (das Urteil kann hier nachgelesen werden). Konkret ging es um Spiele-Konsolen von Nintendo. Diese sind mit einem Erkennungssystem ausgestattet, dass einen auf dem Datenträger der hauseigenen Videospiele befindlichen Code ausliest und damit die Verwendung aller nicht von Nintendo stammender Produkte unterbindet. Dieser Mechanismus verhindert damit den Gebrauch illegal vervielfältigter Video-Spiele, aber auch das Abspielen legaler Drittprogramme, wie Filme oder Musik. Ein italienisches Unternehmen vertrieb eine Hardware mit deren Hilfe das Erkennungssystem umgangen werden konnte und die Spielkonsolen von Nintendo nunmehr auch für andere Multimedia-Inhalte nutzbar gemacht werden konnten. Der EuGH sieht darin alleine noch keine rechtswidrige Umgehung, insbesondere wenn es andere wirksame Schutzmechanismen mit geringerer Beeinträchtigung für rechtmäßig handelnde Dritte gibt. Mit anderen Worten scheint der generelle Ausschluss von fremden Multimedia-Inhalten den europäischen Richtern zu weit zu gehen und muss daher auf illegale Multimedia-Inhalte beschränkt werden. Bleibt abzuwarten, wie das in Zukunft aussehen soll und ob diese Entscheidung Einfluss auf das vom BGH vorgelegte Verfahren (kann hier nachgelesen werden) haben wird.

 

EU erkennt die Bedeutung der Games-Branche

Die Gaming-Industrie ist als wachsender Sektor genau in der Mitte zwischen Kultur, Innovation und wirtschaftlichem Wachstum. Deswegen setzt sich der Europäischen Spieleentwickler Verband (EGDF) verstärkt dafür ein, dass die Belange der Games-Branche auch bei den verantwortlichen Köpfen innerhalb der Führungskreise der EU und deren politischen Organen eine größere Rolle spielen muss. Denn nicht nur die einzelnen Entwickler-Studios und Publisher-Konzerne dürfen jetzt diese Chance auf keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen, auch die Politik muss zeitnah einen sinnvollen politischen Rahmen erarbeiten, der jedem Marktteilnehmer auf diesem Gebiet die bestmögliche Ausschöpfung der vorhandenen Potentiale ermöglicht.

 

Diese Botschaft scheint mittlerweile auch bei den richtigen Leuten angekommen zu sein. Niemand geringeres als Neelie Kroes persönlich, die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda und derzeitige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, hat sich die Zeit genommen, mit den Betroffenen über die notwendigen Maßnahmen zu beraten. Als sie im Dezember die Eigentümer von Rovio (Angry Birds) aus Finnland empfing, ließ sie spontan alle weiteren Termine an diesem Tag absagen, um mehr Zeit zu haben, um von den Spielentwicklern zu lernen. „Da gibt es einen Sektor, der Hoffnung macht. Wir sollten ihn nehmen und ihn Füttern. Hier gibt es eine Chance für Europe“, wird sie in diesem Zusammenhang zitiert.  Zu der großen Gesprächsrunde wurden auch wichtige Vertreten der einzelnen Mitgliedsstaaten geholt und die Ergebnisse geben durchaus Anlass zu der Hoffnung, dass es für die Games-Branche europaweit jetzt erst so richtig losgeht.