Verbot von Werbung an Kinder in Onlinespielen

Der BGH hat im Rahmen eines Versäumnisurteils klargestellt, dass auch in Internetrollenspielen, Kinder nicht zum Kauf (von Spielzubehör) animiert werden dürfen. Es ging in dem Fall um den Titel „Runes of Magic“ von Gameforge.

Das Spiel finanziert sich nach dem sogenannten „Free-to-play“-Modell. Das heißt, die Spieler erhalten die Software zur Teilnahme an diesem Spiel kostenlos. Weitergehende Ausstattung ihrer Spielcharaktere, etwa mit Waffen oder Zeitvorteile, können sie aber dazuerwerben. Im BGH-Fall ging es um die (auch an Kinder gerichtete) Aufforderung, die Spielfiguren gegen Geld aufzurüsten. Dies ist nach §§ 4, 3 III UWG iVm. Nr. 28 des Anhangs zu 3 III UWG verboten.

Es bleibt abzuwarten, ob Gameforge das Versäumnisurteil stehen lässt oder nicht.

LG Berlin hält nur ausdrückliche Einwilligungen bei Werbe-Mails für ausreichend

Das Landgericht Berlin (LG Berlin) hat in einer von uns vertretenen Rechtssache entschieden, dass das Zusenden von Werbe-Mails nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des jeweiligen Empfängers erlaubt ist (Einstweilige Verfügung des LG Berlin). Dabei, so das Gericht, sind auch an die ausdrückliche Einwilligung sehr enge Voraussetzungen zu stellen.

Unser Mandant hatte bei der Suche nach seinem privaten Glück in einer Zeitschrift eine Kontaktanzeige geschaltet. Darin bat er interessierte Damen, sich mit ihm auf einen Cocktail zu treffen. Als Kontaktmöglichkeit gab er seine E-Mail-Adresse an. Neben einigen Frauen meldete sich aber auch eine gewerbliche Partnervermittlung über diese E-Mail-Adresse bei ihm. Diese wollte sich natürlich nicht zum Cocktailtrinken treffen, sondern pries unserem Mandanten ihre Dienste an. Unser Mandant hatte daran aber kein Interesse und forderte die Partnervermittlung auf, derartige Mails an ihn zu unterlassen, was diese jedoch ablehnte.

Im anschließenden Gerichtsverfahren lehnte das Amtsgericht Charlottenburg einen Unterlassungsanspruch unseres Mandanten zunächst noch ab. Es war der Ansicht, dass sich aus der geschalteten Kontaktanzeige zumindest eine mutmaßliche Einwilligung gegenüber kommerziellen Partnervermittlern zur Zusendung von entsprechendem Werbematerial ergibt.

Unser Mandant wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen, rief die nächste Instanz an und bekam Recht. Das LG Berlin hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Dabei führte es aus, dass

         an eine ausdrückliche Einwilligung hohe Anforderungen zu stellen sind,

         eine mutmaßliche Einwilligung gerade nicht ausreichend ist und

         in unserem konkreten Fall in der Kontaktanzeige weder eine ausdrücklich noch eine mutmaßliche Einwilligung in die Zusendung von Werbe-Mails zu verstehen sei.

Letzteres ergibt sich für das Gericht insbesondere aus dem Zusammenhang. Mit dem Schalten einer privaten Kontaktanzeige bringt der Betreffende gerade eindeutig zum Ausdruck, dass er sich bei der Partnersuche eben nicht eines anderen kommerziellen Partnervermittlers bedienen will.

Das Gericht begründet seine Entscheidung mit § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Das UWG führt zwar eigentlich nur zu Ansprüchen zwischen im Wettbewerb stehenden Unternehmen, nach Ansicht des LG Berlin muss aber gegenüber Verbrauchern das Gleiche gelten. Soweit nämlich § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG für Konkurrenzunternehmen einen Unterlassungsanspruch erkennt, wenn Werbe-Mails ohne vorherige Einwilligung an Verbraucher verschickt werden, dann muss der Verbraucher selbst erst recht einen solchen Unterlassungsanspruch gegen den Versender haben. Dies ergibt aus der belästigenden Wirkung von Werbe-Mails und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines jeden einzelnen.

Geniale Werbung oder teurer Fehler

Paypal hat einem Teil seiner Kunden eine Gewinnbenachrichtigung über 500 € geschickt, um diese wenig später wegen Irrtums anzufechten. Nun streiten sich die Rechtsgelehrten darüber, ob Paypal den Gewinn trotzdem an jeden, der die Benachrichtigung erhalten hat, auszahlen muss.

Hintergrund ist § 661a BGB, welcher Verbrauchern einen Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Gewinns gewährt. Umstritten ist jetzt, ob eine solche Gewinnzusage nachträglich angefochten werden kann.

Anfechten kann man grundsätzlich nur Willenserklärungen. Eine Gewinnzusage gilt nach deutschem Recht aber als geschäftsähnliche Handlung, d.h. anders als bei einer Willenserklärung tritt die Rechtsfolge unabhängig vom Willen des Erklärenden ein. Die Frage ist, ob aber insoweit eine analoge Anwendung der Regeln über die Anfechtung auch für solche geschäftsähnliche Handlungen gilt. Der BGH hat im Jahre 1988 (Az.: XI ZR 81/88) dies ausdrücklich so angenommen und die Literatur ist auch weitgehend dieser Rechtsansicht gefolgt. Es gibt aber vereinzelt Stimmen, die diese Rechtspraxis mit durchaus gewichtigen Argumenten in Zweifel ziehen. Insbesondere stellt sich bei der Anfechtung die Frage der analogen Anwendung, weil eine Anfechtung als Grund einer irgendwie gearteten Beeinträchtigung der Willenstätigkeit des Erklärenden bedarf. Die Geschäftsähnliche Handlung ist in ihrer Wirksamkeit aber gerade unabhängig vom Willen des Erklärenden, eine Beeinträchtigung des Willens dürfte daher die Rechtswirksamkeit der Erklärung eigentlich nicht beeinflussen können.

Letztendlich spricht die Rechtsprechung noch zu Gunsten von Paypal. Sollten sich aber einer oder mehrere der von Paypal angeschriebenen Kunden auf einen Rechtstreit mit Paypal einlassen, könnten diese durchaus einige Argumente anführen, die vielleicht geeignet sind eine mittlerweile 25 Jahre alte Entscheidung des BGH ins Wanken zu bringen.

Bevor aber jetzt Nachahmer von Paypal meinen, diese Form der Werbung nachahmen zu wollen, sollten sie Folgendes bedenken:

  1. Wer die Gewinnzusage bewusst zum Kundenfang nutzt, kann sie hinterher gerade nicht mehr wegen eines Irrtums anfechten. Dies kann zwar im Zweifelsfall eine Frage der Beweisbarkeit werden, Paypal hat aber Gewinnzusagen von 500 € an knapp 3,5 Millionen Nutzer verschickt. Sollten diese tatsächlich gewollt verschickt worden sein, kann sich jeder ausrechnen wie teuer die Geschichte werden kann, wenn es dann doch mal ein Leck im Unternehmen gibt.
  2. Auch eine Anfechtung kann teuer werden. § 122 Abs. 1 BGB sichert nämlich dem Adressaten einer Willenserklärung einen Schadensersatz für alle Aufwendungen zu, die er in der Annahme der Richtigkeit der Erklärung des Anderen getätigt hat. Hat also ein Kunde nach dem Erhalt der Gewinnzusagen und vor Zugang der Anfechtung die versprochenen 500 € oder Teile davon bereits ausgegeben, könnte er insoweit möglicherweise anstatt des Anspruchs auf Auszahlung des Gewinns einen Schadensersatz in Höhe der bereits ausgegebenen Summe haben.

Ihr gutes Recht macht auch mal Ferien

Was haben Internationale Gewässer und virtuelle Spielewelten gemeinsam? In beiden Fällen handelt es sich um rechtsfreie Räume. Jetzt wird der eine oder andere Leser erschrocken aufhorchen und sagen: „Oh Nein, das kann doch nicht wahr sein!“ Und tatsächlich können wir beruhigen, selbstverständlich gelten in internationalen Gewässern die dem Völkerrecht zugeordneten Bestimmungen des internationalen Seerechts. Piraterie ist daher auch in internationalen Gewässern untersagt.

Anderes gilt nach Ansicht der Zivilkammer 12 des Hamburger Landgerichts für virtuelle Spielewelten. In dem uns heute in vollständiger Form zugestellten Urteil kommt die Kammer zu dem Ergebnis:

Die Klägerin (der Publisher des Spiels, Anm. d. Red.) ist uneingeschränkte Herrscherin über die interne Spielwelt und kann diese nach Belieben verändern. Insoweit sind Inhalt des Spiels und die Spielregeln rechtlich kontrollfrei.

Im Klartext, wer eine virtuelle Welt erschafft, hat dort die uneingeschränkte Macht und zwar nicht nur über die Programmierung dieser Welt, sondern auch gegenüber allen natürlichen Personen, die diese Welt „bereisen“. Diese Welten sind nach Ansicht des Landgerichts Hamburg der rechtlichen Kontrolle durch deutsche Gerichte entzogen. Virtuelle Welten haben quasi den Status eines eigenen Staates, mit der vollen Kompetenz zur Gesetzgebung (den Spielregeln), zum Gesetzesvollzug und der Rechtsprechung.

Es darf bezweifelt werden, dass die meisten virtuellen Welten, welche im Regelfall einer juristischen Personen des Privatrechts gehören, eine den Ideen von Montesquieu entsprechende Form der Gewaltenteilung haben. Es existieren demnach also viele große und kleine Diktaturen im Internet. Wenn man dann noch bedenkt, dass in einigen davon mit einer eigenen Währung bezahlt wird, diese Währung aber weder einer nationalen Bankenkontrolle unterworfen ist, geschweige denn dass Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche betrieben werden, kann es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die USA ihre Achse des Bösen um ein paar virtuelle Welten erweitern werden. Besonders belustigend ist dabei die Vorstellung, wie plötzlich virtuelle Flugzeugträger der US-Navy mit einem Schwadron von B-2 Spirit Tarnkappenbombern vor der Küste von Kalimdor erscheinen, während in den östlichen Königreichen M1A1-Abrams-Kampfpanzer die Gegend nach dem flüchtigen Diktator durchkämmen (dies stellt keinen Vorschlag über die Aufnahme der virtuellen Welt mit den Kontinenten Kalimdor und östliche Königreiche für eine vermeintliche virtuelle Achse des Bösen dar, sondern ist rein beispielhaft gewählt). Ob die Vereinten Nationen eigentlich umdenken müssen und zukünftig auch virtuelle Welten als Mitglieder aufnehmen?

Spaß beiseite. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Vorstellung des LG Hamburg von der virtuellen Welt als rechtsfreiem Raum sich als böser Spuk erweist und in der nächsten Instanz zügig verworfen wird. Es kann doch nicht ernsthaft Ziel der deutschen Rechtsordnung sein, dass der Fahrgast auf dem Traumschiff durch mehr Rechtsnormen geschützt wird, als der einfache Computerspieler zu Hause vor dem eigenen Rechner. Das Recht ist insoweit nicht den Arbeitszeitbestimmungen unterworfen. Es hat keinen Urlaub und macht auch keine Ferien, weder auf dem Traumschiff noch in den virtuellen Welten des Internets.

Hamburger Brauch?

Als Berliner Kanzlei haben wir in unserer Tätigkeit bisher relativ wenige Berührungspunkte mit der Hamburger Judikative gehabt. Im Grunde beschränkt sie sich auf zwei Verfahren, welche dafür umso größer sind. Deswegen können und wollen wir auch nicht von dem bisher dort erlebten auf die gesamte Hamburger Justiz schließen, insbesondere weil beide Verfahren vor derselben Kammer des LG Hamburg einmal begonnen haben, mittlerweile drängt sich uns jedoch der Eindruck auf, dass in Hamburg würde unter dem Begriff „Rechtsprechung“ eher „Rechtschweigen“ verstanden.

In der einen Sache hat das LG Hamburg im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren per Urteil eine vorläufige Entscheidung bis zum Abschluss der Hauptsache gefällt (bereits dort lagen zwischen der Verkündung des Urteils und dem Zugang der Urteilsgründe über 6 Monate!), gegen welches wir Berufung eingelegt haben. In diesem Berufungsverfahren sind auch schon viele Seiten Papier von Partei zu Partei geschickt worden, einzig das zuständige OLG Hamburg äußerte sich nicht. Mittlerweile hat vor dem LG Hamburg das Hauptsacheverfahren begonnen, es ist sogar schon ein Termin für eine mündliche Verhandlung Mitte Juli terminiert worden. Das OLG Hamburg weigert sich allerdings weiterhin das einstweilige Verfügungsverfahren, welches eigentlich ein beschleunigtes Verfahren ist, voran zu treiben. Vielleicht möchte die Hamburger Justiz die Prinzipien der deutschen Zivilgerichtsbarkeit ein wenig ad absurdum führen und in der Hauptsache bereits eine Entscheidung treffen, bevor es im einstweiligen Verfügungsverfahren die Regelung bis zu Entscheidung der Hauptsache festgelegt hat.

Aber möglicherweise das OLG Hamburg auch schon Kenntnis, dass selbst Termine zur Verkündung eines Urteils beim LG Hamburg eigentlich alles bedeuten können, nur nicht, dass tatsächlich ein Urteil verkündet wird. Was uns auch gleich zu unserem zweiten Verfahren am LG Hamburg führt: Nachdem die Kammer dort Anfang Dezember 2012 im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung den Termin zur Verkündung des Urteils für Ende Januar 2013  bestimmt hatte, folgte zum angekündigten Zeitpunkt der Beschluss, den Termin auf Mitte März  zu verschieben. Aber auch im März wurde kein Urteil gefällt, sondern der Termin per Beschluss nunmehr auf Mitte April verschoben. So überraschte es kaum als im April dann der Beschluss kam, den Termin zur Verkündung des Urteils um weitere zwei Wochen zu verschieben. Die folgende Entscheidung beinhaltete dann…NICHTS! Zwar wurde das Schreiben mit Beschluss betitelt, wies aber an der entscheidennen Stelle eine klaffende weiße Lücke auf. Was will uns das LG Hamburg mitteilen?

Bevor jemand diesen Eintrag missversteht, es ist nicht unsere Absicht die Hamburger Gerichte zu diskreditieren. Im Gegenteil, wir würden uns sogar freuen, wenn Kollegen oder Mitbürger uns versichern können, dass unsere Erfahrungen die absolute Ausnahme sind, denn Brauch sollte das, was uns bisher in Hamburg widerfahren ist, unter keinen Umständen sein oder werden.

Order Online USA Inc. – Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen in Massen

Nachdem schon zahlreiche Kollegen von den Massenabmahnungen der Kollegen Bode & Partner, im Namen der Order Online USA Inc. berichtet haben, ist auch <a href=“http://www.shopbetreiber-blog.de/2013/03/20/achtung-order-online-usa-inc-lasst-wegen-der-button-losung-abmahnen/“>hier/a> und bei <a href=“http://www.heise.de/newsticker/meldung/Online-Shop-Betreiber-erhalten-Massenabmahnungen-1826656.html“>Heise.de</a> viel zu finden.

Auch uns wurden inzwischen von einem Mandanten von einer Abmahnung berichtet, es scheint also nicht übertrieben zu sein, dass es sich um wohlmöglich tausende Abmahnungen handelt, was natürlich gleichzeitig ein wunderbares Indiz für die Rechtsmissbräuchlichkeit dieser Abmahnungen sind. Da die Abmahnerin selber erst seit 1 1/2 Monate in den USA eingetragen ist, sich  anscheinend selber nicht an beispielsweise Impressumspflichten hält und zahlreiche weitere Aspekte sehr fragwürdig sind, ist dringend davon abzuraten, den Vergleichsbetrag zu zahlen oder gar ohne anwaltliche Hilfe den Kollegen zu antworten. Dies haben wir auch unseren Mandanten geraten und es dürfte spannend bleiben, wie die Sache sich weiter entwickelt.

Digiprotect insolvent – Auswirkungen auf Filesharing?

Die Digiprotect, bekannt vor allem als eine der ersten Massenabmahnerinnnen, musste Insolvenz anmelden. Der geneigte Spötter mag nun sagen, dass sie wohl nicht genug Menschen Angst einjagen konnte, horrende Abmahnkosten zu zahlen. Der eingeweihte Jurist könnte meinen, dass es wohl mit dem ständigen Wechsel von Kanzleien zu tun haben könnte, die nun eventuell alle Geld sehen möchten.

Wie dem auch sei, Abgemahnte sollten sich nun erst recht überlegen, mit einer Abmahnung zu einem Anwalt zu gehen, zum einen weil es Digiprotect schwer fallen dürfte, bestrittene Forderungen noch durchzusetzen, zum anderen auch aus wirklich juristischen Gründen, denn es ist alles andere als unüblich, dass Verwertungsrechte bei Insolvenzen wieder an den Lizenzgeber zurückfallen bzw. entsprechende Verträge Sonderkündigungsrechte aufweisen und somit Digiprotect gar keine Ansprüche mehr hat.

Genaueres kann natürlich nur eine anwaltliche Prüfung ergeben.