Onlinedurchsuchungen in NRW sind verfassungswidrig

Ja, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stammt schon aus der letzten Woche, mangels Einträge in dieser Zeit, soll eine Erwähnung eben dieser jetzt nachgeholt werden. Das BVerfG teilt in einer Pressemitteilung mit, dass es die Regelungen in NRW betreffend den Onlinedurchsuchungen für Verfassungswidrig erachtet hat.

Die Verfassungsbeschwerden einer Journalistin, eines Mitglieds des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der Partei DIE LINKE und dreier Rechtsanwälte gegen Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (vgl. Pressemitteilung Nr. 82/2007 vom 27. Juli 2007) sind, soweit sie zulässig sind, daher weitgehend begründet.

$ 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 2 VSG, der den heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme regelt („Online-Durchsuchung“), verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner besonderen Ausprägung als Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme und ist nichtig. Die Vorschrift wahrt insbesondere nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Angesichts der Schwere des Eingriffs ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Zudem ist der Eingriff grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen. Diesen Anforderungen wird $ 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 2 VSG nicht gerecht. Darüber hinaus fehlt es auch an hinreichenden gesetzlichen Vorkehrungen, um Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu vermeiden.

Die Ermächtigung zum heimlichen Aufklären des Internet in $ 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 1 VSG verletzt ebenfalls die Verfassung und ist nichtig. Das heimliche Aufklären des Internet greift in das Telekommunikationsgeheimnis ein, wenn die Verfassungsschutzbehörde zugangsgesicherte Kommunikationsinhalte überwacht, indem sie Zugangsschlüssel nutzt, die sie ohne oder gegen den Willen der Kommunikationsbeteiligten erhoben hat. Ein derart schwerer Grundrechtseingriff setzt grundsätzlich zumindest die Normierung einer qualifizierten materiellen Eingriffsschwelle voraus. Daran fehlt es hier. Die Norm lässt nachrichtendienstliche Maßnahmen in weitem Umfang im Vorfeld konkreter Gefährdungen zu, ohne Rücksicht auf das Gewicht der möglichen Rechtsgutsverletzung und auch gegenüber Dritten. Zudem enthält die Norm keine Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Nimmt der Staat im Internet dagegen öffentlich zugängliche Kommunikationsinhalte wahr oder beteiligt er sich an öffentlich zugänglichen Kommunikationsvorgängen, greift er grundsätzlich nicht in Grundrechte ein.

Die genau Begründung kann hier nachgelesen werden.

Ebay: Muss man als Anbieter über die einzelnen Schritte zum Vertragsschluss aufklären?

Auch wenn die Blogeinträge zu Ebay heute hier anscheinend überhand nehmen, soll ein weiteres Problem nicht unbenannt bleiben, nämlich die Frage, ob es einen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn man über die Einzelheiten, die zum Vertragsabschluss führen, nicht aufgeklärt.

Wie so vieles, ist auch diese Frage nicht geklärt und die Landgerichte entscheiden unterschiedlich. Während z.b. das Landgericht Leipzig einen Verstoß bejahte, lehnt das Landgericht Frankenthal eine entsprechende Pflicht bei Ebay mit Urteil vom 18.02.2008 ab, da beide Parteien die AGB von Ebay anerkannt hätten. Die Richter aus dem Rheinland gehen dabei konform mit der Rechtsprechung des BGH aus dem Jahre 2001.

Eine entsprechende Abmahnung ist daher wohl eher nicht als begründet anzusehen, wer sicher gehen will, gibt die als Unternehmer alle Daten an, die in $ 3 Nr. 1 BGB-InfoV vorgesehen sind.

Serious Games Conference ein großer Erfolg

serious_games_conference.gifDas Thema Serious Games erregt immer mehr Aufmerksamkeit und wird wohl auch Zukunft ein gewichtiges Thema darstellen. Gestern fand die vom BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware) organisierte 2. Serious Games Conference in Hannover statt. Mit Rund 200 Fachbesuchern konnte die Teilnehmerzahl dabei fast verdoppelt werden. Über das heißt diskutierte Thema „Gesundheitswesen“ findet man dabei nicht den Anschluss zur Frage, warum die neuerdings sich die Technikerkrankenkasse als Sponsor im eSport engagiert, sondern erreicht auch den roten Faden hin zum anderen Dauerbrenner und Schlagwortlieferanten Nintendo, genauer gesagt Wii-Fit.

Man darf gespannt sein, was uns zu dem Thema in Zukunft erwarten wird.

Yahoo kuschelt weiter mit AOL

Yahoo wehrt sich weiter heftig gegen die Übernahmeversuch von Microsoft, die den Internetgiganten für insgesamt 44,6 Milliarden Dollar übernehmen wollen, um gegen die Vorherrschaft von Google im Internet antreten zu können. Mit allerlei Spielchen wird nun versucht die Transaktion hinauszuzögern, nicht nur durch Abfindungsversprechen an seine Angestellten und Verlängerung von Fristen zur Besetzung verschiedener Gremien, sondern vor allem auch durch Gespräch mit Google selber und vor allem mit AOL.

Trotzdem machen die Aktion insgesamt aber nur den Eindruck, dass der Preis hochgetrieben werden soll. An einem angedachten neuen Unternehmen, zu dem sodann Yahoo und AOL gehören würde, würde AOL-Mutter Time Warner ein gehöriges Stück besitzen. Laut Informationen von Insidern soll zudem ein Sparpotential von einer Millarde Eure im Jahr den Mediengiganten überzeugen, sich auf Yahoo einzulassen, nachdem dies vor einiger Zeit bereits schief ging.

Kerosinzuschlag muss bei Preisen für Flugreisen in den Preis einberechnet werden!

Die Tricks von Billigfluganbieter sind vielfältig und oftmals zahlt man durch versteckte Gebühren wie einem Kofferzuschlag, Landegebühren und vieles weiterem oft mehr, als wenn man einen regulären Flug gebucht hätte. Einer Unsitte wurde jetzt durch das OLG Düsseldorf ein Riegel vorgeschoben. Demnach muß der sogenannte Kerosinzuschlag in den Preis mit aufgenommen werden. Eine erleichternde Entscheidung, schließlich verlangt mein Taxifahrer auch nicht plötzlich noch einen Benzinzuschlag.

Eine Webseite eines Anbieter war demnach wie folgt gestaltet. Uunterhalb einer Kopfzeile im linken Bildschirmbereich waren Möglichkeiten zur Buchung einzelner Flüge vorgesehen, im mittleren Bereich mehrere übereinander angeordnete Angebote plakativ hervorgehoben und im rechten Bereich Hyperlinks zu verschiedenen Unterbereichen des Internetauftritts angeordnet. Streitgegenständlich ist die am 19.07.2006 in der mittleren Spalte beworbene Flugreise nach Korfu gewesen. Die Werbung bestand aus einem Foto, in dessen unteren Bereich der Text „Korfu Jetzt bis März 2007 buchbar!“ eingeblendet war. Darüber befand sich der Text „ab € 59,-*“, wobei die Preisangabe deutlich größer geschrieben war, als der übrige Text. Das „*“ befand sich in weißer Schrift in einem Bereich des Fotos, in dem ein weißes Gebäude abgebildet war. Am unteren Rand des Bildes befand sich ebenfalls in kleinerer, weißer Schrift vor hellem Hintergrund der Satz „* zzgl. derzeit 22,- € Kerosinzuschlag (Stand 24.05.2006)“.

Das Gericht erkannte darin einen Wettbewerbsverstoß aufgrund der Verletzung der Preisangabenverordnung.

Dazu das Gericht:

Die beanstandete Gestaltung der Internetseite der Beklagten verstößt auch gegen die Vorschrift des $ 1 Abs. 1 S. 1 PAngV. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der Letztverbrauchern gegenüber unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). Endpreise sind nach der Legaldefinition des $ 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV die Preise, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind. Dazu gehören bei einer Flugreise neben dem Flugtarif auch diejenigen Leistungen Dritter, die bei jeder Flugreise in Anspruch genommen werden müssen, wie Flughafen- und Sicherheitsgebühren sowie die bei der Flugreise anfallenden Steuern (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2001 – I ZR 104/99 – Fernflugpreise Juris Rn. 28 = GRUR 2001, 1166; BGH, Urt. v. 03.04.2003, I ZR 222/00 “ Internet-Reservierungssystem, Juris Rn. 24 = GRUR 2003, 889). Nach dem Zweck der Preisangabenverordnung soll dem Verbraucher Klarheit über die Preise und deren Gestaltung verschafft werden und zugleich verhindert werden, dass er seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise gewinnen muss. Dementsprechend ist dann, wenn unter Angabe von Preisen für Leistungen geworben wird, die aus der Sicht der Letztverbraucher als einheitliches Leistungsangebot und Gegenstand eines einheitlichen Vertragsschlusses erscheinen, ein sich auf das einheitliche Leistungsangebot insgesamt beziehender Endpreis anzugeben (BGH, Urt. v. 5.7.2001 – I ZR 104/99 “ Fernflugpreise, Juris Rn. 28 = GRUR 2001, 1166 m.zahlr.w.N.).

Diesen Anforderungen entspricht es nicht, wenn die Beklagte mit einem Preis wirbt, dem noch ein Kerosinzuschlag hinzuzurechnen ist. Dies gilt umso mehr, als es sich bei dem Kerosinzuschlag entgegen der Ansicht der Beklagten nicht um ein Entgelt für eine Leistung Dritter handelt, sondern um das Entgelt für die ureigenste Leistung der Beklagten, nämlich den Transport des Kunden von einem Flughafen zum anderen. Würde man in den Kerosinkosten “ wie die Beklagte dies möchte “ eine Drittleistung sehen, könnten auch sämtliche anderen Kosten als solche qualifiziert werden, denn es zeichnet Kosten aus, dass es sich letztlich um Zahlungen an Dritte handelt. Hierauf kommt es aber schon deshalb nicht an, weil jedenfalls unstreitig hinsichtlich des beworbenen Fluges nach Korfu der Endpreis als solcher nicht angegeben wird.

Das Argument, der Preis bei der entgültigen Buchung würde der Preisangabenverordnung entsprechen, lies das Gericht nicht gelten:

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Angabe des Endpreises bei einem Reservierungssystem den Vorschriften der PAngV entspricht, wenn nach Abschluss der Eingaben der Endpreis hervorgehoben dargestellt wird, denn die beanstandete Werbung stellt sich gerade nicht als Teil des daneben befindlichen Reservierungssystems dar, sondern als unabhängige Werbung. Der beworbene Preis erweckt den Anschein eines Endpreises. Er ist nicht etwa erkennbar nur vorläufig. Es fehlt im Zusammenhang mit der beanstandeten Preisangabe jeder Hinweis darauf, dass der angesprochene Verbraucher etwa durch Eingabe der Flugdaten in das nebenstehende Reservierungssystem der Beklagten den Endpreis ermitteln kann. Nach der Rechtsprechung der BGH reicht es zwar aus, wenn die Endpreise aufgrund einfacher elektronischer Verknüpfung, etwa durch einen Wechsel in ein Preisverzeichnis oder durch weitere fortlaufende Eingabe in das Reservierungssystem der Beklagten festgestellt werden können, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Nutzer klar und unmissverständlich hierauf hingewiesen werden (BGH, Urt. v. 03.04.2003, I ZR 222/00 “ Internet-Reservierungssystem, Juris Rn. 27 = GRUR 2003, 889). An diesem Hinweis fehlt es hier.

Es werden auch nicht deutlich erkennbar die einzelnen Preisbestandteile aufgeführt und der Verbraucher damit in die Lage versetzt, den Endpreis selber zu errechnen. Abgesehen davon, dass die nach $ 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV bestehende Verpflichtung zur Angabe der Endpreise unabhängig davon ist, ob der Verkehr bei Angeboten einer bestimmten Art daran gewöhnt ist, den Endpreis anhand angegebener Preisbestandteile zusammenzurechnen, oder davon, ob die Errechnung des Endpreises anhand der Preisbestandteile, die in der Werbung genannt sind, für einen durchschnittlichen Letztverbraucher einfach oder schwierig ist (BGH, Urt. v. 05.07.2001, I ZR 104/99 “ Fernflugpreise, Juris Rn. 29 = GRUR 2001, 1166), zeichnet es die beanstandete Werbung gerade aus, dass weder der „Sternchenhinweis“ selber, noch das hinweisende „Sternchen“ unschwer erkennbar sind. Der Verbraucher kann sich daher schon deshalb den Endpreis nicht unschwer errechnen, weil er gar nicht klar erkennt, dass der angegebene Preis nicht der Endpreis ist. Nach $ 1 Abs. 6 S. 2 PAngV hat der Werbende aber die Preisangaben leicht erkennbar und deutlich lesbar zu machen. Dem wird die beanstandete Werbung nicht gerecht.

Erreichtbarkeit über Suchmachine nach Unterlassungserklärung kein erneuter Verstoß?

Nimmt jemand eine Webseite nach einem Verstoß faktisch offline, ist diese aber noch über Suchmachinen erreichbar, stellte sich bislang die Frage, ob dadurch eventuell eine Zuwiderhandlung gegen eine abgegeben Unterlassungserklärung vorlag. Diese Frage klärte jetzt das OLG Düsseldorf zumindestens ansatzweise. Demnach soll kein erneuter Wettbewerbsverstoß vorliegen, wenn die „abgeschaltete“ Seite nur über komplizierte Wege erreichbar ist. Dies soll danach auch gelten, wenn es sich nicht nur um den Cache der Suchmachine handele.

Schließlich muss die unlautere Wettbewerbshandlung den Wettbewerb mehr als nur unerheblich beeinträchtigen ($ 3 UWG), wofür es von Bedeutung ist, wie die angesprochenen Verkehrskreise zu der beanstandeten Internet-Seite gelangen. Ist dies “ nach der unstreitigen Abschaltung der Eingangsseite – mehr oder weniger zufällig oder nur auf einem komplizierten Weg möglich, wirkt sich der Verstoß der Beklagten nur in geringem Umfang aus, so dass die wettbewerbliche Relevanz nicht festgestellt werden kann.

Die Entscheidung ist jedoch nicht nur vom Inhalt her problematisch, denn entgegen dem Glauben des Gerichts, besuchen heutzutage die meisten Internetnutzer eine Webseite durch Verwendung einer Suchemachine wie Google, und nicht über die Startseite, zum anderen wurde die der Umstand, dass die Seite durch Verwendung eines passendes Keywortes bei Google auf Platz 18 von 28 gelistet war, nicht weiter ausgeführt, da dieser Umstand aus prozessrechtlichen Gegebenheiten eine Entscheidungsrelevanz erhielt.

Zur Unzulässigeit des fliegenden Gerichtsstandes

Gerade im IT-Recht, bzw. Recht des Internet, kommt der sogenannte fliegende Gerichtsstand oft zum tragen, da die jeweilige Verletzungshandlung theoretisch in der ganze Bundesrepublik auftritt und der potentiell Verletzte sich somit das Gericht aussuchen kann, dass wahrscheinlich seine Rechtsauffassung teilt. Diesem hat das Kammergericht (das OLG in Berlin) jetzt zum Teil einen Riegel vorgeschoben.

Demnach kann die Wahl des eines Gerichtsstandes unzulässig sein, wenn der Gerichtsort weit vom Sitz des jeweiligen Gegners liegt, ohne dass hierfür schutzwürdige Interessen des Antragstellers/Klägers oder sachliche Gründe erkennbar sind. Irgendwie fällt mir dazu nur ein „In die Grube gefallen, die man selbst geschaufelt hat!“ 😉

Das Kammergericht sah im zu entscheidenden Fall eine Mißbrauchsabsicht der Antragsstellerin. Neben verschiedensten anderen Gesichtspunten führt das Gericht aus:

Die durch die Regelung des fliegenden Gerichtsstands ermöglichte deutschlandweite Gerichtswahl schließt die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Wahl im Einzelfall nicht aus. Grundsätzlich ist es allerdings nicht als missbräuchlich ($ 8 Abs. 4 UWG) anzusehen, wenn der Kläger das ihm bequemste oder genehmste Gericht auswählt, also beispielsweise sein Heimatgericht oder das Gericht mit der ihm am günstigsten erscheinenden Rechtsprechung. Es ist gerade in Rechtsstreitigkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes weder ungewöhnlich noch anrüchig, wenn angreifende Wettbewerber im Hinblick auf den häufig eröffneten „fliegenden Gerichtsstand“ das gerichtliche Forum wählen, welches ihnen im Hinblick auf die dort vorherrschende Rechtsprechung zur Erreichung ihrer Prozessziele am meisten Erfolg versprechend erscheint. Dieser Effekt ist im Hinblick auf $ 14 Abs. 2 UWG Ausdruck des gesetzgeberischen Willens (OLG Hamburg, OLGR 2002, 369; a. M. OLG Hamm, NJW 1987, 138). Jede auf den Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen Ausnutzung eines bestehenden „Rechtsprechungsgefälles“ gestützte Beschränkung der zur Entscheidung zuständigen Gerichte, die weiter geht als die aus den jeweils anwendbaren allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, bedeutet nicht nur eine Verweigerung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), sondern zugleich auch eine Missachtung des Gleichheitsgebots (KG, WRP 1992, 34, 36; Hess, in: Ullmann, jurisPK-UWG, $ 14 Rn. 19). Die Ausnutzung des „fliegenden“ Gerichtsstands nach $ 14 Abs. 2 UWG, $ 35 ZPO ist also grundsätzlich keine unzulässige Rechtsausübung. Denn die Gerichtswahl nach $ 35 ZPO kennt grundsätzlich keine Einschränkung, und zwar auch dann nicht, wenn ein Antragsteller unter Ausnutzung diesbezüglicher Möglichkeiten die Rechtsprechung verschiedener Gerichte sozusagen „testet“.

Und weiter im Detail

 Würde es der Antragstellerin um die Ausnutzung einer für sie günstigen Rechtsprechungslage gehen, hätte s seinerzeit nahegelegen, ausschließlich oder zumindest vorzugsweise Hamburger und Berliner Gerichte nzurufen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr wurden und werden die Verletzer deutschlandweit in Anspruch genommen, und zwar möglichst weit von ihrem Wohn- und Geschäftssitz entfernt, und zwar auch dann, wenn das Sitz- oder das nächstgelegene Gericht zum Kreis der ansonsten vom Gläubiger präferierten zählt. Als besonders krass empfindet es der Senat insoweit, dass vor dem LG Köln ein Antragsgegner aus Hamburg (ferner auch aus Bautzen und Pirmasens) in Anspruch genommen wird, wohingegen vor dem LG Hamburg Antragsgegner aus Bonn und aus der Nähe von Düsseldorf in Anspruch genommen werden, und dass ein Gegner aus der Nähe von Würzburg in Berlin, ein Gegner aus Göppingen demgegenüber in Würzburg in Anspruch genommen wird. Des Weiteren werden etwa Gegner aus Bremen oder Umgebung in Braunschweig oder Berlin und Gegner aus Kaiserslautern oder Pforzheim in Magdeburg in Anspruch genommen.

Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf bei den Regelungen zum Fernabsatz

Juristen schlagen inzwischen oft die Hände über den Kopf zusammen, wenn es um die Frage geht, wie eine Widerrufsbelehrung zu formulieren ist oder wie hoch die Gefahren einer Abmahnung beim Handel über Ebay denn sind. Die Bundesregierung hat zu einer kleinen Anfrage der FDP dazu Stellung genommen und sieht kurioser Weise keinen Handlungsbedarf. Sehr interessant 😉

Wie steht die Bundesregierung zu dem in der Literatur diskutierten Vorschlag, die Rechtslage vereinfacht darzustellen und das Muster in das Bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen?

Das Bundesministerium der Justiz wird demnächst Vorschläge für ein formelles Gesetz unterbreiten, das auch Regelungen zu den Musterbelehrungen enthalten wird. Die geplante Neufassung der Musterbelehrungen im Verordnungswege stellt lediglich einen unverzichtbaren Zwischenschritt auf dem Weg zu Mustern mit Gesetzesrang dar. Nur so kann wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen Verwendung der Muster kurzfristig die Grundlage entzogen werden.

Lustig auch folgende Aussage

Vertritt die Bundesregierung die Meinung, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen in der Lage sein werden, die für sie notwendige Widerrufsbelehrung ohne juristisch beratende Hilfe zu erstellen, insbesondere im Hinblick auf die vielen unterschiedlichen Gestaltungsanweisungen im Verordnungsentwurf, und wie begründet sie ihre Meinung?

Die Musterbelehrungen sind seit ihrer Einführung von den Unternehmen gut angenommen worden, was für ihre Praxistauglichkeit spricht. Durch die geplante Neufassung erhöht sich die Anzahl der Gestaltungshinweise nur unwesentlich. Mit größeren Schwierigkeiten bei der Handhabung der Muster ist deshalb auch in Zukunft nicht zu rechnen.

Wenigstens hat man bei folgender Antwort nicht das Gefühl, dass beim BMJ der Drogenkonsum wohl legalisiert wurde:

Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass dieWiderrufsbelehrung künftig für den Verbraucher leicht verständlich sein wird, wenn sie “ nach der Entwurfsfassung “ mindestens 4 DIN A4-Seiten lang sein wird, und wie begründet sie ihre Ansicht?

Die in der Frage angegebene Länge ist durch die bei Fernabsatzverträgen, Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und Teilzeit-Wohnrechteverträgen orgesehene Wiedergabe bestimmter Vorschriften in einem Anhang bedingt. Das Bundesministerium der Justiz prüft derzeit, ob auf den Anhang zur Widerrufs-und Rückgabebelehrung verzichtet werden kann.

Wer die ganze Stellungnahme lesen möchte, findet diese hier

Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen beginnt nicht frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung

Eine interessante Entscheidung erreicht uns vom OLG Düsseldorf, auch wenn dies nur eine Teil von vielen Unsicherheit beispielsweise im Ebayhandel beseitigt. Das riesige Chaos, welches sich inzwischen rund um die Frage der richtigen Widerrufsbelehrung aufgetan hat, bleibt somit bestehen, denn geht man nach aktueller Rechtssprechnung ist nicht einmal die Musterbelehrung des Justizministeriums rechtsfehlerfrei und somit Abmahnungen ausgesetzt.

So führt das OLG Düsseldorf aus:

Die vom Antragsgegner verwendete Belehrung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung“ ist zwar insoweit zutreffend, als die Frist jedenfalls nicht vor dem Erhalt einer in Textform erfolgten Widerrufsbelehrung beginnt, sie ist aber falsch, weil nach $ 312d Abs. 2 S. 1 BGB die Frist bei der hier streitigen Lieferung von Waren nicht vor dem Tages ihres Eingangs beim Empfänger beginnt. Die verwendete Formulierung informiert damit unzutreffend über diesen wesentlichen Punkt, weil beim Verbraucher der Eindruck entstehen könnte, schon die zum Beispiel in einer Bestätigungs-E-Mail enthaltene Widerrufsbelehrung setze den Lauf der Widerrufsfrist in Gang.

Der Meinung des Antragstellers schließt das Gericht sich an und führt noch einmal aus

Zwar sieht das Gesetz in $ 355 Abs. 2 BGB vor, dass die Widerrufsfrist mit Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform beginnt. Diese Vorschrift ist allerdings im Zusammenhang mit $ 312 d Abs. 2 BGB zu lesen. Nach $ 312 d Abs. 2 beginnt die Widerrufsfrist abweichend von $ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Warenlieferungen nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. $ 187 BGB wiederum bestimmt, dass dann, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf des Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, die Frist am Tag nach Eintritt des Ereignisses beginnt.

Insgesamt herrscht im Problemkreis „Widerrufsbelehrung“ eine große Rechtsunsicherheit und ein fast unübersichtliches Chaos. Ohne Gang zum Anwalt sollte man kaum tätig werden. Beachtet man dabei sogar den Umstand, dass die neue Musterbelehrung des Justizministeriums bei kleiner Schrift 4!!! DinA4 Seiten lang ist, wird der Irrsinn einmal so richtig deutlich. Ich möchte mich daher der Aktion der Kollegen von Internetrecht Rostock anschließen.

Abmahnsicher

Anwälte dürfen ihre Dienste online versteigern

So geht die Zeit nun auch mit der BRAO und erweitern sich plötzlich die Werbemöglichkeiten für Anwälte. Das Bundesverfassungsgericht hat gestern entschieden, dass Anwälte ihre Dienste auf Ebay versteigern dürfen, ohne gegen Berufsrecht zu verstoßen.

Der Beschwerdeführer ist Fachanwalt für Familienrecht. Er bot Beratungen in einem Internetauktionshaus an. Dabei handelte es sich um zwei „Beratungen bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen“ mit Startpreisen von 1 € beziehungsweise 75 € und um einen „Exklusivberatungsservice (fünf Zeitstunden)“ mit einem Startpreis von 500 €. Die Rechtsanwaltskammer erteilte dem Beschwerdeführer eine Rüge, da die Versteigerung anwaltlicher Dienstleistungen in der Form von Internetauktionen berufsrechtswidrig sei. Das Anwaltsgericht bestätigte die Rüge.

Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war jedoch erfolgreich. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem
Grundrecht der Berufsfreiheit verletzen.

Dazu führte diese aus:

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde: Nach der Bundesrechtsanwaltsordnung dürfen Rechtsanwälte über ihre berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichten, soweit die Werbung nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist. Die Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus kann nicht als Werbung um ein Mandat im Einzelfall behandelt werden. Zwar kommt mit dem Meistbietenden ein Mandatsvertrag zustande, jedoch zielt die Werbung des Rechtsanwalts – schon mangels Kenntnis vom potentiellen Mandanten und dessen Beratungsbedarf und weil der Aufruf der Internetseite des Auktionshauses vom Willen des Rechtsuchenden abhängt – nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall.

Ein Verbot der Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus kann auch nicht auf die Bewertung als eine unsachliche Werbung gestützt werden. Die Art und Weise der Informationsübermittlung ist bei Versteigerungen in einem Internetauktionshaus dadurch gekennzeichnet, dass nur derjenige, der die entsprechende Internetseite aufruft, davon Kenntnis nimmt. Die Werbung über eine solche passive Darstellungsplattform belästigt regelmäßig nicht und drängt sich keiner breiten Öffentlichkeit unvorbereitet auf. Auch die Wiedergabe der angebotenen Beratungsleistungen mit einem niedrigen Startpreis oder dem aktuellen Höchstgebot ist nicht irreführend.

Für eine Beeinträchtigung schützenswerter Gemeinwohlbelange ist nichts ersichtlich. Die Versteigerung von Beratungsleistungen über ein Internetauktionshaus deutet weder auf eine Vernachlässigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährdet dies die ordnungsgemäße Berufsausübung. Die gebührenrechtliche Bestimmung, wonach die Vergütung anhand gesetzlich festgelegter Kriterien vom Rechtsanwalt zu bestimmen ist, wird bei einer Versteigerung nicht konterkariert. Dem Rechtsanwalt steht es frei, eine von den gesetzlichen Gebühren abweichende Honorarvereinbarung zu treffen. Nichts anderes geschieht bei einer Versteigerung.

Eine Versteigerung von Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus verstößt auch nicht gegen das Verbot, das dem Rechtsanwalt untersagt, für die Vermittlung von Aufträgen eine Provision zu zahlen. Die dem Auktionshaus zu zahlende Provision wird nicht für die Vermittlung eines Auftrages geschuldet; denn das Internetauktionshaus stellt lediglich das Medium für die Werbung der Anbieter zur Verfügung. Seine Leistung durch das Überlassen einer Angebotsplattform ist vergleichbar mit den Leistungen der herkömmlichen Werbemedien.